Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

BERICHTE DENKMALPFLEGE IN TIROL IM JAHRE 1956 Die Arbeit der Denkmalpflege ist in den einzelnen Teilen Europas sehr verschieden. In den romanischen Ländern, die viel melir Zeugen ihrer alten Geschichte und Kultur besitzen als wir, konzentriert man sich auf die I]rhaltung und Pflege einzelner besonders bedeutender Objekte und läßt weniger wertvolle Denkmäler so gut wie unbeachtet. Bei uns ist die Einstellung ganz anders und die Arbeit auf breiteste Basis gestellt, die auch dem kleinsten Bildstock ihre Fürsorge angedeihen läßt. Naturgemäß ergibt sich daraus eine Unmenge von Kleinarbeit, mit der nicht viel Staat zu machen ist und die ihre Früchte erst nach jahrelanger zäher Verfolgung eines Zieles trägt. Das Bestreben, einem ganzen Lande seine charakteristischen Feinheiten zu erhalten und sie möglichst in Erscheinung treten zu lassen, ist für ein Amt mit geringen Geldmitteln und unzulänglichen gesetzlichen Bestimmungen fast Vermessenheit. Doch wenn es da und dort gelingt, eine Hausbemalung, eine Kirche oder Kapelle, eine Burgruine oder auch nur einen Bildstock zu erhalten oder in alter Schönheit wiederherzustellen, so steht wieder ein Mahner mehr im Lande, der von alter Kultur kündet und an die damit ver bundene Verpflichtung der Lebenden erinnert. Außer diesen kleinen und kleinsten denkmalpflegerischen Unternehmungen sind im abgelaufenen Jahr aber auch einige große und kunst geschichtlich bemerkenswerte Restaurierungen begonnen und durchgeführt worden. Im kulturellen Zentrimi des Landes, der Hauptstadt Inns bruck, sind die Instandsetzungsarbeiten an den großen Kirchen mit der glücklich vollendeten Außenrestaurierung der Wiltener Pfarrkirche abgeschlossen. Der schöne Barockbau erhebt sich nun in seiner hellen, stilgerechten Färbung edel aus der ihn umgebenden Wüstenei. Leider wurde bei der Neuanlage der westwärts vorbeiführenden Straße trotz der Hinweise des Denkmalamtes nicht darauf Bedacht genommen, vor der beherrschenden Fassade die Möglichkeit zur architektonischen Gestaltung eines weiträumigen Platzes zu schaffen. Rücksichtslos wurde durch die Aufschüttung der Straße jede großzügige städtebauliche Lösung unmöglich gemacht. Ein kleines Abbild der großartigen Wiltener Kirche ist die Kapelle in Mentlberg, ebenfalls von Günther ausgemalt und mit ebenso qualitätvollem Stuck geziert. Durch zweck widrige Verwendung im Kriege hatte dieses barocke Juwel sehr gelitten. Heuer konnte das Innere instand gesetzt werden. Nur der Hochaltar bedarf noch der Restaurierung, während die Neuaufstellung der originellen Siebenschläfergruppe schon in Arbeit ist. Wie jede öffentliche Tätigkeit ist auch die Arbeit des Denkmalamtes der Kritik ausgesetzt. Dem einen ist manches zu modern, ja sogar ,,umstürzlerisch", der andere wiederum hat kein Verständnis für die strenge Konservierung. Ja man scheut sich nicht, mit dem Schlagwort ,,Kirchenmuseen" gegen altehrwürdiges Kulturgut zu Felde zu ziehen. Es ist deshalb sehr willkommen, gerade jetzt darauf hinweisen zu können, daß es zwar Aufgabe des Konservators ist, wertvolles Altes zu schützen und zu bewahren, daß es aber auch durchaus möglich ist, den Bau einer früheren Stilepoche mit Kunst werken der Gegenwart zu verbinden. Ein derartiges Beispiel bietet die Pfarrkirche von Mühlau, ein barocker Bau mit einheitlicher Ausmalung des Innsbrucker Malers J. Strickner, aber mit reizlosen neu romanischen Altären ausgestattet. Der Initiative des Pfarrers ist es gelungen, seine Gemeinde zur Anschaffung eines modernen, künstlerisch hochwertigen Schnitzaltars zu ver anlassen. Diesen Altar schuf Franz Staud, der von Anfang an die Verbindung mit dem Denkmalamt suchte und dem es gelungen ist, durch den lebhaften Wechsel von Licht und Schatten an das Wesen des Barocks anzuknüpfen und trotzdem ein durchaus modernes Werk zu schaffen. Zugleich wurde die Restaurierung der Gewölbemalerei und die Neuausmalung des Presbyteriums durchgeführt. Es besteht Aussicht, daß auch die beiden Seitenaltäre zeitgemäßen Schöpfungen weichen werden. Ein zweiter, wenn auch völlig unproblematischer Fall ist die Kirche der Karmelitinnen in Innsbruck, nach Kriegs zerstörungen zum Teil neu aufgebaut, mit kläglicher Aus stattung. Um ein Restaurierungsprogramm gebeten, hat das Denkmalamt zu einer modernen Neugestaltung geraten, die nach Plänen Prof. Holzmeisters ausgeführt wurde. Aus der häßlichen, nüchternen Kirche ist ein vornehm-schlichtes Heiligtum voll frommer Stimmung geworden. Hat das Denkmalamt auf der einen Seite Vorwürfe wegen seiner pflichtgemäßen konservativen Haltung zu gewärtigen, so hat es in einem anderen Falle wegen zu moderner Ein stellung und ,,Entrümpelung" Schmähbriefe erhalten: Die Restaurierung der Hofkirche hat mit verschiedenen, äußerst kostspieligen Arbeiten am vergoldeten Metallzierat der Altäre und mit der Wiederanbringung des restaurierten Hochaltar blattes den wesentlichen Abschluß gefunden. Sollte die teure und mühevolle Restaurierungsarbeit nicht umsonst sein, so mußte man auf die Aufstellung der verschiedenen Festkulissen am Hochaltar (Advent, Weihnachtskrippe, Passion) ver zichten. Dieser Verzicht auf gewiß stimmungsvolle Bräuche flel leichter, als geeignete Arbeitskräfte zur Aufstellung mangelten und die Kulissen selbst dringend einer Restau rierung bedürfen. Vor allem wird es nötig sein, moderne Montagemöglichkeiten zu schaffen, die eine Aufstellung erlauben, die weder besondere Arbeitskräfte erfordert noch zu einer neuerlichen Beschädigung des Altars führen kami. Vielleicht hat aber die würdige Neugestaltung des Antonius altars — selbstverständlich unter Verwendung des alten barocken Rahmens und in der alten Form — mit dem Modernismus des Denkmalamtes ausgesöhnt. Die Arbeit an den profanen Denkmälern in Innsbruck war vielfältig. Neben der Behandlung von Geschäftsumbauten und Reklamen an wertvollen alten Bauten war es auch nötig, bei der Erstellung von Neubauten in der Altstadt mitzuwirken, wo sich wieder einige Bombenlücken schlössen. Sehr gelmigen erscheint uns die Einfügmig des großen Hauses an der Ecke rieben dem Goldenen Dachl, das die alten Steinportale wieder verwendet und glücklich den Erfordernissen unserer Zeit 10 Denkmalpflege

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2