Oberösterreich und die November-Revolution 1918

der öffentlichen Ruhe und Ordnung betrauten Organe ohne Mitwirkung der Arbeiter- und Soldatenräte der Situation nicht gewachsen gewesen wären. Gerade jetzt sei daran erinnert, da Großmäuler aus dem Bürgertum fortwährend vom „Ordnung machen" durch faschistische Banden schwätzen, daß es nach dem Umsturz nur der Diszi­ plin der von den Arbeiterräten beratenen und geführ­ ten Arbeiterschaft zu danken war, wenn viele der heutigen Heimwehrführer von den empörten Heimkehrern, wenn sie sich einmal ausnahmsweise auf der Straße zeigten, nicht gezüchtigt wurden. Daß aber der Arbeiterrat für die Arbeiterschaft nicht nur in materieller Hinsicht vieles leistete, sondern auch von großer ideeller Bedeutung war, geht daraus hervor, daß sie in dieser Institution eine Tribüne hatte, auf der sie ihre direkte Anteilnahme am öffentlichen Leben und allen Fragen der Politik und Wirtschaft frei bekunden konnte. Ueber alle Details der Taktik und der Methoden im politischen Kampfe, über die Zwecke und Ziele des Klassenkampfes wurde in den Vollversammlun­ gen des Arbeiterrates diskutiert. Da kamen die Ansichten der Sozialisten und Kommunisten, der Gemäßigten und der Radikalen zum Ausdruck. Diese mit Freimut geführ­ ten Debatten, bei welchen die erfahrenen Vertrauens­ männer der Partei und Gewerkschaft die allzustUrmisch nach vorwärts drängenden Genossen über die Grenzen ihrer Macht aufklären konnten, waren deshalb so unge­ mein wertvoll, weil sie die Arbeiter vor Illusionen be­ wahren und vor Abenteuern, zu denen sie von falschen Propheten oft genug ermuntert wurden, zurückhalten konnten. Daß die verschiedenen Meinungen oft heftig auf­ einander prallten, ist selbstverständlich. Aber frei und un­ gehindert und in aller Oefsentlichkeit wurde debattiert und Beschluß gefaßt. Die Durchführung der gefaßten Beschlüsse oblag der Exekutive des Arbeiterrates. Richt selten kam es vor, daß die Mehrheit des Arbeiterrates in bestimmten Fällen eine andere Meinung hatte, als jene Genossen, die die 58