ÖSTERREICHISCHE ZEITSCHRIFT FÜR KUNST UND DENKMALPFLEGE i IM XI. JAHRGANG • 1957 • HEFT 3 • HERAUSGEGEBEN VOM ÖSTERREICHISCHEN BUNDESDENKMALAMT VERLAG VON ANTON SCHROLL & CO-WIEN-MÜNCHEN
ÖSTERREICHISCHE ZEITSCHRIET FÜR KUNST UND DENKMALPFLEGE (Jahrgang 1/1947—V/1951 ist als „Österreichische Zeitschrift für Denkmalpflege" erschienen) In Nachfolge der einstigen „Mitteilungen der Zentralkommission für Denkmalpflege in Wien" Herausgeher: Österreichisches Bundesdenkmalamt • Redakteure: Otto Demus imd Walter Frodl XI. JAHRGANG 1957/HEFT 3 INHALT Josef Zykan: Barocke Steinplastiken und ihre Restaurierung / Ulrich Ocherbauer : Der Freskenzyklus in der Knappenkirche zu Oberzeiring / Josef Zykan : Das Alterswerk des Kremser-Schmidt / Johanna Gritsch: Denkmalpflege in Tirol im Jahre 1956 / Siegfried Hartwagnbr: Die Restaurierung der Filialkirche St. Katharina im Bade / Walter Frodl: Tagung der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland / T. Triff : Der internationale Denkmalpflegekongreß in Paris 1957 / Joseph Weingartner f / Buchbesprechungen Die Zeitschritt erscheint jährlich in 4 Heften Es wird gebeten, Einsendungen an die Redaktion der Zeitschrift im Bundesdenkmalamt, Wien I, Hofburg, Schweizerhof, Säulenstiege, zu richten Bezugspreis: Jährlich 4 Hefte S 80.—. Anzeigenannahme durch den Verlag • Printed in Austria VERLAG VON ANTON SCHROLL & CO. IN WIEN V., SPENGERGASSE 37
Die Bildhauerwerkstatt des Buiidesdenkmalamtes BAROCKE STEINPLASTIKEN UND IHRE RESTAURIERUNG Von Josef Zykan Es ist eine kunstgeschichtliche Tatsache, daß sich im süddeutschen und österreichischen Raum eine so große Anzahl von barocken Sandsteinplastiken erhalten hat wie sonst kaum in einem anderen Bereich. Den südlichen Ländern steht vor allem für die Plastiken im Preiraum Marmor zur Ver fügung. In den nördlichen Gebieten Europas kann nur hartes Steinmaterial dem Klima widerstehen. Die Lage Österreichs ermöglicht es, daß Sandsteinplastiken eine Lebensdauer von 250 und mehr Jahren erreichen können, wenngleich sie wahrscheinlich für weitaus kleinere Zeiträume gedacht gewesen sind. Freilich mußten die der Witterung besonders ausgesetzten Attikaplastiken vielfach abgetragen werden, da sie die Sicherheit gefährdeten. So fehlt der Schmuck an den Traufen des Palais Lobkowitz, des Prinz Eugen-Palais in der Himmelpfortgasse und vieler anderer Gebäude in Wien. Auch an Gartenplastiken ist der Bestand schon wesentlich reduziert . Trotzdem kann man heute noch im Bereich des Gartenschlosses des Prinzen Eugen, des Belvedere, gegen 260 plastische Gruppen auf den Attiken der Gebäude und im Park zählen. Es ist klar, daß die Einwirkungen des zweiten Weltkrieges bei der durch Zeitschäden bereits schwer angegriffenen Steinsubstanz verheerende Folgen hatten. So gehörte es zu den vorzüglichen Aufgaben der amtlichen Werkstätten des Bundesdenkmalamtes, bei der Rettung des wertvollen barocken Bestandes an Großplastiken helfend mitzuwirken. Die Korro sionserscheinungen an den aus Zogelsdorfer Sandstein bestehenden Plastiken sind meist so groß, daß etwa die Gruppe der drei Erzengel von Lorenzo Mattielli am Portikus der Michaeierkirche, als sie noch 7 Dcnknialiino.uiP
r 60. Stürzender Dämon aus der Giebelgruppe der Michaelerkirche vor der Restaurierung vor der großen Welle von Bombenangriffen geborgen wurde, buchstäblich unter den Händen der Fach leute in Stücke zerbrach (Abb. 69). Es ist vor allem der verderbliche Einfluß der Großstadtatmosphäre, welche durch den Ruß der Steinkohle und durch den damit verbundenen Gehalt von schwefeliger Säure in der Luft die Existenz von Thiobazillen (Sulfurbakterien) ermöglicht nnd so ziim Zerfall der Steinbild werke aus Kalkstein führt. Wie sehr die Zusammensetzung der Atmosphäre hiefür verantwortlich gemacht werden muß, kann aus dem Beispiel ersehen werden, daß die Sphingen in Schloßhof weitaus besser erhalten sind als die aus dem gleichen Material und von gleicher Hand gearbeiteten Sphingen im Park des Belvedere-Schlosses in Wien. Es kann hier nicht auf die mannigfaltigen Ursachen des Stein zerfalls eingegangen werden. Das Problem der Konservierung von Steinplastiken ist ohne das Hinzutreten von mechanischen Kriegsschäden schwierig genug. Gerade deshalb ist es erfreulich, daß es trotz der ungünstigen Situation noch möglich war, viele Dutzende von bedeutenden Steinplastiken nach Restau rierung wieder an Ort und Stelle zur Aufstellung zu bringen nnd daß nur in relativ wenigen Fällen ein Ersatz durch Herstellung von Kopien bzw. Abgüssen gefunden werden mußte. So erwünscht es wäre, die Originale von wertvollen Plastiken museal in geschützten Räumen aufzubewahren, so wenig gangbar erscheint zur Zeit noch dieser Weg, weil es vor allem an den geeigneten Lapidarien nnd musealen Räumen für die Unterbringung fehlt. Bei den erwähnten Engelsfiguren von der Hand Lorenzo Mattiellis auf dem Portikus der Michaeler kirche wurde wohl der Plan in Erwägung gezogen, Kopien anzufertigen und die Originale museal zu deponieren. Es fand sich in Wien aber kein Museum, das dieser Möglichkeit nähertreten wollte. Auch wären die Kosten der Anfertigung von Kopien so groß gewesen, daß das Vorhaben scheitern mußte. So wurde aus der Not eine Tugend gemacht; die in den Werkstätten des Bundesdenkmalamtes ent wickelte Technik der Zusammenfügung zerstörter Plastiken bewährte sich in diesem Falle wie in so vielen anderen. Einzelne Teile von statischer Wichtigkeit wurden aus neuem Steinmaterial hergestellt, die Zusammenfügung erfolgte durch Metalldübel und Klammern, die in den Stein versenkt werden (Abb. 72). Verkittungen und kleinere Ergänzungen wurden in Kunststein vorgenommen. Die Montierung der originalen Teile erfolgte erst an Ort und Stelle. Die Ungleichmäßigkeit in der Steinfarbe, wie sie bei
if A Sl""""""* 1. Oben: 70. Die Giebelgruppe der Michaeierkirche von L. Mattielli wäh rend der Restaurierung — Rechts oben: 71. Die Giebelgruppe nach der Restaurierung und Neuaufstellung auf dem Portal der Michaeierkirche — Rechts: 72. Bein dos Dämons während der Restaurierung einer derartigen Arbeitsweise unvermeidlich ist, wird durch die Großstadtluft in kürzester Zeit wieder ausgeglichen. Der heutige Zustand der Plastiken läßt nicht ahnen, welche und wieviele Operationen notwendig waren, um das Kunst werk wieder in seiner alten Erscheinung erstehen zu lassen (Ahb. 71). Ein ähnliches Problem bot sich bei der ebenfalls von Lorenzo Mattielli stammenden Raptusgruppe aus dem Schwarzenbergpark in Wien (Abb. 73), die durch eine Bombe völlig vernichtet schien (Abb. 75). Die besonders malerische Auflösung dieser Gruppe, durch welche der Stein geradezu entmaterialisiert wird und der Begriff der Plastik sich nach dem Gebiet der Malerei hin verschiebt, machte die Instand setzung zu einem besonderen Problem. Die Gruppe galt von jeher als ein besonders qualitätvolles Zeugnis ihrer Gattung. Schon vor vielen Jahren tauchte der Plan auf, die Gruppen in das sogenannte Myrrhenhaus des Schlosses zu stellen und '' \ B. /
mm J^- 'f 73. Wien, »Schwarzenbei-g-Palais, .RaptusgrupjDe von L. Mattielli vor der Beschädigung 74. Wien, ISchwarzenberg-Palais, Raptusgruppe von L. Mattielli nach der Restaurierung und Wiederaufstellung im Park selbst Kopien zur Aufstellung zu bringen. Erstaunlicherweise zeigte es sich, daß die einzelnen Steinteile der Gruppe fester waren, als man angenommen hatte. Es gelang, durch Ergänzung der fehlenden Teile, die Gruppe vollkommen zusammenzusetzen und so das Original an Ort und Stelle wieder zu verwenden (Abb. 74). Dieser Vorgang mußte nun für viele Gruppen und einzelne Figuren des Belvedere beschriften werden. Die mühsame Arbeit der Zusammensetzung bleibt in allen Fällen die gleiche. Die Schwierigkeiten liegen jedoch nicht in dieser Arbeit, sondern in der Behandlung der korrodierten Oberfläche. Eine flächige Auftragung Amn Kunststeinmasse ist nicht haltHaften der Auftragung am Stein getroffen wer75. Wien, Schwarzenberg-Palais, Raptusgruppe nach der Beschädigung den.
