Oberösterreich und die November-Revolution 1918

teuflische Erscheinung mit Allgewalt auf und ließ uns nicht mehr los. Selbst die strengsten Maßnahmen, die von zivilen und militärischen Behörden getroffen wurden, konnten dagegen nicht aufkommen. So hungerten und litten sich unsere Frauen durch. Die Kriegersfrauen hatten auch ganz ungenügende Unterhaltsbei­ träge. Viele dieser Braven sind durch Kummer und Rennen nach Eßbarem Opfer geworden. Die Tuber­ kulose, welche durch Unterernährung besonders ge­ fördert wurde, raubte jede Widerstandskraft und somit vielen Kindern die Mutter, während der Vater im Schützengraben starb oder int Unterstand oder sonst wo durch eine Granate zerrissen wurde . . . Und nun komme ich zu den Oktobertagen 1918, den Tagen, die für die Frauen noch mehr Kummer und Gor­ gen brachten. Es war der 14. Oktober 1918, als in der sich von Oesterreich trennenden Tschechoslowakei beschlossen wurde, da Oesterreich feindliches Ausland sei, jede Zufuhr von Lebensmitteln und Kohlen einzustellen. Dieser Beschluß traf uns um so härter, als wir doch Kartoffeln, aber auch Zucker, Mehl, Obst, Hülsenfrüchte und Gemüse von Böhmen erhielten. Die Belieferung unserer Bauern war nie befriedigend, besonders die großen Bauern haben mit Vorliebe ge­ streikt. Die Lieferungen gingen umsomehr zurück, als auch mit den Einrückendmachen nicht mehr gedroht wer­ den konnte. Daher bekamen nun unsere Frauen in diesen Tagen die Milch erst nach 2 —3 Stunden Bahnfahrt; sie mußten sie in den Bauernhöfen um teures Geld holen; ja selbst Kleidungsstücke, Kerzen, Seife und Petroleum schleppten die Frauen hinaus, um nur Milch, die sehr oft zu 30—50 Prozent gewässert oder zumindest ent­ fettet war, zu erhalten. In den Milchverschleißstellen konnte für Kinder ein Liter und für größere Kinder ein 1/s Liter, für Er­ wachsene nur ein 1/16 Liter Milch ausgegeben werden. 5 Dekagramm Fett kamen damals auf den Kopf der Be- 68

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