Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

Er war es auch, der die Datierung in diese Zeit durch eine Analyse der Entwicklung des Eiligran schmuckes unterbaute und besonders gegen die Frühdatierung Heinrich Kohlhaussens verteidigte^®. Nun scheint es, als könnte ein Detail wie die Blättchen, die nur auf der Bodenplatte des Reichsapfels und in etwas anderer Funktion am Fußpunkt des Kreuzes vorkommen, einen Schritt weiter führen. Freilich ist das Filigran noch nicht so sehr zu den Spiralenbündeln entwickelt wie beim Dreikönigenschrein. In den dicht übereinander sich vom zentralen Stamm abspaltenden Voluten sind aber wohl Vorstufen dazu zu erblicken. Auch die Blättchen sind beim Dreikönigenschrein vorgeschrittener. Sie sind gewölbt, bewegt. Überall ist die Tendenz zu plastischer Behandlung bemerkbar, während die des Reichsapfels gleichförmig plan auf die Grundfläche aufgelötet sind. Die Stirnseite des Dreikönigenschreins ist durch die Darstellung Ottos IV. (von Braunschweig) zeitlich genau einzuengen, da Otto 1198 zum König gewählt wurde. In enge Relation zu diesem Datum ist wohl auch der Reichsapfel zu bringen. Die Stephansbursa Auch hier soll ein Bericht einer genauen Untersuchung des Originals vorgelegt werden. Da beim Aus packen der Reichskleinodien vor ihrer Neuaufstellung in der Wiener Weltlichen Schatzkammer im Jahre 1954 mehrere Nägel, auf denen Edelsteine montiert sind, abgefallen bzw. so locker waren, daß sie im Holzkern keinen Halt mehr fanden, erwies es sich u. a. notwendig, zu ihrer Neubefestigung die Seitenplatten der Stephansbursa abzunehmen. Als Arpad Weixlgärtner seinerzeit die Bursa unter suchte, beschränkte er sich darauf, die Empire-Ergänzungen abzunehmeni^. Dadurch fand er in dem großen Reliquienfach an der Unterseite des Holzkernes das Päckchen mit dem Siegel des Wormser Domkapitels aus dem 12. Jahrhundert. Ferner ergab sich für die Gliederung der Verkleidung der Rück seite eine eindeutige Erklärung durch den Befund der darunter liegenden Holzpartie. Es entging ihm auch nicht, daß die arg defekten Seitenplatten unterlegt sind. Er erkannte das eine Stückchen mit dem Fragment des Tondos mit der Darstellung des Falkenjägers (Abb. 105D), wobei Weixlgärtner die Frage aufwarf, ob der Goldschmied, der die neue Rückseite anfertigte, wenigstens noch Teile der alten Rückwandverkleidung besaß. Als nun mit aller gebotenen Vorsicht die Seitenteile der Verkleidung abgenommen waren, zeigte es sich, daß zur Unterlegung der arg defekten Platten insgesamt sieben vergoldete Plättchen verwendet sind, von denen vier Teile der alten Rückwandverkleidung sind (Abb. 104, 105, A—D). Die übrigen drei (Abb. 104, 105, 1—3) sind vergoldete Kupferplatten, über deren Alter nichts ausgesagt werden kann. Dafür, daß die Fragmente einer den Seitenwandungen gleichen Platte aus vergoldetem Silber von der originalen Rückwand herstammen, konnte abgesehen von der naheliegenden Vermutung ein Beweis darin gefunden werden, daß der Platz des Plättchens D auf der Rückwand genau bestimmt werden kann. Seine eigenartig gebrochene Konturlinie bestimmt es für den linken Ansatz der Dach schräge. Das wird auch durch die genaue Ubereinstimmung der Nagelspuren des Plättchens mit den Verletzungen des Holzkernes bestätigt. Auf dem Plättchen sind die Reste der Darstellung des Fischers sichtbar, nur ist überraschenderweise die Darstelhmg dem Beschauer gegenüber um 90" verdreht angebracht. Dafür vermag ich keinen stichhältigen Grund anzugeben^®. Die ursprünglichen Plätze der restlichen drei Plättchen wurden nicht gefunden. Was den Holzkern betrifft, so konnten nunmehr genaue Materialbestimmungen und Vermessungen durchgeführt werden (Abb. 106). Der Kern selbst besteht aus Lindenholz. Er besitzt an seiner Unter seite eine Vertiefung von etwa 4 cm, Länge 15,6 cm, Breite 3,64—3,9 cm, in der das erwähnte Reliquienpäckchen liegt. Aus der Vorderseite sind mehrere rechteckige und trapezförmige Felder von etwa 4—8 mm Tiefe ausgehoben. Zwei von ihnen sind mit Erdpech ausgegossen, beim großen rechtHeinrich Kohlhaussen, Die Reichskleinodien, in; Deutsche Kunst, Angelsachsen-Verlag, Bremen-Berlin, 2 Sonderhefte, o. J., S. 6. " Ai-pad Weixlgärtner, Die Weltliche Schatzkammer in Wien, Neue Funde und Forschungen I, Jahi-buch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien, Bd. 37 (N. F. Bd. 1), Wien 1926, S. 62. Immerhin ist auf der einen Seitenplatte (Abb. 104) eines der Medaillons mit der Rachegöttin auch um etwa 30 Grad verdreht, was leicht durch eine nicht ganz genaue Handhabung des Stempels erklärbar ist.

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