) ß 70—78. Wien. Unteres Belveclere, Attika, im Vordergrund umgestürzter Torso — Mitte: di0.selbe Figur während der Restaurie rung — Rechts; die.selbe Figur nach der Restaurierung Das Abbildungsmaterial erläutert, besser als dies Worte könnten, die verschiedenen Zustände, in denen sich die einzelnen Plastiken befunden haben. Die Bombeneinschläge im Oberen Belvedere brachten es mit sich, daß einzelne Figuren gänzlich verloren schienen. Für manche Figuren, wie die eines bärtigen Mannes, waren bereits Modelle an Hand alter Fotografien gemacht worden. Schließlich fand man jedoch im Schutt nicht nur den Torso, sondern auch Kopf und einzelne Gliedmaßen, die so zusammengebaut werden konnten, daß heute das Original wieder auf der Attika stehen kann. In Fällen, in denen eine solche Zusammensetzung nicht mehr den Witterungseinflüssen hätte standhalten können, wurde die Zusammen setzung doch durchgeführt; die Ergänzungen wurden in Gips oder Kunststeinmaterial vorgenommen und das zusammengesetzte Kunstwerk diente sodann als Modell für das Punktieren einer Kopie oder für den Abguß in Kunststeinmaterial. So findet sich heute auf der Attika des Belvedere eine Anzahl von Figuren, die mehr oder minder originale barocke Kompositionen darstellen, aber in der Substanz neu sind (Abb. 76 bis 78). ,,Mehr oder minder" muß deshalb gesagt werden, weil an vielen Figuren Restaurierungen und Abänderungen aus dem 19. und dem 20. Jahrhundert nachgewiesen werden konnten. Manche der Figuren waren selbst schon Kopien originaler Figuren gewesen. Maßgebend für den eingeschlagenen Weg war das Bestreben, die architektonische Konzeption des Belvedere als Gesamtkunstwerk zu bewahren, eine Aufgabe, bei der es eine erfreuliche Lösung ist, wenn dabei noch so viele Originale erhalten bleiben können. Dies trifft für die Plastiken des Parkes in gleicher Weise zu. Von den im Krieg stark beschädigten Monatsdarstellungen an den Reittreppen des Belvederegartens waren die meisten Figuren mitunter stark abgewandelte Wiederholungen des 19. Jahrhunderts gewesen. Auch hier galt es, die Figuren als funktionelle Glieder der gesamten Gartenarchitektur wiederherzustellen. Wieder als Original erstand auch die zertrümmerte große Gruppe ,,Apoll und Daphne" am Portal des Unteren Belvedere. Von besonderem Interesse war die Wiederherstellung einer großen plastischen Gruppe, die zwischen geschnittenen Hecken des Sommergartens in der Nähe der großen Kaskade steht und wegen der eigen-
% 4 V. 4 § M Oben: 79, 80. Wien, Belveclere-Garten, Doppelgrupi)e — Links: ,vor ' der Beschädigung — Rechts: dieselbe Gruppe nach dej* Restau rierung und Wiederaufstellung 81, 82. Doppelgruppe, weibliche und männliche Figur während der Restaui'ierung
M 'A 1% . >. f': Oben: 83. Hl. Florian von der Sattelbachbrücke nach der Restaurierung — Mitte: 84. Die Figuren der Sattelbachbrücke nach der Beschädigung — Rechts: 85. Hl. Nepornuk von der Sattelbach brücke nach der Restaurierung Rechts: 86. Heiligenkreuz, Sattelbachbrücke 8^ vor der Sprengung artigen Darstellung von den Restauratoren scherzhafterweise die „Schlechtwettergruppe" genannt wurde. Die Figuren scheinen wie von Wasser zu triefen und sind wohl nach einer barocken Komposition, doch in klassizistischer Art ausgeführt. Es hat den Anschein, daß es sich um eine zu Ende des 18. Jahrhunderts von Dorfmeister geschaffene klassizistische Gruppe von hoher Qualität handelt (Abb. 79). Eine Bombe hatte diese Plastik zerstört, so daß vorerst nur Teile auffindbar waren. Erst bei einer Ausgrabung im Bomben trichter fand man die restlichen Steinteile, so daß man an die Zusamnrenfügung schreiten konnte. Das Ergebnis ist überaus befriedigend gewesen, die plastische Gruppe ist heute von einem unbeschädigten Original kaum zu unterscheiden (Abb. 80), und nur ein genaues Studium und die Dokumentationen der amtlichen Werkstätten (Abb. 81, 82) zeigen, daß doch einzelne Gliedmaßen Ergänzungen sind. Es soll hier betont werden, daß auch im Sinne der strengsten Auffassung von Denkmalpflege eine solche Er gänzung vertreten werden kann, wenn es sich darum handelt, die künstlerische Wirkung eines komplexen Kunstwerkes wie die einer Gartenarchitektur wiederherzustellen.
