Oberösterreich und die November-Revolution 1918

meisterhaft alle Tücken des Gesetzes gegen die freien Ver­ einigungen anzuwenden. Jede Versammlung wurde überwacht. Nirgends war man sicher, ob nicht Spitzel an­ wesend waren. Um nun halbwegs das Organifations- und Parteileben zu erhalten, bauten wir den Verein „Arbeiterhei m", dessen Obmann ich war, aus. In seinem Rahmen führten wir auch das „V o l k s k i n o", welches im „goldenen Pflug", unter der umsichtigen Leitung des Genossen Tribrunner stand. Da politische Versammlungen fast unmöglich waren, wurde die Ortsgruppe des Vereines „Freie Schule" ausgestaltet. Eine geradezu überwältigende Arbeit er­ wuchs daraus. Als Obmann der Gruppe arbeitete ich mit einigen besonders tätigen Genossen, wie Schreiner Josef, Vinzenz Franz, O g r i s Viktor und vielen sogenannten „Zehnerschaftsführern" an dem Ausbau des Vereines. Wir wurden damals die stärkste Ortsgruppe des Reichsvereines. Ueber 1000 Mitglieder hatten wir. Unsere Versammlungen wurden der Mittelpunkt des geistigen Lebens. Durch den Verein gelang es in Letten, einer stolzen Zwingburg des Herrn Pirker, Bresche zu schlagen und den Vormarsch nach der schwarzen Feste S i e r n i n g anzutreten. Ueberall arbeiteten eifrige Anhänger einer freien Schule, als Zehnerschaftsführer und spätere Leiter der politischen Lokalorganisationen. Große Versammlungen konnten die Genossen G l ö ck e l, S p e i s e r u. a. abhalten. „Der Wert der Schule und der Krieg" lautete vielfach das Thema. Und wenn das Pro­ gramm erledigt, der strenge Herr Regierungskommissär verschwunden war, dann wurden erst die großen politi­ schen Fragen besprochen. Eine der dankbarsten Arbeiten war, den Frauen der Eingerückten den sehr oft widerrechtlich vorenthaltenen Unterhaltsbeitrag zu verschaffen. Besonders die Land­ gemeinden waren hier äußerst brutal. Ein großer Teil der sozialen Arbeit wurde hier im Interesse der Aermsten mit viel Erfolg geleistet. Die Rot stieg in Steyr im Verhältnis zu anderen Orten sehr rasch. Infolge des Massenbedarfes an Men- 7k

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