Österreichische Zeitung für Kunst und Denkmalpflege

■ ]-. I 87. Die Wiener Börse Gefährdete Denkmale ZUM BRANDE DER WIENER BÖRSE Von Erwin Neümann Von den Werken der großen Architekten des 19. Jahrhunderts, die die Wiener Ringstraße und mit ihr die künstlerisch und städtebaulich vielleicht bedeutendste neuzeitliche Boulevard-Anlage der Welt geschaffen haben, scheinen jene des Theophilos Hansen von einem besonders feindseligen Schicksal verfolgt zu sein. Nachdem schon die Bomben des letzten Krieges gerade seine Bauten aufs schwerste getroffen hatten — sie fügten dem. Parlamentsgebäude, der Akademie der bildenden Künste, der Evangelischen Schule am Karlsplatz, dem Palais Sina-Wimpffen, dem Heinrichshofe und dem Heeresgeschichtlichen Museum im Arsenal beträchtliche und zum Teil irreparable Schäden zu — ist nun auch über Hansens Börsengebäude am Schottenring (Abb. 87) die Katastrophe hereingebrochen : ein verheerender Brand hat das Gebäude in den Morgenstunden des 13. April 1956 in eine Ruine ver wandelt. Am schwersten wurde der große Börsensaal im Mittelbau beschädigt; seine aus verschiedenen Steinsorten und Stuckmarmor bestehende Innengliederung ist weitgehend ausgeglüht, die vergoldete Kassettendecke und das Dach sind eingestürzt (Abb. 88). Nächst dem großen Saale haben die gegen den Börseplatz und gegen die Ringstraße gelegenen kleineren Säle des Mittelbaues sowie das Vestibül, die Loggia und das nördliche Stiegenhaus am meisten gelitten. Die Seitentrakte blieben erhalten, ebenso scheint das Mauerwerk des Mittelbaues noch tragfähig und dessen äußere Gliederung im hauptsächlichen unversehrt zu sein. Die Katastrophe des 13. April erscheint wie eine Konsequenz des inneren Absterbens, dem das Gebäude der Wiener Börse schon seit längerem ausgeliefert war. Hansen hatte den Bau auf das Ge schäftsvolumen der Gründerzeit berechnet, er übertrifft in seinen Dimensionen bei weitem den beschei denen börsentechnischen Bedarf der Gegenwart. Vor allem hatte der große Börsensaal seine Punktion

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