87. Die Biidhauerwerkstatt des Bundesdenkmaiamtes Die Aufzählung solcher Arbeiten, die unter der Leitung des bewährten Restaurators und akad. Bild hauers Eduard Föderl vor sich gingen und von bestgeschulten Restauratoren, wie den akad. Bildhauern Josef Dobner und Fritz Sztrojnoy, durchgeführt wurden, ließe sich beliebig fortführen. Eine große Sorge der Denkmalpflege soll aber in diesem Zusammenhang besondere Erwähnung finden. Bei Kriegsende wurde die sogenannte Sattelbachbrücke unmittelbar bei Stift Heiligenkreuz gesprengt (Abb. 86). Die wertvollen, auf Entwürfe von Giovanni Giuliani zurückgehenden Steinplastiken lagen in Trümmern im
Links: 88. Wien, Österreichische Galerie, ,.Venus von Penzing", Delphin während der Restaurie rung — Rechts: 8!). ,,Venus von Penzing" nach der Restaurierung Sattelbach (Abb. 84), die Bogenbrücke war vollständig zerstört. Die Fragmente der Figuren wurden geborgen und konnten wieder einwandfrei zusammengefügt werden (Abb. 83, 85). Das Bundesdenkmalamt ist nun bemüht, zu erreichen, daß die alte Steinbogenbrücke an derselben Stelle und in gleicher Form wieder errichtet wird, damit die Figuren dort wieder aufgestellt werden können. Der großartige Hintergrund des Stiftes, das einzigartige Milieu, würden eine solche Maßnahme gewiß rechtfertigen. Es ist zu hoffen, daß es den Bemühungen des Bundesdenkmalamtes endlich doch gelingt, die öffentlichen Stellen davon zu überzeugen, daß eine Betonbrücke an dieser Stelle unangebracht wäre und nicht die richtige Umgebung für die Plastiken Giulianis schaffen würde. Die Herstellung der statischen Festigkeit ist bei den geschilderten Restauriernngsarbeiten immer ein besonderes Problem. Die Zusammenfügung kann nicbt von Haltbarkeit sein, wenn nicht ein sicheres Auflager geschaffen werden kann. Aus diesem Grunde müssen häufig gerade in der Basis der Figuren Operationen vorgenommen und feste Steinstücke eingefügt werden. Dies zeigte sich vor allem bei der Restaurierung der schönen Aktfigur einer Venus, welche als Aus stellungsstück der Osterreichischen Galerie im Barockmuseum nach ihrer Herkunft aus Penzing scherz hafterweise die ,,Penzmger Venus" genannt wird. Die Bombe, welche den Groteskensaal des Belvedere zerstörte, traf auch diese Stemplastik von Wilhelm Beyer. Die hauptsächlichsten Beschädigungen fanden sich in dem unteren Teil der Figur und der großen Figur eines Delphins, welcher das Schwergewicht der Figur bildete. Unter Mitarbeit des kürzlich verstorbenen Bildhauers Ernst Fisko wurde der Festigung dieses tragenden Teiles große Aufmerksamkeit geschenkt und durch Einfügung eines relativ ganz kleinen Steinstückes zwischen Fuß und Unterschenkel der Figur wieder eine völlige Festigung erreicht (Abb. 88, 89). Erstaunlich ist es, daß die Konservierung von Marmorfiguren in unserem Klima wesentlich schwieriger ist als die von Sandsteinfiguren. Die großen Statuen des Vermählungsbrunnens am Hohen Markt in Wien von Corradini bestehen aus Laaser Marmor. Bei der Untersuchung der durch Bombentreffer ange schlagenen Figuren zeigte sich nicht nur, daß der Schlag des metallischen Gegenstandes den Stein viel tiefer zerstörte und zersplitterte, als dies bei Sandstein der Fall ist, sondern auch, daß die Figuren infolge der Verwitterung in ihrem Kern durch Haarrisse weitgehend unterhöhlt sind. Es war aus diesem Grunde z. B. nicht möglich, den beschädigten Kopf der Madonna zu konservieren. Er mußte abgenommen und durch eine Kopie ersetzt werden. 8 Denkmalptldgo
Die angeführten Beispiele genügen, um einen Begriff von der Art der hier besprochenen Arbeiten zu geben. Abgesehen von den Plastiken, die an Ort und Stelle im Freien behandelt wurden, sind seit 1945 138 Steinplastiken bzw. Gruppen durch die amtlichen Werkstätten gegangen (Abb. 68, 87). Die gesammelten Erfahrungen sind groß und genügen für die Behebung mechanischer Schäden. Um den weiteren Verfall von Steinplastiken durch Zeitschäden zu verhindern, muß es erreicht werden, den Stein völlig .steril zu machen und ihn zu festigen, auch wenn der Kalkgehalt so vennindert ist, daß der Zusammenhalt an der Oberfläche zu schwinden beginnt. Es ist vor allem wichtig, das Eindringen von Wasser zu verhindern, doch hat sich bisher noch keine Methode entwickeln lassen, welche eindeutig als erfolgreich bezeichnet werden könnte. Die aus ästhetischen Gründen so verpönte Färbelung mit Kalk ist an und für sich eine sehr zielstrebige Maßnahme. Die Verwendung von heißem Leinöl, eine Methode, die in der Barockzeit häufig geübt wurde, hat Sinn bei einem Stein, der noch nicht erkrankt ist. Eine Anreicherung des Steines mit Calciumcarbonat, eine sehr empfehlenswerte Maßnahme, ist ohne große technische Vorrichtungen kaum möglich. Das Besprühen mit Kalksinterwasser ist meist völlig ungenügend. Die Aufbringung von Wachs ist gewöhnlich nur kurze Zeit von Wirksamkeit. So hat sich bisher noch kein Allheilmittel finden lassen. Gerade deshalb müssen weitere Versuche gemacht werden, um die Lebensdauer des vom Zerfall bedrohten Sandsteines zu verlängern. Wenn dies auf einige Generationen gelingt, so muß es als großer Erfolg bezeichnet werden. Wenn jedoch auf Jahrhunderte hinaus vorgesorgt werden soll, so müssen doch die kostbarsten Stücke in geschützte Räume gebracht und an Ort und Stelle durch Abgüsse ersetzt werden. Abhildunytinncliweis: Hermann Brühlmeyer, Wien-Baden: Abb. 86; alle übrigen Aufnahmen Bundesdenkmalamt, Wien. DER FRESKENZYKLUS IN DER KNAPPENKIRCHE ZU OBERZEIRING Von Ulrich Ocherbaubr Eine umfangreiche, in den Jahren 1955/56 unter der Tünche hervorgeholte mittelalterliche Fresken folge stellte die Filialkirche St. Elisabeth, die alte Knappenkirche, in den Mittelpunkt kunst geschichtlichen Interesses bei der im Vorjahr abgehaltenen Tausendjahrfeier des einstigen Silber ortes Oberzeiring in der Steiermark (Abb. 90). Die einschiffige, eimst flachgedeokte Kirche mit schmalen, romanischen Südfenstern entstammt dem 12. Jahrhundert. (Das oft zitierte Weihedatum 1111 beruht auf einer irrtümlichen Lesung eines spätgotischen Textes in der vorderen Fensterleibung.) Der Chor wurde in gotischer Zeit angefügt, die Flachdecke 1832 durch flache Gewölbe zwischen eingezogenen Gurtbögen ersetzt. Reiche Freskenausstattung im Kirchenschiff. An der Nordwand, von West nach Ost: Szene aus dem Leben des hl. Johannes; obere Reihe (durch die Gurtbogenanläufe unterbrochen): Heiligenmartyrien (hl. Erasmus, Heiliger am Geißelpfähl, hl. Vitus, hl. König); thronender Christus mit Segensgestus und Wundmalen, Kreuzniinbus und Buch, von den Aposteln flankiert (linke Hälfte zer-stört); Magdalenenlegende (die Heilige mit dem Buhlen und einem vom Teufel besessenen Jüngling, die Heilige als Büßerin). Untere Reihe: Dornenkrönung Christi (zwei Männer mit Judenhüten brechen die Dornenzweige, zwei Schergen winden die Dornenkrone, Krönung Christi, die Dornenkrone wird von zwei Engeln gehalten); Kreuzigung mit Maria und Johannes und zwei (fast unkenntlichen) Stifterflgürohen; Messe des hl. Gregor (gekrönter Christus, hl. Bischof, glockenläutender Meßdiener, hl. Gregor mit der Hostie); hl. Dreifaltigkeit in drei Personen dargestellt, beiderseits adorierende Engel, links Gruppe der vierund zwanzig Ältesten. Gesamtausmaß der bemalten Nordwand: 3,00 :12,20 m. Triumphbogenwand: stehende Heilige (hl. Jakobus d. Ä., hl. Franziskus, hl. Antonius von Padua), unterhalb verwaschene Reste von Heiligenfiguren (kenntlich ist nur noch eine hl. Margaretha); im Scheitel das Schweißtuch Veronikas mit dem Haupt Christi, von zwei Engeln gehalten; rechts Anbetung der Könige mit dem Königszug, darunter Marienkrönung mit zwei weiblichen Heiligen (in Form eines geöffneten Schreinaltars gemalt), links unterhalb zwei betende Stifter (schlecht erhalten). Länge der bemalten Fläche: 8,40 m.
