Oberösterreich und die November-Revolution 1918

mark mit den deutschen Städten Marburg und Cilli vom nationalen Volksboden los ... Lediglich im Osten waren wir glücklicher. Die Burgenlünder wurden dem öster­ reichischen Staatsverband — gewissermaßen als Ersatz für die ungeheuren Landverluste im Norden und Süden in­ korporiert. Es gehörte eine starke Portion Selbstverleug­ nung dazu, unter solchen Umständen als Friedensbote ins französische Siegerland zu gehen. Die österreichische Dele­ gation in St. Germain war ja nicht Friedensmittlerin, sondern lediglich Bittstellerin, die vom Sieger alles zu fürchten und fast nichts zu hoffen hatte. Wieder mußte die Sozialdemokratie für die undank­ bare Aufgabe den führenden Mann stellen. