Verlag, Wien, folgen. Flüssig geschrieben wird auf 40 Seiten ein anschauliches Bild vom Leben und Schaffen des Architekten entworfen. Die im Katalog verstreut auftretenden persönlichen Gedanken Aurenhammers treten in dieser gerafften Darstellung eindringlicher hervor (z. B. der Hinweis auf Christopher Wren, der möglicherweise den letzten Anstoß zur Abfassung der Historischen Architektur gegeben hat; die Auffassung der drei Kaiserbauten: Schloß Schönbrunn I, Karlskirche und Hof bibliothek als ,,absolute" Bauten im Sinne Leibnizens; die Wertung von Fischers Entwurf für die kaiserlichen Hof stallungen u. dgl. mehr). Bemerkenswert ist auch die Parallelsetzung der Fischerschen Architektur mit Gedanken der Philo sophie Leibnizens. Die Frage Fischer imd Leibniz würde konkret und auf hoher kunsthistorischer und philosophischer Ebene einer eingehenden Untersuchung bedürfen. Eine Zeit tafel und sorgfältige Erläuterungen zu den nach gleichen Gesichtspunkten wie im Katalog ausgewählten Abbildungen runden das kleine Bändchen zu einer vorzüglichen Einführung in die Welt Fischers ab. Mit großer Erwartung sah man der aus einer Bonner Dissertation erwachsenen Arbeit G. Kunoths^ über den Ent wurf einer Historischen Architektur Fischers von Erlach entgegen. Was können die Gründe gewesen sein, daß es bisher nicht ■— und vor allem nicht in Wien — zur Behandlung dieses weltweiten Themas gekommen war? Einer der Gründe wird wohl der sein, daß allzuviele Voraussetzungen erfüllt werden müssen, um diesem universalen architekturgeschichtlichen Stoff in souveräner und erschöpfender Weise gerecht zu werden. Man kann ein so verlockendes und wissenschaftliche Per spektiven eröffnendes Thema offenbar nur in zwei Lebens abschnitten angehen: mit dem ungestümen Elan der Jugend, die nach dem Sprichwort ,,Frisch gewagt ist halb gewonnen" sich über viele Schwierigkeiten hinwegsetzt — und das ist das gute Recht der Jugend! — oder mit dem reifen Alter, das nach jahrzehntelanger, intensiver und produktiver Beschäftigung einerseits mit der Weltgeschichte der Archi tektur aus dem Gesichtswinkel der europäischen, andererseits bis in letzte Details mit der Kunst Fischers, vielleicht sogar im ganz bestimmten Hinblick auf die einmal in Aussicht genom mene Bearbeitung, sich das sichere Rüstzeug hiefür erworben hat. Die erste Möglichkeit hat G. Kunoth ergriffen, die zweite Möglichl^eit hätte (oder würde?) H. Keller (Kunstchronik, 1957) in der Person Dagobert Freys (ge)sehen. Man muß es G. Kunoth zugute halten, daß er den Mut hatte, dieses Thema anzupacken und man wird ihm, seine Jugend in Rechnung gestellt, die Hochachtung nicht versagen können für die Arbeit, die er geleistet hat. Zum Positiven: Es sind zu rühmen der Mut zum Thema und seine konsequente Verfolgung (bis zum brieflichen Vorstoß zum schwedischen König), der Fleiß und die Ausdauer beim Zu sammenholen der motivlichen Vorbilder (sehr schön z. B. die Aufspürung der Vermeyenschen Kartons im Kunsthistorischen Museum, Wien, zu Tafel II des 2. Buches). Hiefür gibt allerdings die Historische Architektur selbst sehr viel her, man muß sich nur die Mühe nehmen, sie genau zu lesen. Lobenswert auch die Bewältigung der Literatur, die gute Gesamtanlage und das weite Eindringen in die verzweigten Zusammenhänge des Themas. Zum Negativen: Die Transskription der Stichsignatureu und Stichtexte (Satzzeichen, Abkürzungen, Wechsel zwischen Großund Kleinbuchstaben, V statt U usw.) ist ungenau. Es genügt schon ein Vergleich zwischen Kommentar zum Titelbild