sein Rang bestimmt zu werden, sondern dadurch, daß eine Fischers gestraffter, synthetischer und universaler Schaffens weise verwandte Persönlichkeit dessen Autor ist. So — als Wahlverwandtschaft — gesehen, scheint es mir auch mehr als ein Zufall zu sein, daß H. Sedlmayr Fischers Interpret und B. Grimschitz jener Hildebrandts geworden ist. Was in der Monographie Sedlmayrs von 1925 (Fischer v. E. d. Ä., München, Piper Verlag) keimhaft angelegt und in Um rissen skizziert war, wird nunmehr nach allen Dimensionen entfaltet und durchgereift in souveräner Weise vorgetragen. Die Mitte des Bandes bildet der herrliche Abbildungsteil, dem Autor, Verlag, Druckerei (G. Gistel & Cio) und Klischee anstalt (Angerer und Göschl) größte Sorgfalt angedeihen ließen. Vor den Abbildungsteil sind die beiden großen, zu sammenfassenden Kapitel ,,Das Leben und das Werk" und „Das Werk und die Werke" gestellt; an die Abbildungen schließt, nach einem vorbereitenden, allgemeinen Kapitel ,,Zum CEuvre", der umfangreiche ,,Apparat" an, der aus Gesamtverzeichnissen der Werke mid Entwürfe, der Zeich nungen, der Stichwerke und Stiche, Modelle und Medaillen, der Urkunden und Regesten, der Abkürzungen und Literatur besteht und dem sich die Anmerkungen, ein Verzeichnis der Abbildungen, ein Schlußwort und ein sechsteiliges Register anschließen. Wir bewundern an diesem Buch ganz allgemein die organisatorische Bewältigung und plastische Gliederung des Stoffes sowie die blendende Diktion, das funkelnde Kleid einer Sprache, die vielfach klassisches Maß erreicht. Vom Inhaltlichen her gesehen wurde das Leben Fischers, vor allem seine Jugend, um eine Reihe von Zügen bereichert. Das Werk Fischers bzw. die Kenntnis seiner Werke ist seit 1925 wesentlich gewachsen. War Sedlmayr, wie er selbst freimütig zugibt, in der zweiten Phase der allgemeinen Fischerforschung, in seinem Bestreben, den ,,reinen" Fischer herauszuschälen, bei der Einschränkung des CEuvres zu weit gegangen, so bringt die in Sedlmayrs vorliegender Monographie kulminierende dritte Phase, gefördert durch die neuen Erkenntnisse ver schiedener Forscher und ermöglicht durch neue Funde an Zeichnungen und ausgeführten Werken, eine ausgependelte Synthese der beiden ersten Phasen. Abgi'enzung und Chrono logie von Fischers CEuvre liegen somit in den wesentlichen Zügen fest. Das Lustgebäude in Neuwaldegg, das sogenamite Palais Eckardt, das Althansche Lustgebäude und der Umbau des Schwarzenbergschen Gartenpalastes gehören nun Fischer an. Das sogenannte ,,Erste Projekt" für die Hofburg hat bereits Justus Schmidt aus dem Werk Fischers entfernt (Fischer v. E. der Jüngere, Mittlgn. d. Vereins für Geschichte d. Stadt Wien, Bd. 13/14, 1933, S. 84—119). An ausgefühi'ten unbestrittenen Werken Fischers konnten seinem CEuvre seit 1925 sechs erhaltene Arbeiten neu zu geführt werden: die Medaille von 1679, das Reitstallgebäude in Eisgrub, der Stadtpalast des Fürsten Schwarzenberg in der Kärntnerstraße in Wien und drei Werke in Salzburg: das Gartenhaus in Schloß Kiesheim, der Sarkophag in der Gruft der Dreifaltigkeitskirche (Abb. 161) und die Flammenurne in der Gruft der St. Johann-Spitals-Kirche. Auf das Zehnfache ist die Anzahl der Zeichnungen Fischers angewachsen: von 18 Nummern in der Monographie von 1925 auf 184 in der Monographie von 1956. Dieser Zuwachs ist vor allem auf die Auffindung des sogenannten Codex Montenuovo durch Karl Graf Wilczek (veröffentlicht von H. Sedlmayr: Zum CEuvre Fischers v. E., in: Belvedere, 11. Jg., 1932, S. 