Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

; 185. Stift St. Lambrecht, Kelch von Kanischbauer, Fuß S. Maria Loreto am Hradschin in Prag herstellte, ebenso auch zu dem Pazifikale in der Geistlichen Schatzkammer in Wien vom Jahre 1726^. Überhaupt gehört es zur Gewohnheit des Goldschmieds, sich von Bildhauern die Entwürfe für seine Arbeiten anfertigen zu lassen®. Unter solchen Umständen taucht die Frage auf, ob sich die Beziehungen der beiden Meister nicht auch auf den St. Larnbrochter Kelch auswirkten. Es ist vor allem festzu halten, daß sich der Grazer Bildhauersohn sozusagen von Haus aus mit plastischen Arbeiten befaßte, die er entweder selbst ausführte oder anderen zur Ausführung übertrug. Typisch für diese Art Fischers ist der Mariazeller Hochaltar, den er nur entwarf und dessen bildhauerische Arbeiten er verschiedenen Meistern übertrug. Wie weit sich diese an die Entwürfe hielten, läßt sich leider nicht mehr genau erkunden, da die in Silber ausgeführten Statuen nicht mehr erhalten sind. Es läßt sich aber an Hand der Originalzeichnung Fischers für den Altar feststellen, daß die Holzfiguren der Himmels glorie über dem Hauptgesims dem Entwurf entsprechend angefertigt wurden®, so daß man sie als Werke Fischers ansprechen kann. Jedenfalls aber wird sich zu kritischen ^ Thieme-Becker, a. a. 0. — H. Tietze, Beiträge zui- Ge schichte der österreichischen Barockarchitektur, in: Kunst und Kunsthandwerk, 21, 1918, S. 402ff. mit Abb. 12, 13. — M. Dreger (Zu Kanischbauer und der Barockplastik in Öster reich, ebd. 18, 1915, S. 521 If.) und H. Sedlmayr, Fischer von Erlach der Ältere (München 1925), S. 73, lehnen diese Zu weisung an Fischer allerdings ab. J. Schmidt, J. B. Fischer von Erlach als Bildhauer (Belvedere, 13, 1938/39, 8.7), nimmt dazu keine Stellung, erwähnt sie auch nicht als Werke Fischers, was eher einer Zustimmung gleichzukommen scheint. Wesent lich ist diese Frage für uns nicht, aber im umgekehrten Falle, daß der Entwurf zum Kelche Kanischbauers von Fischer stammte, könnte die Anschauung Tietzes gestützt werden. ® Z. B. Klosterneuburger Schleiermonstranz; ThiemeBecker, a. a. O. ® Vgl. die Gegenüberstellung des Entwurfes und des jetzigen Zustandes dieses Altars bei M. Dreger, a. a. O., ebenso auch bei H. Sedlmayr oder bei Wonisch wie Anm. 2. Vergleichen besser ein Objekt eignen, an dem man die Hand des Meisters selbst kennenlernen kann; die Plastiken der Pestsäule am Graben in Wien bieten hiezu die einzige Mög lichkeit. J. Schmidt hat in seiner oben genannten Arbeit eine Anzahl Kriterien herausgearbeitet, die nicht ohne Erfolg auch auf den Kelch Kanischbauers angewendet werden können. Es ist da zunächst ein geistiger Zusammenhang zwischen Pestsäule und Kelchreliefs vorhanden, der vielleicht — wie bei ersterer — durch den Jesuiten P. Franz Menegatti ver mittelt worden ist. E. Tietze-Conrath .spricht von einem theo logischen Programm'^, das allerdings nur drei parallele Szenen (Passahmahl, Letztes Abendmahl und Pfingstfest) umfaßt. Man könnte wohl meinen, daß Fischer unter demselben Ein fluß stand, als er die Szenen für die Pestsäule und den Kelch auswählte. Unter den übrigen Kriterien erwähne ich besonders die flächenhaften, ,,fast zeichnerischen" Partien im Gegen satz zu den kräftig modellierten Gestalten, die im Vorder grund derselben Szenen so deutlich herausgehoben sind, daß man sie zum Teil fast anfassen kann®. Diese kräftige Modellierung tritt wohl in den Reliefs auf den Fußwölbungen und am Cuppakorb in Erscheinung (Abb. 186), weniger aber an den sehr flach gehaltenen Appliken des Fußes (Abb. 185), die mehr an die Arbeit des Medailleurs erinnern, als der sich Fischer ja auch betätigte®. Obgleich diese Darstellungen von länglichen Kartuschen umgeben sind, spürt man doch das Rundliche der Medaillenkunst heraus. Bei einzelnen dieser Darstellungen treten überdies Elemente auf, die sich auch sonst im Werke Fischers feststellen lassen: so etwa in der Verklärungsszene, die mit ihrer zeichnerischen Feinheit der Erscheinung in der Luft an die Begegnung des Engels mit Gottvater im Pestbild am Wiener Denkmal erinnert; ' Die Pestsäule am Graben in Wien, S. 12. ® Schmidt, a. a. O., S. 3. ® Fr. Dworschak, Der Medailleur J. B. Fischer von Erlach, im Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen, 1934, S. 234 ff.

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