Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

nischen Fenster, welches auf der Zeichnung zu sehen ist, ist noch ein Teil des Gewändes bei der Restau rierung von 1931 freigelegt worden. Etwas darunter befindet sich heute das neue barocke Fenster. Das gotische Chörlein im Erdgeschoß ist allerdings nicht mehr vorhanden. An dieser Stelle befindet sich nunmehr ein Rundfenster. Auch beim Langhausbau lassen sich weitgehende Ubereinstimmungen feststellen. So entspricht die Anzahl der Joche auf der Zeichnung denen des heutigen Baues, und die Form der Streben an dem von der Barockisierung wenig berührten Äußeren des Langhauses stimmen in Zahl und Form überein. Der am südlichenSeitenschiffauf der ZeichnungangedeuteteFries ist heute noch an der Apsideerhalten, wie auch die Dienste mit den charakteristischen Kapitellen an dem nicht zum Domplatz hin offenen Teil der Südfront erhalten geblieben sind. Schließlich wäre noch kurz auf die Lage des Klostergebäudes hinzuweisen, welches auf der Zeichnung, wenn auch nur angedeutet, so doch in der Anlage richtig wiedergegeben ist. Wenn man hieraus auch keinen gültigen Schluß ziehen darf, so mag, bei allen übrigen Übereinstimmungen am Kirchenbau selbst, es sich auch hier nicht um eine reine Zufälligkeit handeln. Man muß hierbei auch beachten, daß die bestehenden Bauteile, wenn auch im Kern sicher mittelalterlich, so doch in ihrer heutigen Erscheinung auf den Umbau aus der Mitte des 17. Jahrhunderts zurückgehen. Wenn man nun abschließend alle angestellten Vergleiche zusammenfaßt, darf man wohl mit einer gewissen Berechtigung sagen, daß eine derartige Fülle von Übereinstimmungen sowohl in Groß- und Kleinformen wie auch in der Lage der einzelnen Bauteile zueinander nicht zufällig sein kann. Bei aller gebotenen Vorsicht, welcher man sich bei einem derartigen nur auf ein einziges Beweisstück beschränkten Vergleich befleißigen muß, will es doch scheinen, daß mit diesem wertvollen Fund tatsächlich eine Abbildung des St. Pöltener Domes aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts entdeckt wurde. Abbililungsnachweis: Bildarchiv der Österr. Nationalbibliothek: Abb. 139; Pierpont Morgan Library, New \ork: Abb. 140; Bunclesdenkmalaint: Abb. 141. DAS MARIENTYMPANON DER WIENER MINORITENKIRCHE Von Geehabd Schmibt Schon vor mehr als dreißig Jahren hat Hans Tietze die ungünstige Forschungslage beklagt, die der Gewinnung eines klaren Bildes vom ,,Entwicklungsgang der gotischen Skulptur in Wien entgegensteht^. Das Material sei lückenhaft überliefert. Erhaltenes durch Restaurierungen entstellt, und schließlich stünden hier ,,der kulturellen Struktur Wiens entsprechend, . . . sehr verschiedene, fast gegensätzliche Werke nebeneinander". Trotz einiger Einzeluntersuchungen und mancher Versuche einer Zusammen fassung, die seither erschienen sind, hat sich an dieser Lage nur wenig geändert. Um so wertvoller muß uns die Wiedergewinnung eines zwar bescheidenen, durch seine vorzügliche Erhaltung aber verläßlichen Zeugnisses aus dieser Epoche sein; eines Zeugnisses zudem, das sowohl mit einiger Sicherheit datiert, als auch in gewisse stilistische Zusammenhänge eingeordnet werden kann. Als man im Jahre 1908 im zweiten Joch der Nordmauer der Minoritenkirche einen Durchgang in den hier anstoßenden barocken Anbau schuf, wurde ein kleines gotisches Portal mit dem in Frage stehenden Bogenfeldrelief entdeckt^. Eine dicke Schicht von Ubermahmgen ließ zunächst Einzelheiten kaum erkennen, so daß die figürliche Darstellung vielfach falsch interpretiert wurde: Neumann sah in den Stifterfiguren zwei Königinnen, und H. Waschgier® hielt den Vogel in der Hand Mariae für das ^ H. Tietze, Wien (Berühmte Kunststätten 67, 3. Aufl., Leipzig 1928), S. 72f. 2 Vgl. die Notiz von Neumann im Monatsblatt d. Altertums-Vereines zu Wien, IX, 1908—1910, S. 53f. 2 Die Minoritenkirche in Wien, ungedrucktes Referatmanuskript im Kunsthistor. Institut der Univ. Wien, 1917, &. 47f.

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