Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

Noch unfreundlicher wiikte das langgestreckte, in der Breite des Mittelschiffes gehaltene, doch erheblich niedrigere Presbyterium. Die Rippen fehlen; an ihrer Stelle trug das Gewölbe unansehnlich gewordene barocke Fresken^®. Der fensterlose Chorschluß mit dem 1833 aufgestellten, klassi zistischen Hochaltar bildete, zufolge seiner Formen- und Farbenarmut, einen krassen Gegensatz zu dem wuchernden Formenreichtum im Laienraum^'. Der zuständige Pfarrherr, Prior des nordseitig an die Kirche angebauten Servitenklosters^®, seine Mitbrüder und die Pfarrkirchenräte waren sich einig, daß im Restaurierungs programm außer den üblichen Arbeiten, wie die Trocken legung nassen Mauerwerks^®, die Wiederherstellung der ursprünglichen Polychromie, die Abnahme der störenden Wandbilder, das Wiederöffnen der Tür im nördlichen Seiten schiff, auch Maßnahmen zur Verbesserung der Raumwirkung im Presbyterium enthalten sein müssen. Im Presbyterium sollte das vermauerte Fenster der südseitigen Chorschräge wieder geöffnet werden und — soferne die Geldmittel ausreichen — der spätbarocke Schmerzensaltar an die Stelle des in dumpfen Farben gehaltenen klassizistischen Hochaltars treten-®. Erwartungsgemäß brachte die Freilegung manche Erkennt nisse: unter vier Tünchen kam die auf den Zusammenklang von Gelb und Grau abgestimmte Originalfassung zutage; die Pfeiler zeigten werkstückweise, die Dienste in Diagonalstreifen, abwechselnd beide Farben {Abb. 194, 195, 196). Triumphbogen, Dienste, das engmaschige Gitterwerk der Rippen an den trichterartigen Gewölbeansätzen sind, ebenso wie die die Schluß steine ersetzenden Dekorationen der Gewölbemitte, aus rotem Laaser-Sandstein gebildet^^; das Rippen werk aber besteht nicht, wie in der Literatur bisher immer angenommen wurde, aus Stuck, sondern aus Kunststein und ist werkstückweise versetztworden. An den südseitigen Pfeilern trugen zahlreiche Stellen Putz, der ein Bruchsteinmauerwerk verdeckte und durch eine rote Schlemme dem Sandstein angeglichen war; daraus geht eindeutig hervor, daß die Pfeiler schon dem durch den Bischof von Caorle geweihten Bau angehörten. An der Südwand kamen in Höhe des waagrecht verlaufenden Mauer vorsprungs, und der stark vorkragenden Konsolen an den Pfeilern, Trambalkenlöcher zum Vorschein, die den letzten Während die vierjochige Halle eine Höhe von 15,5 m aufweist, erreicht das zweijochige, in üblicher Weise polygonal geschlossene Presbyterium nur eine Höhe von 13 rn; es dürfte niemals ein Firtalerisches Rippenwerk besessen haben. Noch heute vorhandene Spolien lassen auf einen zwar reichen, doch zu den stark gekehlten Diensten passenden Gewölbeschmuck schließen. — Die Malereien bezeichnet Speneder (a. a. 0.) irrtümlich als der Mitte des 19. Jhdts. angehörig. " Der bisher als eine Arbeit aus der Mitte des 19. Jhdts. bezeichnete Altaraufsatz (vergl. Speneder a. a. O.) stammt laut Meisterinschrift von Franz Stauder aus Sexten in Tirol. Die Gründung des Klosters erfolgte 1710; mit dem Bau wurde erst Jahrzehnte später begonnen. Nach Vollendung eines einzigen Traktes kamen die Arbeiten zum Stillstand. Selbst dieser Trakt ist ein Torso, da er im ersten Weltkrieg schwere Treffer erhielt. Damals nahm auch die Kirche Schaden. Zum Anlegen eines Trockengrabens fehlte das Geld. Man behalf sich durch das Austrocknen der innenseitigen Wände und das Vorblenden einer Isolierschicht aus Glaswollgewebe mit Bitumen und einem verzinkten Drahtgeflecht als Putzträger. Der überaus reiche, im linken Seitenschiff stehende Schmerzensaltar ist von einem Künstler des Servitenordens 1752 geschaffen worden. Der Stein, aus einem Bruch im benachbarten