Oberoesterreich - Land und Volk

Die Stadt Steyr in Oberösterreich Ein Kleinod alte r d e utscher Städtebaukunst Von P r o f . G r e g o r G o l d b a c h e r in Steyr Korrespondent des ÖsterrelchJscben Bundesdenkmalamtes Sollte man es für möglich halten, daß es in den österreichjschen Landen, deren Schönheit ja aller Welt bekannt ist, noch ein Dornröschen gibt, reich an Reizen erlesenster Art, wohin der inter– nationale Fremdenstrom noch nicht gefunden hat? Und doch ist es so, wenn wir unseren Blick ins fruchtbare Land ob der Enns werfen, wo am malerischen Zusammenßufi der Enns und der Steyr die vielleicht einzig dastehende Verquickung modernster Industriebauten mit wundersamen Zeugen mittelalterlicher Baukunst dennoch ein harmonisches Ganzes bildet. Mit feinem Blick haben ~ie Erbauer unserer Stadt die günstige Örtlichkeit am Zusammen– lrelfen zweier Wasserstraßen für die Errichtung einer größeren Siedlung erkannt. Nicht unähnlich der Lage von Passau schmiegen sich die Häusergruppen an die Hänge und schmalen Ebenen der tiefeingeschnittenen Flußbet.ten von Enns und Steyr, die hier ihre Weilen vermengen in meist smarag– dener Klarheit. ,,Liegst drinat in Tal, Wia ä Kind in da Wiagn!" Hier, überschattet von dem prachtvollen Kranz der Ennstaler Alpen, schuf nimmermüder deutscher Fleiß einen Kulturmittelpunkt, ein viele Jahrhunderte altes E i s e n e m p o r i um, umgeben von echtem, bodenständigem Bauerntum. Die Wechselfälle und Stürme fast eines Jahrtausends sind darübergerauscht, und dennoch sind die alten Teile der Stadt nahezu unverändert geblieben und überliefern uns ein wundersames Zeugnis hester alter Städtebaukunst, in unserem Vaterland neben Salzburg wohl einzig dastehend. Eine schi;r unübersehbare Fülle architektonischer Formen, eine Unzahl lauschiger Winkel, eine reiche Auswahl durchwegs in wenigen Minuten erreichbarer Aussichtspunkte auf Stadt, Land und Gebirge lassen wohl Vergleiche mit den schönen alten Städten Deutschlands zu. Die Geschichte der Stadt ist ungemein reich und alt. Das. Jahr 980 gilt als Erbauungsjahr der „Styraburg", die sich kühn in Dreiecksform auf dem keilförmigen Feisen über dem Zusammenfluß der Enns und Steyr erhebt. Hier war der Herrschersitz der mächtigen O t t o k a r e, der T raungaucr Grafen, die nach und nach ihr Gebiet über die ganze nördliche Steiermark · ausdehnten, dem die Burg auch den Namen und das steirische Wappentier, den feuerspeienden Panther mit dem weiß. grünen Farbengrund, gab. Im Jahre 1180 erhielten die Ottokare vom Kaiser Rotbart die Herzogs– würde, allein der erste Herzog war auch der letzte seines Stammes. Durch Erbvertrag kam die Stadt 184

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