90. Oberzeiring, Steiermark, Filialkirche St. Elisabeth. Inneres nach der Restaurierung Südwand: in der vorderen Ecke Schloß des Herodes {zum Königszug gehörend); Fensteruinrandung im Dreieclanuster; Feiertagschristus mit hl. Oswald (1,90: 2,20 m); Fensterumrandung mit derbem Rankenmuster; unterhalb drei Apostelkreuze in kreisrunder Umfassung. Die Malereien wurden in monatelanger Arbeit von Restauratorin. L. Kerciku freigelegt und konserviert; die Abnalnne der Kalktünchen, die über den in secco-fresco-Manier gemalten Bildern lagen, gestaltete sich vor allem dort, wo die Mauerfeuchtigkeit in die Fresken eingedrungen war, äußerst langwierig. Der Erhaltungszustand der Bildausstattung ist verschieden; am ehesten vermag die Triumphbogenwand das ursprüngliche ErscheiTiungsbild wiederzugeben, während an der Nordwand nur mehr Vor zeichnungen (Johannesbild) oder die flächigen Untermalungen voi'handen sind. Schon das vorderste und als erstes bekannt gewesene Feld^ mit dem Tod des hl. Johannes (Abb. 92) gewährt hinreichend Aufschluß über die stilistische und zeitliche Einordnung der Malereien. In kontinuierender Darstellungsweise sind mehrere Geschehnisse in einer Szenerie gezeigt: Salomes in akro batisch verrenkter Pose vollführter Tanz vor Herodes und Herodias, der in der näheren Umgebung im Seckauer Johannesfresko eine Parallele besitzt^, die Enthauptung des in Kamelhaarfelle gekleideten Heiligen vor seinem Gefängnis, die Aufnahme seiner Seele in den Himmel und die Darreichung seines Hauptes durch eine Dienerin. Die im Dreiviertelprofil gedrehten, in der Hüfte leicht geknickten Figuren, die von weichlinigen, fülligen Gewändern umhüllt sind, präsentieren die bereits voll entwickelte Formenspräche der Gotik, die sich aus dem erst scharfkantig splitterigen Zeichenstil der spätromanischen Epoche (Fresken in der Bischofskapelle in Goß®) in allmählich vorsichgehender Erweichung löst (Fresken in der Sakristei in Kammern^). Die Haltung der Hände spiegelt die Beseelung wider, die die agierenden Personen untereinander und auch mit dem Beschauer verbindet; die Figuren haben sich längst von der starren, distanzheischenden Statuarik entfernt und dem ,,Natürlichen" genähert. Diese Merkmale kennzeichnen den Stil der Zeit um 1340—1350, der im einzelnen auch durch die durchgezogene Augenbrauen-NasenLinie und die fast kalligraphisch ausgebildete Mundpartie charakterisiert ist, wie sie u. a. in den datierten ' Erste .Spuren von Wandmalereien entdeckte 1952 der Grazer Numismatiker W. Fritsch, dorn hier für seine Mitteilung gedankt sei. ^ Abb. und Erläuterung bei W. Frodl, Zur Malerei der zweiten Hälfte des 13. Jhs. in Österreich, in: Wiener Jb. für Kunst geschichte, Bd. XVI, S. 60ff., Abb. 58. ' E. Andorfer, Die Wandmalereien des 13. Jhs. in Goß, Festschrift für H. Egger, Graz 1933, S. 34ff., und R. Kroemer, Die Entwicklung und Bedeutmrg des Zackenstiles in der steirlschen Kunst des 13. Jhs. (ungedr. Dissertation, Graz 1954). "* W. Frodl, Denkmalpflegearbeiten in Steiermark (Berichte, Kammern), in: ÖZKD 1953, S. 42ff., Abb. 50.
-Vfel s.% 't- & w «■ ify « -3»-^ /' ■-•«'rrwwrs' • ■ ''■■iü* 1:3 iW^-7v i)2. Oberzeiring. St. Elisabeth. Nordwand innen, Enthauptung dos hl. Johannes d. T. und Tanz der Salome
-Vi"«"..? "f-- i)3. Oberzeiring, Ht. Elisabeth. Nordwand innen, Szenen aus dem Leben der hl. Magdalena und Darstellung der Trinität mit den 24 Ältesten I j 94. Oberzeiring, St. Elisabeth. Nördlicher Zwickel des Triumphbogens, die Heiligen Jakobus d. Ä., Franziskus, Ludwig, Antonius und das Sohweißtuch der hl. Veronika
m 1 t 95. Oberzeiring, .St. Elisabeth. Südlicher Zwickel des Triumphbogens, Zug und Anbetung der Könige Glasgemälden von Gaming und Straßengel aufscheinen®. Die nunmehr vorwiegend sichtbare zeichnerische Struktur des Freskos beruht auf dem Umstand, daß sich hier nur mehr die Vorzeichnung des Bildes erhalten hat, über die eine Kalkmilchlasur zur weiteren farbigen Behandlung gezogen war. Der ursprüng liche Zustand ist demnach plastischer zu denken und in seinen Konturen von der Nachzeichnung bestimmt, die über die farbigen Partien — manchmal von der durchscheinenden Vorzeichnung abweichend — gesetzt wurde®. Die anschließenden Bildfelder sind nur mehr in schwachen Umrissen zu entnehmen. Bemerkenswert die Passionsszenen in der unteren Reihe, wo den vorbereitenden Vorgängen zur Dornenkrönung breiter Raum eingeräumt ist. Ein Feld zeigt zwei Schergen beim Brechen der Dornenzweige, im nächsten wird die Krone gewunden, die dann, in formaler und symbolischer Entsprechung, auf der anderen Seite der ICrönung von zwei Engeln aufgenommen wird. Die Kreuzigung folgt dem überlieferten Dreifiguren schema des Gekreuzigten mit Maria und Johannes (Abb. 91). Unmittelbar daneben die Darstellung der Gregormesse^, mit der Erscheinung des Schmerzensmannes aus der hochgehaltenen Hostie® (und mit dem reizvollen Detail der im Bildrahmen aufgehängten Glocke). Besser erhalten zeigt sich die in ein Spiralband gerahmte Gruppe von Aposteln, die als Beisitzer des thronenden Chri.stus fungieren. Reich gebaiischte, in Schüsselfalten fallende Tuniken prägen den Typus der Gewandfigur, in der das weiche Schwingen der ® F. Kieslinger, Gotische Glasmalerei in Österreich bis 1450, Tat. 30 und 36. ® Der stark lineare Eindruck ist also keineswegs auf ein ..Nachziehen" oder Ergänzen der Konturen durch den .Restaurator zurückzuführen; er beruht auf der originalen, unverändert bewahrten Substanz der Vorzeichnung. ' Das als Gregormesse bezeichnete Fresko an einem Pfeiler der Murauer Stadtpfarrkirche stellt das Meßojjfer des hl. Leonhard dar. Vgl. dazu das Glasgemälde in St. Leonhard i. L., Abb. bei W. Frodl, Glasmalerei in Kärnten 1150—1500, Klagenfurt — Wien 1950, Taf. 64. ® L. Kretzenbacher, Eine ,,Gregoriusmesse", Zur Motivgeschichte eines neuen steirischeji Freskenfundes in Oberzeiring, in: „Neue Chronik" Nr. 35 (Beilage zur Südost-Tagespost Graz vom 26. Mai 1956).
