Kunst- und historischen Denkmale." Weingartners Interesse galt zeitlebens entschieden dem zweiten, nicht minder wich tigen Teil der Denkmalpflege. Und auf diesem Gebiete hat er schier Unglaubliches geleistet. Aus der Fülle seiner Veröffent lichungen — sein geistiges Vermächtnis lebt in 50 Büchern und mehr als 100 Abhandlungen fort — sollen nur seine ,,Kunst denkmäler Südtirols" erwähnt werden. Es war dies die erste topographische Erfassung eines Gebietes, das zu den reichsten Kulturlandschaften Europas zählt. Diese grundlegende Arbeit, die der junge Denkmalpfleger ganz allein leistete, hat auch heute, ein halbes Jahrhundert nach ihrem Erscheinen, ihren Wert nicht eingebüßt. Ein Spezialgebiet, dem er sich zeitlebens widmete, war auch die Erforschung der mittelalterlichen Wandmalerei Südtirols. Die grundlegenden Erkenntnisse, die Weingartner dabei ge wann, waren um so wichtiger, als sich bekanntlich gerade in Südtirol eine große Anzahl sehr früher und bedeutender Werke dieser Art erhalten haben. Diese Veröffentlichmigen bildeten die Grundlage für die systematische Erforschung der mittel alterlichen Wandmalerei in vielen Nachbarländern. Aus manchen Bemerkungen des Verewigten erkannte man, daß ihm die aktenmäßige Behandlung, kurz das Amtliche, dessen die staatliche Denkmalpflege nun einmal leider nicht entraten kann, gar nicht lag. Für den bürokratischen Klein krieg, unter dem wir alle zu leiden haben, war sein Flug zu hoch. Und trotzdem hat Joseph Weingartner auch für die praktische Denkmalpflege sehr bedeutendes geleistet: Ihm ge lang nämlich die Popularisierung der Denkmalpflege in Tirol. Bei Wahrung strengster Wissenschaftlichkeit und indem er am Wesentlichen festhielt, verstand es Weingartner dank seines fremidlichen und geselligen Wesens, weite Kreise für die Kunst und ihre Schöpfungen zu begeistern. Sowohl der junge geist sprühende Kunsthistoriker wie später der vielgereiste und be rühmte Gelehrte war im Dorfgasthaus und Pfarrwidum ein eben - so beliebter Gast wie in den Ansitzen und Burgen des Landes. Den Burgen hatte sich Weingartner mit Herz und Geist verschrieben. In Südtirol, das von keiner anderen Landschaft an Burgenreichtum übertreffen wird, war die Erforschung der Burgen meist nicht über Einzeluntersuchungen hinaus gekommen und diese beschränkten sich mehr oder minder auf die Aufzählung der Besitzerfolge. Obwohl Weingartner des romantischen Reizes, den Burgen und Ruinen ausstrahlen, bewußt und in stärkstem Maße ver fallen war, ging er bei der Behandlung dieses Themas mit dem Werkzeug des streng untersuchenden Wissenschaftlers vor und gewann dabei viele neue Erkenntnisse, die weit über den Rahmen Tirols hinaus Geltung haben. Den Hauptniederschlag fanden diese Untersuchungen in seiner prächtig ausgestatteten ,.Tiroler Burgenkunde". Das Material für einen ergänzenden Band, der die einzelnen Burgen Tirols topographisch behandelt, fand sich im Nachlaß des Verewigten und soll demnächst herauskommen. Schließlich hatte Weingartner noch eine besondere Liebe zum Barock. Er teilte diese Vorliebe mit dem Tiroler Landvolk, bei dem barocke Prachtentfaltung und barockes Brauchtum bis heute lebendig geblieben sind. Ein weiterer Grund für diese Vorliebe mag gewesen sein, daß er seine glücklichen Jugend jahre im Schatten des Brixener Doms, dieses schönen barocken Baudenkmals, verbracht hatte. Weingartner gehörte ja auch jener Generation an, die noch an der Schwelle der Neuentdokkung des Barock stand. Auch seine letzte denkmalpflegerische Arbeit mußte sich schicksalhaft mit, einem barocken Denkmal befassen. Es war dies der Wiederaufbau seiner schwer bombenbeschädigten Pfarrkirche St. Jakob in Innsbruck. Und dort in der Krypta von St. Jakob, wo er sich selbst seine Grabstätte wählte und — auch dies ein charakteristischer Zug seiner Wesensart — den Grabstein selbst anschaffte, harrt Joseph Weingartner, der große Gelehrte und fromme, gütige Propst der Auferstehung. Oswald Tbapp BUCHBESPRECHUNGEN Franz Unterkircher: Inventar der illuminierten Handschriften, Inkunabeln und Frühdrucke der Österreichischen Nationalbibliothek, Teil I: Die abendländischen Handschriften. In der Reihe: Museion, Veröffentlichungen der Österreichischen Nationalbibliothek, Wien 1957. Bisher die wertvollste und wichtigste Publikation, die uns das Jahr 1957 in Österreich beschert hat. Dem Herausgeber (Generaldirektion der Österreichischen Nationalbibliothek) und dem Verfasser kann für dieses wirkliche Geschenk, das sie neben allen anderen Fach Vertretern auch den Kunsthistorikern bereitet haben, nicht genug gedankt werden, ihre Mühe nicht genug Airerkennung finden. Die innere Organisation dieses Inventares scheint uns vorzüglich; die Beigabe von Zeit-, Länder- und Ortstafeln, ferner das Register — sie lassen eigertlich keinen Wunsch offen. Das besonders hohe Verdienst der Publikation liegt darin, daß mit ihr alles getan wird, um die geradezu unübersehbar reichen Bestände der Nationalbibliothek nicht brach liegen zu lassen, sondern sie bekannt und zugänglich zu machen. Bleibt noch der Hoffnung und dem Wunsch Ausdruck zu geben, daß dem ersten bald der zweite Teil, daß dem Beispiel der Österreichischen National bibliothek auch bald andere Bibliotheken folgen mögen. W. Fbodl Österreich, Kunst und Kunstschätze, gestaltet und erläutert von Maria Neusser-Hromatka, Einführung von Karl Oettinger. Pinguin-Verlag, St. Johann i. Tirol, und Umschau-Verlag, Frankfurt am Main. Auf 96 meist ganzseitigen Tafeln und einer Farbtafel wird ein großzügiger Überblick über Hauptwerke der Kunst in Österreich gegeben, der von der Venus von Willendorf bis zum Bild der Wiener Staatsoper von O. Kokoschka (1956) reicht. Die Einführung Oettingers erklärt in knapper und ausgezeichneter Form die österreichische Situation, so daß der ausländische Besucher Österreichs, um dessentwillen das Buch wohl in erster Linie geschaffen wurde, die Eindrücke, die er auf seiner Reise empfangen hat, kontrollieren und vertiefen
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2