Oberösterreichische Exulanten des 17. Jahrhunderts

Als im 16. Jahrhundert das biblische Evangelium in Oberösterreich eindrang, fand es einen wohlzugerich¬ teten Boden. Durch Jahrhunderte hatten die Waldenser, diese demütigen, tatkräftigen, opferbereiten Bibelchristen des Mittelalters, einen großen Teil der oberösterreichi¬ schen Bevölkerung zur Freude an Gottes Wort, zu innerer Selbständigkeit gegenüber der Kirche zu führen gewußt. Nun ward den Ländlern mit Luthers neuem Testament das Verständnis für Gottes freie Gnade, für die herrliche Freiheit der Gotteskindschaft geschenkt. Ein gewaltiger Frühlingssturm ging durchs Landl und erfaßte alle Stände ohne Ausnahme: Die Bauern und Handwerker in den Dörfern und Einzelhöfen vom Inn bis zur Enns und hinauf ins nördliche Mühlviertel; die Bürger in den Märkten und Städten, die Bergknappen und Holzknechte des Salzkammergutes, die Herren und Ritter auf den zahlreichen Burgen und Schlössern, die Priester in den Pfarrhöfen und die Mönche im Kloster. Jede Bewe¬ gung, die die Masse des Volkes ergreift, zeitigt uner¬ freuliche Nebenerscheinungen. Sie fehlen auch in der Reformationsgeschichte des Landls nicht. Daß die Land¬ ler jedoch das Evangelium nicht aus wirtschaftlichen Gründen, sondern aus tiefster Ueberzeugung angenom¬ men hatten, bewiesen sie nicht nur in der großzügigen Fürsorge für das evangelische Schulwesen, sondern vor allem in dem standhaften Festhalten am Evangelium und im mannhaften Kampf um Glaubens= und Ge¬ wissensfreiheit. Im Feldlied der evangelischen Bauern vom Jahre 1626 heißt es: „Und ob es gleich gar käm dazu, Herr Christ, daß wir jetzt alle Müßten sterben in der Unruh, wird doch Dein Ruhm erschallen Bei unserm Weib und Kinderlein, die dazu auferzogen sein Von Deinem Wort nicht zu lassen.“

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