--'J r . « i 96. 8t. Cäcilieii ob Murau, Filialkirche. Nordwand des Chors. Zug der heiligen Könige 97. Oberzeiring, 8t. Elisabeth. Wand südlich des Triumph bogens, Marienkrönung. Detail Stoffbahnen die menschliche Figur beherrscht. Gesichtsausdruck und Haarfarbe lassen Unterscheidungen zwischen den Jüngern zu, von denen nur Petrus durch das Attribut des Schlüssels ausgezeichnet ist. An diese Bildreihe, die an keine theologische Konzeption gebunden und in der Andachtsbild neben Legende, Votivbild neben Repräsentationsdarstellung gesetzt ist, schließt die nur mehr vereinzelt auftretende — weil im 18. Jahrhundert als undogmatisch erklärte und daher meist beseitigte — Ver körperung der Hl. Dreifaltigkeit durch drei Personen® (Ahb. 93). Frontal thronen gleichberechtigt neben einander Christus (mit dem Kreuz als Symbol), Gottvater (mit dem Buch) und der Hl. Geist (mit der Taube), von Engeln flankiert. Der Hinweis auf die Apokalypse ist durch die Gegenwart der vierundzwanzig Ältesten — ,,in weißen Gewändern mit goldenen Kronen" — gegeben. Die ,,sozialen" Heiligen des Ducento an der Triumphbogen wand mahnen zu Bescheidenheit und Mäßigkeit; im Bettelordenshabit ist der hl. König Ludwig (mit drei Kronen, Mitra und Bischofsstab) wiedergegeben, zu seinen Seiten die Ordensheiligen Franz von Assisi und Anton von Padua, zu denen sich links der Pilgerheilige Jakoh d. Ä. gesellt (Abb. 94). Das große Haupt Christi auf dem mit zarten Sternen gemusterten Schweißtuch nimmt die zentrale Stellung des Bildschmuckes ein. Rechts davon, in unbekümmerter Erzählerfreude das episch aufgerollte Geschehen des Königszuges, mit dem Abschied von Herodes, dem richtungweisenden Engel, dem trom petenden Knappen, den galoppierenden Pferden und dem bereits grasenden Gaul hinter dem knieenden, greisen König. Die Szene ist entgegen der sonst meist üblichen Darstellungsweise von rechts nach links zu lesen, offenbar, um das gehuldigte Jesuskind in die Wandmitte zu rücken. Die Malweise des Königszuges (Abh. 95), speziell die Haltung der Figuren, die Binnenzeichnung der Köpfe, die Wiedergabe des schollig aufgebrochenen Terrains erinnern an das Wandbild gleichen Inhaltes in der St. Cäcilien-Kirche ob Murau (Abb. 96). " Vgl. A. Egger, Das höchste Kunstproblem; Die Darstellung der Dreieinigkeit, im Sonderdruck des „Sohlern" 1950, S. 7.
^ ■ #iP«l ff V; • 98. Obei'zeiring, St. Elisabeth. Südwand, Feiertagschi'istus Die Oberzeiringer Fresken erweitern den Kreis der bislang bekannten Werke einer Oberimirtaler Malerwerkstatt der Mitte des 14. Jahrhunderts, der Wandmalereien in der Murauer Stadtpfarrkirche (hl. Martha)^'', in St. Cacilia (Chor) und St. Egyd (Seitenschiff) bei Murau und in der Stiftskirche von St. Lambrecht (hl. Agnes)^! angehören. Künstlerisch gesehen sind die Leistungen der Werkstattmitglieder unterschiedlich. Auch in der Knappenkirche ist neben den in sehr volkstümlicher Manier gemalten Szenen bei gleichzeitiger Entstehung eine verfeinerte, in ihrer Qualität höher zu bewertende Malweise zu beobachten, die sich auf das Johannesfresko, die Marienkrönung (Abb. 97) und das Schweißtuch an der Triumphbogen wand erstreckt^^. Als ikonographische Besonderheit darf der Feiertagschristus an der Südwand des Kirchenschiffes gelten (Abb. 98). Der aufrecht stehende Heiland (durch den Gurtbogen leider halb zerstört) ist von Gerät schaften und Werkzeugen umgeben, deren Gebrauch ihn an Sonn- und Feiertagen verletzt und beleidigt. Unter einer Zange, Hacke, Schafschere, Sense, einem Pflug, Ledermesser, Hammer, Dudelsack (Verbot des Reigentanzens an Feiertagen), Fäustel, Spinnrocken, Backofen, Beil, Rechen und einem Boot mit Ruder befindet sich ein unter einem blaukarierten Bettuch ruhendes Paar, wohl die Trägheit und den Müßiggang verkörpernd^®. Der am rechten Bildrand stehende hl. König mag der hl. Oswald sein, der durch Krone, Zepter und Reichsapfel gekennzeichnet ist. Der Oberzeiringer Feiertagschristus zeigt in weitem Umkreis das früheste Beispiel dieses in Skandinavien, England, Südtirol, Italien, Slowenien und in der Schweiz verbreiteten Typus. In näherer Umgebung finden sich vereinzelte Nachfolger in Dellach Vgl. F. Reichmann, Gotische Wandmalerei in Niederösterreich, Wien 1925, S. 23 und Abb. 24. Abb. in 0. Wonisch, ÖKT Band XXXI, St. Lambrecht, 8. 68, Abb. 51 (die dort vertretene Datierung scheint zu spät). Vgl. U. Ocherbauer, Die Wandmalerei der Steiermark im 14. Jh. (ungedr. Dissertation, Graz 1954). Ausführlich behandelt von L. Kretzenbacher, Der ,,Feiertagschristus", in: ,,Neue Chronik" Nr. 37 (Beilage zur SüdostTagespost Graz vom 28. Juli 1956). Vgl. auch R. Wildhaber, Der Feiertagschristus als ikonographischer Ausdruck der Sonntagsheiligung, in: Zeitschrift für schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, Bd. 16 (1956), Heft l. S. Iff. (freundlicher Hinweis von K. Woisetschläger).
