Das aus Sandstein gefertigte, an der Basis 150, in der Scheitelhöhe 126 cm messende Bogenfeld stellt eine thronende Madonna dar, die von zwei Stifterfiguren (König und I^önigin) sowie von zwei Engeln, die ehemals Leuchter trugen, verehrt wird (Abb. 142). Ein dritter, aus dem Bogenscheitel herabstoßender Engel krönt die Madonna, auf deren linkem KInie das bekleidete Kind steht, und deren ^^^81 Rechte einen Vogel hält. Die Figuren sind fast vollplastisch gebildet; p stark abstehende Teile — wie etwa die Hände der Stifterin — L werden mittels stehengelassener Stege im Reliefgrund gesichert. ^ ,5 (Deutlich sichtbar sind die Ansatzstellen jener vier Stege, die zu , den verlorenen Leuchtern der beiden Engel führten.) Da stilistisch . J 'jy ,jl|df^^K^Ms9Qk3 eine zeitliche Einordnung in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts gegeben ist, liegt es nahe, das Stifterpaar mit König Friedrich III. 143. Ausschnitt aus Abb. 142, nach und seiner Gemehlin babelln en identifizieren - kein anderen österreichisches Herrscherpaar dieser Epoche hätte Anspruch auf die königlichen Kronen erheben dürfen. Da zudem Isabella als Stifterin für die Minoritenkirche belegt ist®, wird man aus ikonographischen Gründen die Entstehungs zeit des Reliefs auf die Jahre zwischen 1314 (Vermählung Isabellas mit Friedrich) und 1330 (Tod des Herrscherpaares) einengen können®. Da unser Tympanon somit keinesfalls für seinen heutigen Anbringungsort, die erst um die Mitte des 14. Jahrhunderts aufgeführte Nordwand der Kirche, bestimmt gewesen sein kann, muß es zunächst anderen Zwecken gedient haben. Donin (a. a. 0., S. 237) deutet an, es habe ursprünglich zur Ausstattung der Ludwigskapelle gehört ; der Wiener Dehio nimmt diese Theorie bereits als bewiesen an'. Tatsächlich spricht der Stil der Plastik für eine Entstehung während der Bauzeit der fraglichen Kapelle, die nach der Kanonisierung des hl. Ludwig von Toulouse (1317) begonnen wurde und im Jahre 1328 weitgehend fertiggestellt war®. Vor allein aber ist die Ludwigskapelle jener Teil des Minoritenklosters gewesen, dessen Förderung der Königin Isabella besonders am Herzen lag und an dessen Errichtung sie so großen Anteil nahm, daß es nahelag, sie als Stifterin an prominenter Stelle zu verewigen. Daß sie hier in Begleitung ihres Gatten auftritt, der seinerseits zu diesem Bau nichts beitrug und auch nicht hier, sondern in der von ihm bevorzugten Karthause Mauerbach begraben werden sollte, hat demgegenüber wenig zu besagen; auch bei praktisch selbständigen Handlungen der Frau wird im Mittelalter stets Wert darauf gelegt, das Einverständnis und die wenigstens moralische Beteiligung des Gatten zu betonen. Die offenbar mehr durch das Schicksal als durch individuelles Verschulden zerrüttete Ehe Isabellas® ließ vielleicht eine solche Demonstration auch unmittelbar nützlich erscheinen. Das Bogenfeld dürfte also tatsächlich den Eingang der Ludwigskapelle geziert haben; seine Entstehung fiele somit Belassung alter Übermalungen, sehr unsachgemäß behandelt worden ist. Auch der Umstand, daß sich unter der neuzeitlichen Präparation für die Vergoldung kein Kreidegrund fand, läßt auf eine rezente Behandlung schließen. Es wa.r demnach klar, daß alles entfernt werden mußte, was den mittelalterlichen Bestand verunklärte. So kommt nun der feine Schnitt des Steines wieder zur Geltung, wenn auch nicht gesagt werden kann, daß damit die ursprüngliche Oberflächenwirkung erzielt werden konnte. Die feinste ,,Glätte", das ist die mittelalterliche Auskittung der Oberfläche und die ursprüngliche Polychromierung, ist eben früh zeitig verlorengegangen. Schwache Reste der ursprünglichen ,,Fassung" zeigen sich anscheinend noch am linken Fuß der Königin. Die Arbeit wurde in vorsichtiger Weise mechanisch vorgenommen. Solventien erwiesen sich nicht nützlich. Am Reliefgrund mußten störende Flecken, welche auf Verwendung von Firnis vor der Aufbringung der Kreide zurückzuführen sein düiften, durch leichtes Überschleifen gemildert werden. Der Vergleich der Lichtbilder vor und nach der Freilegung zeigt, wie sehr das Kunstwerk gewonnen hat (Abb. 143 und 146). .. ■ . td , u \xr- ® Die entsprechenden Angaben am übersichtlichsten bei R. K. Donin, Die Bettelordenskircheii in Osterreich (Baden b. W leii, 193.5), besonders S. 236f. . -i r, ■ , ■ 8 In der Literatur findet sich oft der 11. Mai 1316 als Vermählungstag (vgl. Donin, S. 236). Siehe demgegenüber Zeissberg in Sitz. her. d. phil. bist. Kl. d. k. Akad. d. Wiss. in Wien, 137, 1898, S. 64, wo das richtige Datum (31. 1. 1314) belegt wird. Im gleichen Jahre (19. 10. 1314) wird Friedrich zum König gewählt. ' Dehio-Handbiich Wien, 3. Aufl., 19.54, S. 35: „Tympanonrelief . . . nach 1328, vom Eingang des Ludwigschores. 8 Die Kapelle wird in dem Testament Isabellas vom 24. 4. 1328 mehrfach erwähnt. Die Königin wünscht, in dieser Kapelle, „die wir gehauen haben", bestattet zu werden. 400 Mark stiftet sie für die Fertigstellung des Baues „an mauern, an fach und an gläsern" weitere 4 Mark jährlich für Ausbesseruiigsarbeiten. Das Testament abgedruckt bei Maurer in M. A. V. 26, 1890, S. 43f., ferner (zit. nach Pez, Thesaur. anecdot. VI, III, 12) bei Lind in M. A. V. 5, 1861, S. 134. Der Wortlaut läßt keineswegs den Schluß zu, das Tympanon sei erst nach 1328 verfertigt worden, da zu dieser Zeit offenbar nur noch an den oberen Teilen der Kapelle gebaut bzw. die Fensterverglasung beschafft wurde. ® Vgl. Zeissberg, a. a. O.
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