Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

11. Jahrhundert erlosch, kann das Entstehungsdatum der Krakauer Salvatorkirche auf dieses oder das vorangegangene Jahrhundert angesetzt werden. Einer früheren Datierung steht die im frühen Mittel alter herrschende geschichtliche Situation Kleinpolens im Wege; die obere Zeitgrenze aber erhärtet der terminus ante quem in Gestalt von Quellennotizen des K^rakauer Kapitels: 1148 dedicatio ecdesiae sancti Salvatoris^, eine Bemerkung, die sich auf den durch die Kirchenmauern bis zum heutigen Tage bezeugten romanischen Umbau bezieht. Im Arkadenhof des Krakauer Wawelschlosses stieß man im Jahre 1949 auf Reste bisher unbekannter vorromanischer Bauten® (Abb. 106 c). Die erhalten gebliebenen Fundamente bilden den Grundriß eines vierseitigen Baus, zu dem ein kleiner, enger Gang führt. Da das Innere durch einen Abbau des felsigen Untergrunds vertieft wurde, mußte der Unterschied im Verhältnis zum ursprünglichen äußeren Niveau durch eine Reihe von Stufen ausgeglichen werden. Die obere Zeitgrenze bildet der Münzenfund aus der Ära Boleslaw des Kühnen (Ende des 11. Jhs.). Die Ausführungstechnik der aus Bruchsteinen errichteten Mauer, dem WawelerTetrakonchos nahe verwandt', berechtigt uns zur Annahme eines ähnlichen Datums, das im Wege einer Diskussion auch allgemein angenommen wurde, d. h. ungefähr das Ende des 10. Jhs. Außer der allgemeinen Feststellung, daß der vierseitige Bau ein weltliches Gepräge aufweist, konnte seine Bestimmung bisher nicht geklärt werden. Während die vereinzelten Forschungen auf der Wawel-Anhöhe, die das erste Stadium eines lang jährigen Arbeitsplanes bilden, bislang nicht imstande waren, die Zusammenhänge der bisher ausgeson derten Elemente der ältesten Bebauung zu erfassen, ist dieses Ziel in Teschen (Cieszyn) erreicht worden. Die auf dem Schloßberg angestellten Untersuchungen haben einen Bestand aufgedeckt, zu dem die aus der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts stammende Rotunde gehört® (Abb. 106e). Diese Kapelle, in der die 1940/41 durchgeführten Forschungen die Überbleibsel einer auf Säulen gestützten Empore zutage gebracht haben®, war, wie sich herausgestellt hatte, der einzige Steinbau unter den hölzernen Wohn häusern gewesen. Viel neues und wichtiges Material haben uns die Forschungsarbeiten in Großpolen, der Wiege des polnischen Staates, geliefert. Nicht klar deutbar ist das Gemenge der Überbleibsel von Bauten, die unter dem Niveau der gegenwärtigen, im Jahre 1945 durch Brand zerstörten Kathedrale von Posen (Poznah)i" entdeckt wurden (Abb. 106 i). Von der Wende vom 10. zum 11. Jahrhundert stammt, wie aus der Stratigraphie ersichtlich, eine Fülle von Resten aus verschiedenen, aufeinander geschichteten oder neben einander errichteten Gebäuden, die von einer großen Intensivierung des Bauprozesses zeugen. Wahr nehmbar ist die Ersetzung der frisch ausgeführten und den veränderten Bedürfnissen nicht mehr ent sprechenden Gebäude durch neue Bauten. Bei diesen Relikten scheint es sich ohne Ausnahme um Spuren von sakralen Gebäuden zu handeln. Zum ältesten Bestand gehört der Bau eines runden Beckens von etwa 4 m Durchmesser, gemauert mit Kalkmörtel. Dieses Bassin wurde von einem auf Holzpfosten ruhenden Dach überdeckt; die Pfostenlöcher sind erhalten geblieben. Zweifellos konnte es sich hier nur um eine riesige Piscine, im Zusammenhang mit der ersten Periode der Christianisierung, handeln. Aus den un deutbaren Rückständen der späteren Bebauung lassen sich nur Bruchstücke des Grundrisses der äußeren Umfassungsmauern eines — wie nach den Maßen zu entnehmen ist — dreischiff igen Gebäudes feststellen. Es sind dies die Überbleibsel der ältesten Kathedralkirche zu Poznan. Dieses dreischiffige Gebäude hatte ein ausgebautes Westwerk mit Empore. Die früher versuchte phantastische Rekonstruktion der ver meintlichen Grabeskirche Mieszkos I. von Z. Kepihski hat sich als nicht stichhaltig erwiesen^^. ^ Monumenta Poloniae Historica (ed. seit 1864) II, 798. ® A. 2aki, Nowo odkryte ruiny budowli przedromanskiej na Wavvelu: Studia do dziejöw Wawelu 1, 1955, 71—III. ' Der Krakauer Tetrakonchos ist meist in der unzulänglichen Maßaufnahme bei J. Strzygowski, Altslawische Kunst, Augsburg 1929, Abb. 74—76, bekannt. Genaue Maßaufnahmen bei A. iSzyszko-Bohusz, Rotunda .sw. Feliksa i Adaukta (N. P. Marii) na Wawelu: Rocznik Krakowski 18, 1918. ® Vgl. A. Kietlihska, Sprawozdanie z prac wykopaliskowych na görze zamkowej w Cieszynie (1949): Materialy Wczesno- .sredniowieczne 1, 1951, 59—71. ® Vgl. G. Raschke, Ausgrabungen an der frühromanischen Burgkapelle von Teschen: Mitteilungen des Schlesischen Altertums vereins, Breslau 1941, 146. — Z. Swiechowski, s. o. Anm. 3 (Architektura . . .), 38—39. Einen Bericht über die Entdeckungen in der Posener Kathedrale mit Maßaufnahmen und photographischer Dokumentation enthält der Aufsatz von K. Jözefowiczöwna und Z. Kepihski, Grobowiec Mieszka Pierwszego i najstarsze budowle grodu poznahskiego: Przegifvd Zachodni 8, 1952, 370—397. 11 Vgl. K. Jözefowiczöwna und Z. Kepihski, s. o. Anm. 10. Berichtigungen dazu bei K. Jözefowiczöwna, Pierwsza katedra Poznaüska, kwartalnik Architektury i Urbanistyki 1, 1956, 186—191.

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