Laas gewonnen, ist ein von B. Firtaler bevorzugtes Material. Zweifelaneinemvor-Firtalerischen Emporenbau ausschließen^®. Besonders vorsichtig, doch ohne nennenswerten Erfolg, wurden die Relikte des älteren Baues untersucht: sie waren durchwegs aus rotem Sandstein®®. Wider Erwarten jedoch ließ sich an den Arkaden der Sängerempore unter der oft nur noch in Spuren erhaltenen gelbgrauen Farbschichte eindeutig die ältere, auf den Wechsel von roten und weißen Werksteinen aufgebaute Polychromie feststellen. Damit ist auch der Nach weis für die Zugehörigkeit der Empore zu dem 1485 geweihten Bau erbracht®^. Als besonders lohnend erwies sich feimer die Freilegung des Fensters in der südseitigen Chorschräge, dessen reiches Maß werk vorzüglich erhalten ans Licht kam®®. Das Fenster erhellt nicht nur den bisher mangelhaft beleuchteten Altarraum, es läßt ihn durch seine betonte Vertikale schmäler und höher erscheinen. Bei der Abnahme des Putzes fand man die untere Fensterhälfte durch große Steine verschlossen, in denen vier Schießscharten angebracht waren. In der nordseitigen Chor schräge entdeckte man an Stelle des Fensters ein, dessen Fläche einnehmendes, 1499 datiertes Fresko des Lienzer Malers Nikolaus Kentner®®, das Prof. Franz Walliser unter Assistenz von akad. Maler Peisar freilegte und restaurierte (Abb. 198). Ein Maler gleichen Namens ist durch das 1452 datierte Ge mälde der Apsiswölbung in der Kapelle von Schloß Bruck bei Lienz bekannt®^. Dieses Fresko ist nach Frodl ,,in seiner Er scheinung so sehr der Kärntner Art verpflichtet, daß die An nahme, es handle sich beim Malernamen Kentner um eine falsche Wiedergabe des Namens ,Kärntner', die dem Simon von Taisten als dem Erneuerer des Freskos und der Inschrift zuzuschreiben wäre, in den Bereich der Möglichkeit gerückt wird"®®. Vom Kötschacher Wandbild läßt sich das keinesfalls behaupten; vor allem die Gesichter der annähernd achtzig Gestalten verraten den Tiroler®®. Einzig die reiche blumige ®® In gleicher Höhe wie die Balkenlöcher befinden sich auch die erwähnten Konsolen an der südseitigen Pfeilerreihe. An der Nordseite, die keine Schadenstelle aufwies, mußte wegen Geldmangels die Untersuchung unterbleiben. Doch ist aus den Ansätzen an den Pfeilern zu ersehen, daß die Empore hier nur ein Joch über die heutige Sängerempore nach Osten gereicht haben dürfte. ®® Spuren weißer Tünche konnten von einer späteren Färbelung der Kirche herrühren. P. Ortner a. a. O. hat angenommen, daß hier die Kirche geendet hat. Die Gewölberippen der Sängerempore bestehen aus Tuff, die Gurten aus Laaser Stein. Mit Ausnahme des durch den Hochaltar verdeckten Fensters im Chorschluß besitzt kein weiteres Kirchenfenster mehr ein Maßwerk. ®® Der genaue Text der am unteren Bildrand angebrachten Inschrift lautet: HOC OPUS CONSTRUERE ET CONPINGERE PROCURAVIT SAGAX VIR SIGISMUNDUS DE MUTA (Mauthen), FILIUS PETRI FABRI . . . AGATHA DOROTHEIA MUTERNA UXORIBUS OB REVERENTIAS SANCTE ET INDIVIDUE TRINITATIS NEC NON VIRGINIS MARIE. ANNO DOMINI 1499 COMPLETUM VERO IN VIGILIA S. BARTHOLOMEI APOSTOLI PER NICOLAM KENTNER PICTOREM DE LUENZ. ®' Die ungewöhnlich reiche und gut erhaltene freskale Ausstattung der Kapelle stammt von Simon von Taisten, der auch das Gnadenstuhlbild Kentners renoviert hat. ®® Walter Frodl, Die gotische Wandmalerei in Kärnten, Klagenfürt 1944, S. 42. ®® Der verschwenderisch ausgebreitete Perlenbesatz aji Kronen und Gewändern, am Räucherfaß und auf der Bett decke Mariens weist sogar auf die Brixener Schule; wir finden diesen Schmuck auch in den 1947 freigelegten Fresken in der Franziskanerkirche zu Lienz. 20 üenkumlpnege

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