und Titelbild der HA. Zum vierten Buch: Wir vermissen alle näheren Editionsausgaben zu einem anscheinend so wichtigen Fund wie dem Brieffragment aus dem Prager Stadtarchiv und zur Entwurfszeichnung ,,Projekt eines Gartten-Gebäu neu Persianischer Bau-artt" (dort Abb. 101, 153). Dasich die beiden Dokumente auf ein (wenn auch in dieser Form nicht aus geführtes) Hauptwerk der österreichischen Kunst beziehen (Schönbrunn I), sind sie von Bedeutung. Solange aber die Originale nicht überprüft werden können, sind wir skeptisch, die Abbildungen vermögen uns von deren Echtheit nicht zu überzeugen. Das Palais Clam Gallas ist falsch datiert. Die Zeichnung der Fassade I der Kollegienkirche ist, wie gerade ein Vergleich mit den Agramer Zeichnungen ergibt, sicher nicht eigenhändig (vgl. die Kapitelle I). Bei der Charakterisierung des heutigen Kollegienkirchen-Altars als ,,kleinlich und dorfkirchenartig" wäre ein Hinweis auf Hg am Platze gewesen, von dem diese Formulierung stammt (Hg, S. 232), wie über haupt im ganzen Kommentar der Hinweis darauf fehlt, daß Hg in seinem grundlegenden Werk der Darstellung der Historischen Architektur immerhin 60 Seiten gewidmet hat und erstaunlich viel darüber zu berichten weiß! Bei der Kollegienkirche fehlt die engste Motivableitung des Grund risses: Rosato Rosatis S. Carlo ai Catinari in Rom. Auf die, vom barocken Zeremoniell her gesehen, unmöglichen Ver mutungen Kunoths in Zusammenhang mit Schloß Kiesheim hat schon H. Keller in seiner Besprechung und jüngst E. Hempel im Fischer v. E.-Kolloquium in München aufmerksam gemacht. Das Grabmal J. G. v. Wolff schreibt Sedlmayr Fischer ab. Die Säulen vor der Karlskirche tragen nicht kaiserliche Kronen, sondern die spanische Königskrone. Was soll übrigens der Satz heißen: ,,blieben die Kronen des kaiserlichen Symbols und auch die imperialen Adler auf ihren Spitzen"? (S. 145). Dies waren einige rasch herausgegriffene Unrichtigke iten. Nun noch zum Prinzipiellen: Wir vermissen zu diesem doch nicht alltäglichen schwierigen Thema eine entsprechende Einfühi-ung. Sie müßte uns den Begriff der ,,Historischen Architektur" erläutern. Was verstand Fischer und seine Zeit darunter? Wie steht dieses Unterfangen ,,Historische Archi tektur" in der Zeit. Es heißt übrigens bezeichnenderweise ,»Entwurf einer Historischen Architektur", d. h. auch Fischer war sich der Schwierigkeit und Unzulänglichkeit seiner Arbeit bewußt I Wo liegen die Wurzeln. Ist die Historische Architektur der Anfang einer Entwicklung oder das Ende, oder beides und wiefern? Mit einem Wort, es fehlt eine Geschichte der Gattung. Aber auch die innere Entstehungsgeschichte wäre, als Versuch einer Analyse ihrer eigenen chronologischen Entwicklung und deren Zusammenhang mit den ausgeführten Werken Fischers, zu untersuchen. Hier ist Sedlmayr, obwohl er die Historische Architektur nur am Rande behandelt, weiter als Kunoth gegangen. Oder sind das alles für Kunoth keine Fragen? Wenn es aber für ihn Fragen sind, dann ist er auf halbem Weg stehen geblieben, ohne es dem Leser zu sagen! Gerade weil die Historische Architektur einen integrierenden Bestandteil des reflektierenden künstlerischen Werkes Fischers von Erlach darstellt und universale Bedeutung hat, muß es Kunoth, der mit einem Mal ins Rampenlicht der Kunstforschung getreten ist, verstehen, daß man sich von allen Seiten mit seinem Kommentar kritisch auseinandersetzt. Wir möchten wünschen, daß der Verfasser, der soeben die englische Ausgabe
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