Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

meist schlecht erhaltenen Bilder, die Martin Johann Schmidt für Stiftsgalerien malte, die zerrissenen Kompositionen, in denen der Konnex zwischen den Gruppen nur sehr lose ist, wie etwa der ,,Sturm auf dem See Genesareth" in St. Peter in Salzburg oder die ,,Reue des Petrus" und ,,Raphael und Tobias" in Stift Göttweig, kleine biblische Szenen, welche als rein persönliche Betrachtungen angesprochen werden müssen. Dieses Phänomen ist besonders gut zu beobachten bei der großen Reihe von ,,Kreuzigungen", die in den zwei letzten Dezennien seines Lebens entstehen. So finden sich in den Räumen des Stiftes Seiten stetten kleine Kreuzigungsbilder, völlig subjektive Reflexionen, bei denen das persönliche Erlebnis deutlich abgelesen werden kann (Abb. 109). Daneben geht die künstlerische Beschäftigung mit Genrebildern und der Aktkomposition in einer erstaunlichen Fülle einher. Die Vorstellung, wie sie etwa Rembrandt im ,,Rattengiftverkäufer" hatte (ein Werk, das unserem Künstler bekannt war, wie wir aus dem Nachlaßverzeichnis wissen), regte viel leicht dazu an, genrehafte Berufsdarstellungen, wie ,,Der Katzendoktor", ,,Der Sensenschleifer" usw., zu schaffen. Auf der Ausstellung in Ljubljana waren zwei der schönsten solcher Genrebilder zu sehen, ,,Der Wahrsager" (Abb. 106) und ,,Der Zahnarzt", Bilder, die ihrer Herkunft nach einem holländisch französischen Milieu angehören und wie ,,Der Guckkastenmann" und andere Gegenstände eine volks tümliche Note haben. Reminiszenzen sind auch hier verwertet worden, insoferne als viele Figuren Versatzstücke aus eigenen Skizzen des Künstlers sind. Als Träumereien der späten Jahre müssen jene Aktkompositionen betrachtet werden, welche — wie das ,,Bad der Diana" und das ,,Faß der Danaiden" (beide Bilder in der Narodna Galerija in Ljubljana) — in erster Linie für eine graphische Ausführung durch seinen Sohn, als Übungsstücke für denselben, gedacht waren, die aber ebenso wie das ,,Große Bacchanale" im Germanischen Museum in Nürnberg als Kunstwerke für sich bestehen können. Die in Triest gefundenen, an Rubens erinnernden Kompositionen gehören ebenfalls dieser Epoche an*. Zwischen 1781 und 1785 entstehen auch jene vielfigurigen Kompositionen mit heftiger Bewegung, bei denen der Gegenstand kaum aus dem Dunkel hervortritt, wie der ,,Bethlehemitische Kindermord" (Joanneum in Graz), zu welcher Gattung auch der ,,Raub der Sabinerinnen" in der Narodna Galerija in Ljubljana gehört (Abb. 107). Es wäre überaus reizvoll, wenn gerade jene Bilder, in welchen sich das Greisenhafte zeigt und eine Skala von Resignation und Ermüdung einerseits, flammender Expressionismus andererseits (wie in der Ölskizze für das Brünner Bild der Enthauptung der hl. Barbara) sich ausdrückt, unmittelbar neben einander gestellt werden können. Wir würden das Alterswerk des Künstlers ganz anders verstehen und nicht bloß als Ausklang oder Abstieg betrachten. ■* Decio Gioseffi, Quattro Kremser Schmidt dal Museo Sartorio di Trieste, Emporium, Mai 1954. Abbildungsnachweis: Bundesdenkmalamt, Wien: Abb. 99, 109; Narodna Galerija, Ljubljana; Abb. 100, 101, 103, 105, 106, 107, 110; .Joanneum. Graz: Abb. 104; Bayerische .Staatsgemäldesammlungen, München: Abb. 108; Albertina, Wien: Abb. 102. w ...M

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