bei Mellweg, St. Egyd (um 1400)^^, in Bodesce in Oberkrain (Anfang 15. Jh.)^® und in Mauthen, Pfarr kirche St. Markus (1514)1". Dem Freskenzyklus in der Elisabethkirehe eignet kein geschlossenes, ikonographisches Programm, wie es romanische und noch frühgotische Bildausstattungen kennen. Bild reiht sich an Bild, wobei Hauptthemen christlicher Dogmatik an untergeordneten Stellen, im Verband mit den erzählenden Darstellungen der Heiligenlegenden angebracht sind. Dennoch schließt sich die Szenenfolge zu einem kulturgeschichtlichen Ganzen, das über die mystisch-religiöse Beherrschung des mittelalterlichen Lehens und Denkens in einem landschaftlich abgegrenzten, durch handwerkliche und gewerbliche Blüte be stimmten Raum eine deutliche Aussage vermittelt. Die in der Mitte des 14. Jahrhunderts entstandenen Fresken gehören noch der hohen Zeit des Oherzeiringer Silherherghaues an, der nach einer sagen umwobenen und legendenreichen Grubenkata.strophe zwischen 1361 und 1365 zum Untergang verurteilt war^'. W. Fi'odl, Die gotische WaiidmalcM'ei in Kärnten, Klagenfurt 1944, )S. 76. Abb. bei F. Stele, Monumenta Artis Slovenicae I, Ljubljana 1935, fig. 81. Abb. bei 0. Demus, Neu aufgedeckte Wandgemälde in Mauthen (Käi'iiten), in: ,,Donkmalpflege", Jg. 1933, S. 49, Abb. 51. F. Tremel, Das Ende des Silberbergbaues in Oberzeiring. .Blätter f. Heimatkunde, XXVTT, Graz 1953. S. 1 ff. Ahbiltl'mi(}snachweAs: Dr. Kodolitseh, Graz: Abb. 97; alle übrigen: Bundesdenkmalamt, Wien DAS ALTERSWERK DES KREMSER-SCHMIDT Von JosEP Zykan In der großen Kremser-Schmidt-Ausstellung, die 1951 in der Minoritenkirche in Stein an der Donau veranstaltet wurde, war es schon aus ausstellungstechnischen Gründen nicht möglich, das Lebenswerk des Künstlers in seinem chronologischen Ablauf darzustellen. Die Publikation der Österreichischen Staatsdruckereil hat jedoch bereits deutlich werden lassen, daß dem Alterswerk des Meisters eine besondere Bedeutung zukommt und daß der Ablauf seines Lebenswerkes keineswegs mit der Zeitentwicklung konform erfolgt. Im Sommer 1957 wurde nun in Ljubljana eine große Ausstellung aller jener Werke des KremserSchmidt gezeigt, welche sich in Slowenien befinden^- Dieser Bestand fällt seiner Entstehung nach gerade in jene Jahre, in denen Martin Johann Schmidt den Höhepunkt seines Lebens überschritten hatte und die Epoche seines Alterswerkes eigentlich begann. Eine fast ekstatische Note seiner Kunst war im Jahre 1769 festzustellen, als der Kremser-Schmidt die Altarblätter für die Minoritenkirche in Linz schuf. Der besondere Charakter dieser Schaffensperiode kommt in den Ölskizzen, die sich im Museum der Schönen Künste in Budapest befinden, noch weitaus stärker zum Ausdruck als in dem großartigen Bild mit der Darstellung des hl. Franziskus in der Minoritenkirche in Linz selbst. Die Farbe ist reiner Aus druck seelischer Vorgänge, das Visionäre ist der Kernpunkt der künstlerischen Schaffensvorgänge. Der Kremser-Schmidt wird in diesen Jahren nur von Franz Anton Maulpertsch übertroffen, dessen Erlebnisse heftiger und unmittelbarer sind. Die Arbeiten, die Martin Johann Schmidt in den nächsten Jahren für die heutige Franziskanerkirche in St. Pölten, für das ehemalige Dominikanerkloster in ^ Der Maler Martin Johann iSchmidt, genannt der ,,Kremser Schmidt" (1718—1801), hsg. von Dworschak, Feuchtmüller, Garzarolli-Thurnlackh, Zykan. Wien 1956. Diese ausgezeichnet aufgemachte erfolgreiche Ausstellung bot den Anlaß, mit dem folgenden Aufsatz eine Nachlese zu der 1956 bei der Österreichischen .Staatsdruckerei erschienenen repräsentativen Publilcation über J. M. Schmidt zu halten. Zur Ausstellung: Martin Joh. Schmidt ,,Kremserschmidt" 1718—1801, Dela v Sloveniji, Narodna Galerija v Ljubljani, 1957 (Karel Dobida, France Stele, Melita Stele). 0 Deuknialpflege
Velesovo in Krain (Abb. 100, 103), für die Pfarrkirche in Melk und schließlich für die alte Ordenskirche in Gornjigrad (Oberburg) in Krain (Abb. 105) ausführte, zeigen nun jene reiche Abwandlung eines Schaffens prozesses, wie er unmittelbar nach diesem Höhepunkt möglich war. Die allzu umfangreiche Tätigkeit in den Jahren um 1773 bringt es mit sich, daß damals schon die ersten Ermüdungserscheinungen auf treten. Bei vorsichtiger Abschätzung der Quantität der Arbeiten kann gesagt werden, daß Martin Johann Schmidt etwa im Jahre 1773 in jedem Monat drei große Bilder zustande brachte. Diese übergroße Frucht barkeit brachte natürlich ein Schwanken in der Qualität der einzelnen Leistungen mit sich. Es ist um so erstaunlicher, wenn die in die Jahre 1771—1773 fallenden Werke für Velesovo zeigen, wie KremserSchmidt mit vollen Registern seine ihm eigene Kunst beherrschte. Es ist vielleicht verfehlt, die einzelnen Motive nach ihrer Herkunft zu verfolgen; dies ist freilich möglich, führt aber jedoch zu keiner Einsicht in den eigentlichen Schaffensprozeß. Wir wissen, daß Martin Johann Schmidt ein Archiv von eigenen und fremden Entwürfen hatte, aus welchen er jederzeit entlehnen konnte. Das Großartige in dem nun beginnenden Alterswerk des Meisters ist der Umstand, daß er Erlebnisse zu reproduzieren, abzuändern und zu bereichern vermochte, die z. T. weit zurücklagen, und daß hiebei die künstlerische Qualität des Werkes noch gesteigert wurde. Freilich, um 1771 sind viele Konzeptionen noch immer relativ jung und neu. Um diese Zeit beginnt in starkem Ausmaß die Einführung genrehafter Szenen in die religiösen Gemälde, wie etwa die Gruppe der Mutter mit dem toten Kind in die Darstellung des hl. Vinzenz Ferrerius (Abb. 100). Es handelt sich hiebei jedoch meist gar nicht um neue Inventionen, sondern um Erlebnis fragmente, die einerseits in den genrehaften Zeichnungen der Jahre um 1750 ihr Material fanden, anderseits sich auf ein wachbleibendes Erlebnis, den frühen Tod seiner vier ersten Kinder, beziehen, das schon in seiner Seiten Stetten er Periode und noch in seinem späten Familienporträt 1791 einen Niederschlag gefunden hat. Das Motiv ,,Mutter mit ihrem toten Kind" kommt in der Entwurfsskizze noch nicht vor, die zeigt, wie Kremser-Schmidt an seiner Komposition gearbeitet hat (Abb. 102). Den rechten Vordergrund beherrscht dort eine Gruppe von Armen; der zu Boden gebeugte männliche Akt ist ein altes Versatzstück, das bereits bei früheren Johannes Nepomuk-Darstellungen vorkommt und auch später oft verwertet wird. Das Vorzeigen des toten Kindes ist ein Motiv, das wohl um 1771 in einem Bild des hl. Johannes Nepomuk für Vac in Ungarn und später in dem Mariahilfbild von Waizenkirchen, Oberösterreich, vorkommt (Abb. 99), dort sich aber bereits in stark veränderter ,,gealteter" Malweise zeigt. Wie sich die Malweise in den Jahren nach 1780 wandelt, ist besonders an einer Ölskizze in München zu sehen, welche die seit 1749 völlig fertige Komposition mit dem hl. Johannes Nepomuk als Wohltäter in der völlig neuen Maltechnik des Alterswerkes zeigt, wobei sich das eben besprochene Versatzstüok des gebeugten Männeraktes im Vordergrunde wieder findet (Abb. 108). Es beginnt in diesen Jahren als Alterserscheinung auch die starke Isolierung der einzelnen Figuren, wie etwa im Hochaltarbild von Velesovo, in der Darstellung der Verkündigung, einer Komposition, die wohl ursprünglich dem Kunstbereich Sebastiano Riccis entnommen war, in ihren vielen Varianten jedoch einem Stimmungsbereich persönlicher Art angehört. Die ekstatische Note des Franziskusbildes aus der Minoritenkirche in Linz findet eine schmerzliche Entsprechung in dem zwei Jahre später entstandenen Bild mit der Steinigung des Stephanus für Velesovo, ein Thema, das den Künstler nahezu bis an sein Lebensende begleitete und in dem Hochaltarblatt der Pfarrkirche in Biberbach mit dem eigenartig verklärten Kopf des Stephanus einen Höhepunkt persön licher Ausdruckskraft fand. Die in sich als Werk geschlossene Serie von sechs Bildern für Velesovo findet ein in der Qualität nicht ganz gleichwertiges Gegenstück in den Bildern für Gornjigrad. Die Entlehnung aus dem eigenen Repertoire von Nachtstücken, in denen eine verdeckte oder sichtbare Lichtquelle die SilhouettenWirkung hervorruft, ist eine Reminiszenz an die früheren Refektorienbilder für das Stift Seitenstetten und an ein Trogersches Vorbild, das dem Künstler unvergessen blieb. Auch ist um diese Zeit schon anzunehmen, daß Martin Johann Schmidt die Werke Joachim Sandrarts in der Stiftskirche in Lambach kannte. Besondere Qualität in dieser Reüie hat die Darstellung der ,,Auferstehung Christi" mit Vordergrundfiguren, die dem Vorlagenbestand des Künstlers entnommen sind (Abb. 105). Die besonders ansprechende Ölskizze zu dieser Komposition befindet sich im Joanneum in Graz (Abb. 104).
