Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

und der Abdruck des Quellenmaterials. Als Krönung der Arbeit schließlich die Wiederentdeckung der verschollen gewesenen Tafeln des Feldkircher Annenaltars, über die Heinzle auch an anderen Stellen berichtet hat. Mit der muster gültigen Zusammenstellung des Materials, dem präzise gearbeiteten, 176 Nummern umfassenden Katalogteil hat der Verfasser einen wertvollen Beitrag zum Thema geleistet, dessen Wert durch die wohltuend distanzierte Darstellung im einleitenden Kapitel noch erhöht wird. 92 Abbildungen und eine Farbtafel. W. Frodl Ludwig Welti, Graf Jakob Hannibal I. von Hohenems, 1530—1587. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 1954. Der erfolgreiche Forscher Hohenemser Sippen- und Herr schaftsgeschichte, Archivrat im Vorarlberger Landesmuseum in Bregenz, Ludwig Welti, hat uns, nachdem er in einer kleineren Monographie (..Merk Sittich und Wolf Dietrich von Ems'', Dornbirn 1952) schon früher den Großeltern und Eltern ein literarisches Denkmal setzte, nun auch die markanteste Gestalt dieser Sippe, Graf Jakob Hannibal I., jetzt vor Augen geführt. Als reiches Ergebnis eingehender Quellenstudien im Schloßarchiv zu Hohenems, rollt der Verfasser ein Charakterund Zeitbild vor uns auf, wie es in der neueren österreichischen Geschichtsliteratur an Lebendigkeit und erschöpfender Gründ lichkeit kaum ein Gegenbeispiel hat. Der Mittelpunkt der breit dahinfließenden Geschehnisse, Jakob Hannibal I., ist in seinen Tugenden und menschlichen Schwächen durchaus ein Kind seiner Zeit, der vielumstrittene Menschentyp zwischen Kenaissance und Barock. Durch günstige Familienverbin dungen emporgehoben (seine Mutter ist eine Medici, sein Onkel Gian Angelo Medici, der spätere Papst Pius IV., sein älterer Bruder Marcus Sitticus und sein Schwager Carlo Borromeo, sind Kardinäle am päpstlichen Hof, er selbst Günstling des Spanienkönigs Philipp II.), spielt er eine ge schichtliche Rolle, die ihn weit über die Grenzen seiner Heimat hei'aushebt. Um ihn herum aber brodelt es im Hexenkessel der Zeitgeschichte. Hemmungslose Rivalität zwischen den Papstnepoten, Verrat, Simonie und Heiratsskandal am päpstlichen Hof, erbittert geführte Erbstreite unter den Adelsfamilien, Unruhen unter dem Volk und beklagenswerter Tiefstand des Klerus und im Hintergrund die grausam geführten Eroberungs kriege Philipps II. in Flandern und Brabant, als eigentliches Betätigungsfeld Jakob Hannibals. Vom Standpunkt der Kunst und Denkmalpflege gesehen, interessieren uns vor allem in dem Buche Weltis die kunst geschichtlichen Einzelheiten. Während seiner Feldzüge in den an Kunstschätzen so reichen Niederlanden entwickelte sich der rauhe Haudegen Jakob Hannibal sehr bald zum Kunst liebhaber und fanatischen Sammler, nicht zuletzt von per sönlichem Ehrgeiz angetrieben. Seine an die Gattin, Hortensia Borromea, aus dem Felde gesandten Briefe bieten uns auch in dieser Hinsicht reichliche Nachrichten. Das zur Verherrlichung seiner afrikanischen Expedition für die Benediktinerabtei Mehrerau gestiftete Glasgemälde ist zufolge bedauerlichen Unverständnisses 1818 vom Stifte zu einem Spottpreis verkauft worden. Zur Erinnerung an seinen gegen den Prinzen von Oranien errungenen Sieg zu Antwerpen, ließ er durch den Antwerpener Medailleur J. Jonghelink goldene und silberne Erinnerungsmedaillen mit seinem Bilde prägen, die schon zu seiner Lebenszeit sehr gesucht waren. Leider ist die aus 32 Einzelblättern bestandene Aquarellbildserie über seine