ÖKO-L 1987/4

ENTOMOLOGIE - BIOINDIKATION - FLIESSGEWÄSSER Köcherfliegen '1;~ Indikatoren in Fließwasser-Okosystemen und ihre Gefährdung Die Köcherfliegen (Trichoptera) bilden eine Insektenordnung von mittlerem Umfang. Knapp 300 Arten mögen in Österreich vorkommen, in Europa mitsamt dem Mittelmeergebiet sind es ungefähr 1200. Sie sind nächstverwandt mit den Schmetterlingen, und ihre Adulten ( = Imagines, d. h. die fertigentwikkelten Insekten) werden immer wieder mit Motten verwechselt, denen sie recht ähnlich sehen. Man kann sie aber einfach unterscheiden. Schmetterlinge haben Schuppen auf den Flügeln, die größeren Arten der Köcherfliegen haben keine (viele sehr kleine Arten aber wohl). Schmetterlinge haben einen Rollrüssel zum Nahrungsaufsaugen, Köcherfliegen hingegen haben einen kurzen Saugstempel (,,Haustellum") ähnlich wie die Stubenfliege. Die Larven der Köcherfliegen entwickeln sich im Wasser. Viele von ihnen tragen ein selbstgebautes Gehäuse, den „Köcher", mit sich, der aus Seide und angehefteten Fremdkörpern wie Sandkörnern, Koniferennadeln, Blattresten usw. besteht. Viele andere haben aber ortsfeste Gehäuse, die sehr verschieden aussehen können und meistens an Steinen festgeheftet sind. Manche davon haben außerdem Fangnetze, die es in der Kunstfertigkeit der Konstruktion Abb. 2 mit den Netzen der Spinnen aufnehmen können . Und schließlich gibt es auch Köcherfliegenlarven, die überhaupt keine Gehäuse haben, die nur zur Verpuppung eines bauen (ADLMANNSEDER 1983). Die Puppen der Köcherfliegen sind unter den Insekten insofern einmalig, als sie schwimmen können und dazu eigene Ruderbeine entwickelt haben, sowie dadurch, daß sie spezielle Mandibeln haben, die weder mit denen der Larven noch mit denen der Imagines identisch sind, denn sie dienen nur zum Aufbeißen des Puppenkokons vor dem Schlüpfen. Köcherfliegen leben in einer Vielfalt verschiedener Gewässer-Lebensräume, wobei aber die meisten Arten Fließgewässer bewohnen; die typischen Seen-, Weiher- und Tümpelbewohner sind in der Minderheit. Abb. 3 ÖKO·L 914 (1987): 22 - 29 Doz. Dr. Hans MALICKY Biologische Station Lunz der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, A-3293 Lunz Abb. 1: Das typische Aussehen einer Köcherfliege: dachförmig gefaltete, schlanke Flügel von unscheinbar braungelblicher Färbung, ohne Schuppen, lange, dünne Fühler und Beine. Diese Art ( Potamophy lax cingulatus) ist in europäischen Gebirgen häufig; ihre Spannweite beträgt ungefähr 5 cm. Die größten bekannten Köcherfliegen mit über 8 cm Spannweite leben in den Hochlagen des Himalaya, die kleinsten mit 2 mm in südame rikanischen Urwa ldbächen. Abb. 2-7: Mehrere verschiedene Larven von Köcherfliegen mit ihren charakteristischen Gehäusen (,,Köchern"), die zumindest für die jeweilige Familie typisch sind. 2: Die langen, dünnen, gebogenen und mit feinsten Sandkörnchen belegten Köcher der Beraeidae (hier: Beraeodina palpalis); 3: die großen, unregelmäßig mit Pflanzenteilen belegten Köcher der Calamoceratidae (hier: Calamoceras illiesi); 4: die plumpen, zylindrischen, wahlweise mit Steinchen oder quergelegten Pflanzenteilen besetzten Köcher einer typischen Limnephilide ( Limnephilus rhombicus) ; 5: die Steinchen-Köcher einer Goeride (Silo nigricornis) mit den für die Goeridae so typischen größeren Seitensteinen. 6: Hydropsychidae-Larven ( Hydropsyche resmineda) haben auffallende Kiemen an der Unterseite und bewohnen ortsfeste Gehäuse mit darangehefteten Netzen. 7: das Netz (Durchmesser etwa 1 cm) von Hydropsyche discreta. 22 ÖKO·L 9/ 4 (1987)

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2