r il Oben: 09. M. J. Schmidt, Mariahilfbild, Ausschnitt. Waizenkirchen, Pfarrkirche Rechts oben: 100. M. J. Schmidt, hl. Vinzenz Ferrerius als Für bitter, Ausschnitt. Altarblatt, Velesovo, ehem. Klosterkirche '■■■•% , rM C m • % - -r'' 'o.^ Ii Rechts: 101. M. J. Schmidt, Pestbild, Ausschnitt. Krainburg (Kranj-Pungart), Filialkirche
102. M. J. Schmidt, Entwurf für das Altarblatt in Velesovo, hl. Vinzenz Ferrerius als Fürbitter. Wien Albertina 103. M. J. Schmidt, hl. Vinzenz Ferrerius als Fürbitter. Altarblatt, Velesovo, ehem. Klosterkirche
I 104. M. J. Schmidt, Entwurf für das Altarblatt in Gornjigrad (Oberburg), Auferstehung. Graz Joanneum 105. M. J. Schmidt, Auferstehung. Altarblatt, Gornjigrad (Oberbui'g), Pfarrkirche
106. M. J. Schmidt, Der Wahrsager. Ljubljana, Privatbesitz » -M ./ ■ - i ^ j ,w-•» «ä' - - -*■ ^ ji % - .TS 107. M. J. Schmidt, Der Raub der Sabineriniien. Ljubljana, Narodna Galerija
Sm-, :^£~z 108. M. J. Schmidt, Ölskizze, hl. Nepomuk, Almosen spendend. München, Bayer. Staatsgemäldesammlung 109. M. J. Schmidt, Kreuzigung. Seitenstetten, Stiftsgalerie Unerwartet ist jedoch das Erlebnis des Altarbildes aus Gornjigrad, in welchem der zum Himmel auffahrende Christus in einer ikonographisch sonst nicht vorkommenden Haltung, umgeben von rauchigen Tönen von Caput mortuum und Rosa, die Hauptfigur einer Komposition darstellt, die farbig nicht ihresgleichen hat. Es ist diese Epoche nur der Übergang zum Altersstil, der in den dunklen Bildern der Jahre 1790 bis 1800 seinen eigentlichen Höhepunkt erreichte®. Dabei muß vor allem an die stark reduzierten Bilder der letzten Jahre gedacht werden, in denen der Gegenstand oft nur in schwarzen und roten Tönen aus dem Dunkel herausgerissen ist und in wehmütiger Versonnenheit als die Vision eines alten Mannes erscheint, wie die ,,Himmelfahrt des Elias" in einem kleinen Bild im Pfarrhof vom Sonntagsberg. Das gleiche Phänomen der Auflösung geschlossener Malflächen beginnt auch z. B. in dem Gemälde mit der ,,Glorie der hl. Margarethe" in Dol bei Laibach, einem Gemälde, das 1774 entstand und seine großartige Vollendung später in einem Bild mit dem gleichen Gegenstand in der Kirche in Fels am Wagram (1786) fand. Für die Epoche zwischen 1770 und 1780 ist eben einerseits ein Vorgreifen auf spätere Formen wie auch anderseits eine retrospektive Haltung kennzeichnend, und es gibt Werke, bei denen diese beiden Phänomene gleichzeitig zutreffen. Die traumhaften Bilder der kleinen Kapelle des Grnber-Palais, die Martin Johann Schmidt an Ort und Stelle in die Kunstmarmorfelder auf geglätteten Gips malte, sind ein Beweis für diese Haltung (Abb. 110). Es lebt nochmals die zärtliche Note seiner Bilder um 1769 für Stift Seitenstetten und Göttweig auf und erfährt nun jene Sublimierung und Vollendung, die bei Martin Johann Schmidt immer eintrat, wenn der Auftraggeber als entsprechender Partner empfunden wurde. Bei den spätesten Werken verliert Martin Johann Schmidt freilich den Partner vollkommen, er malt die meisten Bilder für sich, die Relation zum Auftraggeber hört vollkommen auf. Es sind dies die kleinen ^ Siehe auch: Josef Zykan, Two oil sketches by Martin Johann Schmidt, The Kegister of the Museum of Art of the University of Kansas, Lawrence, January 1956.
meist schlecht erhaltenen Bilder, die Martin Johann Schmidt für Stiftsgalerien malte, die zerrissenen Kompositionen, in denen der Konnex zwischen den Gruppen nur sehr lose ist, wie etwa der ,,Sturm auf dem See Genesareth" in St. Peter in Salzburg oder die ,,Reue des Petrus" und ,,Raphael und Tobias" in Stift Göttweig, kleine biblische Szenen, welche als rein persönliche Betrachtungen angesprochen werden müssen. Dieses Phänomen ist besonders gut zu beobachten bei der großen Reihe von ,,Kreuzigungen", die in den zwei letzten Dezennien seines Lebens entstehen. So finden sich in den Räumen des Stiftes Seiten stetten kleine Kreuzigungsbilder, völlig subjektive Reflexionen, bei denen das persönliche Erlebnis deutlich abgelesen werden kann (Abb. 109). Daneben geht die künstlerische Beschäftigung mit Genrebildern und der Aktkomposition in einer erstaunlichen Fülle einher. Die Vorstellung, wie sie etwa Rembrandt im ,,Rattengiftverkäufer" hatte (ein Werk, das unserem Künstler bekannt war, wie wir aus dem Nachlaßverzeichnis wissen), regte viel leicht dazu an, genrehafte Berufsdarstellungen, wie ,,Der Katzendoktor", ,,Der Sensenschleifer" usw., zu schaffen. Auf der Ausstellung in Ljubljana waren zwei der schönsten solcher Genrebilder zu sehen, ,,Der Wahrsager" (Abb. 106) und ,,Der Zahnarzt", Bilder, die ihrer Herkunft nach einem holländisch französischen Milieu angehören und wie ,,Der Guckkastenmann" und andere Gegenstände eine volks tümliche Note haben. Reminiszenzen sind auch hier verwertet worden, insoferne als viele Figuren Versatzstücke aus eigenen Skizzen des Künstlers sind. Als Träumereien der späten Jahre müssen jene Aktkompositionen betrachtet werden, welche — wie das ,,Bad der Diana" und das ,,Faß der Danaiden" (beide Bilder in der Narodna Galerija in Ljubljana) — in erster Linie für eine graphische Ausführung durch seinen Sohn, als Übungsstücke für denselben, gedacht waren, die aber ebenso wie das ,,Große Bacchanale" im Germanischen Museum in Nürnberg als Kunstwerke für sich bestehen können. Die in Triest gefundenen, an Rubens erinnernden Kompositionen gehören ebenfalls dieser Epoche an*. Zwischen 1781 und 1785 entstehen auch jene vielfigurigen Kompositionen mit heftiger Bewegung, bei denen der Gegenstand kaum aus dem Dunkel hervortritt, wie der ,,Bethlehemitische Kindermord" (Joanneum in Graz), zu welcher Gattung auch der ,,Raub der Sabinerinnen" in der Narodna Galerija in Ljubljana gehört (Abb. 107). Es wäre überaus reizvoll, wenn gerade jene Bilder, in welchen sich das Greisenhafte zeigt und eine Skala von Resignation und Ermüdung einerseits, flammender Expressionismus andererseits (wie in der Ölskizze für das Brünner Bild der Enthauptung der hl. Barbara) sich ausdrückt, unmittelbar neben einander gestellt werden können. Wir würden das Alterswerk des Künstlers ganz anders verstehen und nicht bloß als Ausklang oder Abstieg betrachten. ■* Decio Gioseffi, Quattro Kremser Schmidt dal Museo Sartorio di Trieste, Emporium, Mai 1954. Abbildungsnachweis: Bundesdenkmalamt, Wien: Abb. 99, 109; Narodna Galerija, Ljubljana; Abb. 100, 101, 103, 105, 106, 107, 110; .Joanneum. Graz: Abb. 104; Bayerische .Staatsgemäldesammlungen, München: Abb. 108; Albertina, Wien: Abb. 102. w ...M