Feldzüge, die einst die Wände des Palastes in Ems schmückte, heute verschollen. Erhalten geblieben ist in der Hohenemser Ahnengalerie ein kultur- und familiengeschichtlich inter essantes Gemälde, die ,,Festtafel" genannt, auf der der Ant werpener Hofmaler Anthony Boys, von dessen Hand auch die Ambraser Porträtsammlung Gemälde besitzt, 56 Personen aus dem Familien- und Bekanntenkreis Jakob Hannibals in zeitgenössischer Tracht und halber Lebensgröße verewigte. Man könnte den Maler A. Boys auf Grund dieses Gemäldes und anderer ähnlicher Werke seiner Hand als einen frühen (1578) Vorgänger des theresianischen Repräsentationsmalers Martin Meytens ansprechen. Als Bauherr war Jakob Hannibals Augenmerk vor allem auf den Ausbau seines Schlosses und auf den Neubau der Kirche in Hohenems gerichtet. Der führende Baumeister beim Schloßbau wie auch bei den Umgestaltungsarbeiten des noch mittel alterlichen baufälligen Schlosses Altems, war der Oberitaliener Martino Longo, dessen datierte Baupläne im Schloßarchiv zu Hohenems erhalten sind. In den Briefen, die Jakob Hannibal an seine Frau Hortensia und seinen Verwalter Holl von seinen Feldzügen nach Ems sandte, wird auch die oft bewunderte Kassettendecke im Rittersaal des Schlosses Ems erwähnt, als deren Meister der aus vielen anderen Arbeiten in Vorarlberg bekannte Lindauer Bildhauer Esaias Gruber genannt wird. Schwieriger ist die Identifizierung der in den Baurechnungen stets nur mit dem Vornamen genannten Maler- und Vergolder meister, unter denen Welti auch die Mitwirkung des durch Erwin Poeschel uns näher bekannt gewordenen Feldkircher Malers Moritz Frosch annimmt. Im Zuge der Bauarbeiten in Ems erhalten wir auch über eine 1570 von Meister Rochus de Zavosina durchgeführte Restaurierung und Neueinrichtuiig der Schattenburg in Feldkirch Nachricht. Auch im Zusammenhang mit dem Neubau der Hohenemser Pfarrkirche verdanken wir Welti viel Unbekanntes, neue Meisternamen ebenso wie Richtigstellungen von irrtümlichen Daten. An Stelle einer von Ulrich von Ems noch im 14. Jahr hundert erbauten kleinen Kapelle ist in den Jahren 1576—1580 die heutige Pfarrkirche erstanden und wurde 1581 geweiht. Als Baumeister und als Meister des Sakramentshäuschens der Kirche wird in der Turmknaufurkunde des 1820 abgebrochenen alten Kircheiiturmes der Lindauer Esaias Gruber genannt, der bisher nur als Bildhauer und Altarbauer bekannt war. Zwei Feldkircher Meister, Lazarus Arnolt und dessen Sohn, kommen als Schnitzer der ,,Himmelsdecke" der Kirche in Betracht. Das Glanzstück der Kircheneinrichtung aber war der monu mentale Hochaltar, mit der Anbetungsgruppe der Könige als Mittelstück und der Darstellung und Beschneidung Christi als Seitenstücke, in seiner Gesamterscheinung wohl das bedeutendste Werk der Renaissanceskulptur in Vorarlberg. Im Jahre 1887 in das Vorarlberger Landesmuseum deportiert, befindet sich der Hochaltar seit 1953 nun wieder an seiner ursprünglichen Stelle in der Pfarrkirche. Die Frage seiner Herkunft und Meister (die einzelnen Tafeln sind von ver schiedenen Händen geschnitzt) konnte, trotz wiederholter Untersuchungen, bisher nicht befriedigend geklärt werden. Größte Wichtigkeit kommt daher jenem Kapitel des Buches zu, in dem der Verfasser über die große Anzahl von verschiedenen Kunstwerken und ,,Tafeln", die Jakob Hannibal als Kriegs beute aus Flandern nach Hohenems sandte, sich ausspricht. Die Annahme des Verfassers, daß auf diese Weise „insbesonders

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