Oberösterreich und die November-Revolution 1918

Es war schon im 19. Jahrhundert eine zwangsläufige Folge geworden, daß, wenn ein purpurgeborener Gottes- gnadling einen von ihm begonnenen Krieg verliert, er den Verlust mitseineriErbkrone bezahlen muß. F r a n zIosef hat einige verlorene Kriege geführt, ohne von diesem Ge­ lsetze betroffen zu werden. Sein Nachfolger Karl zahlte diese längst fällige Schuld!, was auch Genies ro'ie Napoleon nicht erspart geblieben war. Und Oesterreich, der Kaiser- staat, in dem der schwarzgelbe „Patriotismus", der Byzantinismus, das Lakaientum von hoch und nieder wahre Orgien feierte, wurde Republik. Und wie gründ­ lich Habsburg in den Herzen der Regierten abgehaust hatte, ersah man, als die Höflinge, die durch Jahrhunderte sich an der habsburgischen Zentralsonne gewärmt hatten, der Feudaladel, die hohe Bureaukratie, die Generalität des Reiches und die Hierarchie, die in den ersten No­ vembertagen den Himmel um seinen Schutz für den un­ fähigen Habsburger bestürmt hatte, nicht einmal den leisesten Versuch des Widerstandes wagten; er wäre ihnen auch schlecht bekommen. Damals war nicht nur die indu­ strielle Arbeiterschaft, sondern auch die sonst so konser­ vative Bauernschaft revolutioniert. Auch die Bauern hatten genug von Habsburg, das sie zur Schlachtbank geführt hatte. Von-dieser Seite drohte sohin der Republik keine Gefahr. Viel ernster zu nehmen waren die Versuche der Kommunisten, -die Demokratie zu stürzen und das Sowjetsystem auszurichten. In Ungarn und Bayern hat man diesen Versuch gemacht und die Folge war eine furchtbare Berelendung und Entrechtung der Arbeiterschaft, an der sich das Abgehen vom demo­ kratischen Weg, ein Borwegnehmen einer möglichen Ent­ wicklung, bitter gerächt hat. Nicht minder ernst war der W ä h r u n g s v e r f a l l, dem angeblich Seipel durch fein Genfer Werk erfolgreich Einhalt getan hat und dadurch zum „Retter der Repu­ blik" geworden ist. Unsere Leser wissen es, daß uns diese „Rettung" sehr teuer gekommen ist und sogar einen Fron­ vogt des internationalen Großkapitals ins Donauland 8

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