BERICHTE DENKMALPFLEGE IN TIROL IM JAHRE 1956 Die Arbeit der Denkmalpflege ist in den einzelnen Teilen Europas sehr verschieden. In den romanischen Ländern, die viel melir Zeugen ihrer alten Geschichte und Kultur besitzen als wir, konzentriert man sich auf die I]rhaltung und Pflege einzelner besonders bedeutender Objekte und läßt weniger wertvolle Denkmäler so gut wie unbeachtet. Bei uns ist die Einstellung ganz anders und die Arbeit auf breiteste Basis gestellt, die auch dem kleinsten Bildstock ihre Fürsorge angedeihen läßt. Naturgemäß ergibt sich daraus eine Unmenge von Kleinarbeit, mit der nicht viel Staat zu machen ist und die ihre Früchte erst nach jahrelanger zäher Verfolgung eines Zieles trägt. Das Bestreben, einem ganzen Lande seine charakteristischen Feinheiten zu erhalten und sie möglichst in Erscheinung treten zu lassen, ist für ein Amt mit geringen Geldmitteln und unzulänglichen gesetzlichen Bestimmungen fast Vermessenheit. Doch wenn es da und dort gelingt, eine Hausbemalung, eine Kirche oder Kapelle, eine Burgruine oder auch nur einen Bildstock zu erhalten oder in alter Schönheit wiederherzustellen, so steht wieder ein Mahner mehr im Lande, der von alter Kultur kündet und an die damit ver bundene Verpflichtung der Lebenden erinnert. Außer diesen kleinen und kleinsten denkmalpflegerischen Unternehmungen sind im abgelaufenen Jahr aber auch einige große und kunst geschichtlich bemerkenswerte Restaurierungen begonnen und durchgeführt worden. Im kulturellen Zentrimi des Landes, der Hauptstadt Inns bruck, sind die Instandsetzungsarbeiten an den großen Kirchen mit der glücklich vollendeten Außenrestaurierung der Wiltener Pfarrkirche abgeschlossen. Der schöne Barockbau erhebt sich nun in seiner hellen, stilgerechten Färbung edel aus der ihn umgebenden Wüstenei. Leider wurde bei der Neuanlage der westwärts vorbeiführenden Straße trotz der Hinweise des Denkmalamtes nicht darauf Bedacht genommen, vor der beherrschenden Fassade die Möglichkeit zur architektonischen Gestaltung eines weiträumigen Platzes zu schaffen. Rücksichtslos wurde durch die Aufschüttung der Straße jede großzügige städtebauliche Lösung unmöglich gemacht. Ein kleines Abbild der großartigen Wiltener Kirche ist die Kapelle in Mentlberg, ebenfalls von Günther ausgemalt und mit ebenso qualitätvollem Stuck geziert. Durch zweck widrige Verwendung im Kriege hatte dieses barocke Juwel sehr gelitten. Heuer konnte das Innere instand gesetzt werden. Nur der Hochaltar bedarf noch der Restaurierung, während die Neuaufstellung der originellen Siebenschläfergruppe schon in Arbeit ist. Wie jede öffentliche Tätigkeit ist auch die Arbeit des Denkmalamtes der Kritik ausgesetzt. Dem einen ist manches zu modern, ja sogar ,,umstürzlerisch", der andere wiederum hat kein Verständnis für die strenge Konservierung. Ja man scheut sich nicht, mit dem Schlagwort ,,Kirchenmuseen" gegen altehrwürdiges Kulturgut zu Felde zu ziehen. Es ist deshalb sehr willkommen, gerade jetzt darauf hinweisen zu können, daß es zwar Aufgabe des Konservators ist, wertvolles Altes zu schützen und zu bewahren, daß es aber auch durchaus möglich ist, den Bau einer früheren Stilepoche mit Kunst werken der Gegenwart zu verbinden. Ein derartiges Beispiel bietet die Pfarrkirche von Mühlau, ein barocker Bau mit einheitlicher Ausmalung des Innsbrucker Malers J. Strickner, aber mit reizlosen neu romanischen Altären ausgestattet. Der Initiative des Pfarrers ist es gelungen, seine Gemeinde zur Anschaffung eines modernen, künstlerisch hochwertigen Schnitzaltars zu ver anlassen. Diesen Altar schuf Franz Staud, der von Anfang an die Verbindung mit dem Denkmalamt suchte und dem es gelungen ist, durch den lebhaften Wechsel von Licht und Schatten an das Wesen des Barocks anzuknüpfen und trotzdem ein durchaus modernes Werk zu schaffen. Zugleich wurde die Restaurierung der Gewölbemalerei und die Neuausmalung des Presbyteriums durchgeführt. Es besteht Aussicht, daß auch die beiden Seitenaltäre zeitgemäßen Schöpfungen weichen werden. Ein zweiter, wenn auch völlig unproblematischer Fall ist die Kirche der Karmelitinnen in Innsbruck, nach Kriegs zerstörungen zum Teil neu aufgebaut, mit kläglicher Aus stattung. Um ein Restaurierungsprogramm gebeten, hat das Denkmalamt zu einer modernen Neugestaltung geraten, die nach Plänen Prof. Holzmeisters ausgeführt wurde. Aus der häßlichen, nüchternen Kirche ist ein vornehm-schlichtes Heiligtum voll frommer Stimmung geworden. Hat das Denkmalamt auf der einen Seite Vorwürfe wegen seiner pflichtgemäßen konservativen Haltung zu gewärtigen, so hat es in einem anderen Falle wegen zu moderner Ein stellung und ,,Entrümpelung" Schmähbriefe erhalten: Die Restaurierung der Hofkirche hat mit verschiedenen, äußerst kostspieligen Arbeiten am vergoldeten Metallzierat der Altäre und mit der Wiederanbringung des restaurierten Hochaltar blattes den wesentlichen Abschluß gefunden. Sollte die teure und mühevolle Restaurierungsarbeit nicht umsonst sein, so mußte man auf die Aufstellung der verschiedenen Festkulissen am Hochaltar (Advent, Weihnachtskrippe, Passion) ver zichten. Dieser Verzicht auf gewiß stimmungsvolle Bräuche flel leichter, als geeignete Arbeitskräfte zur Aufstellung mangelten und die Kulissen selbst dringend einer Restau rierung bedürfen. Vor allem wird es nötig sein, moderne Montagemöglichkeiten zu schaffen, die eine Aufstellung erlauben, die weder besondere Arbeitskräfte erfordert noch zu einer neuerlichen Beschädigung des Altars führen kami. Vielleicht hat aber die würdige Neugestaltung des Antonius altars — selbstverständlich unter Verwendung des alten barocken Rahmens und in der alten Form — mit dem Modernismus des Denkmalamtes ausgesöhnt. Die Arbeit an den profanen Denkmälern in Innsbruck war vielfältig. Neben der Behandlung von Geschäftsumbauten und Reklamen an wertvollen alten Bauten war es auch nötig, bei der Erstellung von Neubauten in der Altstadt mitzuwirken, wo sich wieder einige Bombenlücken schlössen. Sehr gelmigen erscheint uns die Einfügmig des großen Hauses an der Ecke rieben dem Goldenen Dachl, das die alten Steinportale wieder verwendet und glücklich den Erfordernissen unserer Zeit 10 Denkmalpflege
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