93—102) mid der Agramer Zeichnungen durch A. Schneider (Zeitschrift für Kunstgeschichte, 1932, Heft 4) zurückzuführen. Im Abschnitt über die Stichwerke und Stiche geht Sedlmayr nur auf die authentischen Stiche näher ein, wobei er unter authentischen Stichen jene versteht, die auf Zeichnungen Fischers oder seines Sohnes zurückgehen. Der Fragenkomplex der ,»Historischen Architektur" wird ausgeklammert, da zur Zeit der Abfassung der Monographie G. Kunoths Unter suchung mit wichtigen neuen Ergebnissen zu erwarten war (siehe weiter unten). Dankbar wird die chronologische Zusammenfassung der Urkunden (166 Nummern) in Regesten form vermerkt. Zur Arbeitsmethode und ziu Art und Weise, wie Leben und Werk Fischers nunmehr gesehen werden, läßt sich in großen Zügen folgendes feststellen: Das Einwirken der geschicht lichen Kräfte wird in stärkerem Maße als bisher berücksichtigt; dadurch entrollt sich, getragen von menschlicher Anteil nahme, das Auf und Ab im Leben Fischers und die Ver flechtung mit seinem Werk im ersten Kapitel (vergleiche die Untertitel!) mit geradezu dramatischer Akzentuierung vor dem Auge des Lesers. Der Ikonologie ist, nicht zuletzt dem vom Autor selbst veranlaßten Zug der Zeit folgend, große Auf merksamkeit geschenkt (Karlskirche). Daß dessen ungeachtet der künstlerischen Analyse, einem Hauptanliegen des wissen schaftlichen Bemühens Sedlmayrs, genügend Raum verbleibt, bedarf keiner ausdrücklichen Betonung. Trotzdem hätte man sich, etwa am Beispiel der Kollegienkirche, eine Struktur analyse par excellence gewünscht. Es kennzeichnet aber violleicht den späteren Sedlmayr, daß er von einer Beschrei bung dieses herrlichen Bauwerkes in ,,sondernder Weise" absieht und es bewundernd als ein ewiges Meisterwerk der österreichischen Kunst charakterisiert, indem ,»Fischer die Zone des Geheimnisvoll-Klaren berührt und sein eigenstes Wort ausgesprochen" hat. Als künstlerischer Vater Fischers wird nunmehr mit Recht viel stärker Bernini als Borromini herausgestellt. Wichtige Hinweise allgemeiner und besonderer Art finden sich in den Anmerkungen (ohne Hinweisziffern im Text), weshalb auf sie aufmerksam zu machen ist. Der letzte Abschnitt des ersten Kapitels trägt die Über schrift ,,Fischer und wir". Nach der Feststellung, daß Fischers Werke die letzten zwei Jahrhunderte verhältnismäßig gut überstanden haben, folgt eine Kritik an verschiedenen denkmalpfiegerischen Maßnahmen (wobei eine zeitliche Differen zierung angebracht gewesen wäre; vgl. den bereits angeführten Aufsatz von O. Demus) und ein Hinweis auf drohende Gefahren. Optimistisch gegenüber der Kunst Fischers ist Sedlmayr im Hinblick auf die Zukunft. Die Begeisterung für den barocken Stil habe viel von dem zeitfreien Hohen der Meisterwerke ver deckt. „Mit dem deutlichen Abklingen der Vorliebe für den barocken Stil scheint für Fischers Kunst die europäische Stunde gekommen." Sedlmayrs Monographie und die von ihm angeregte Fischer von Erlach-Ausstellung sind hiefür Weg bereiter. Die zweite, sehr verdienstvolle Publikation ist der von H. Aurenhammer^ verfaßte Ausstellungskatalog. Das Erstaun liche der Leistung Aurenhammers besteht darin, daß er, ohne vorerst Fischer-Spezialist gewesen zu sein, in der kurzen Frist eines halben Jahres diese gewaltige Arbeit geleistet hat, und zwar umfassend, klar und bis in die Details exakt. Dem Verfasser standen allerdings außer der gesamten älteren Fischer-Literatur ein Vorentwurf des Katalogteiles der
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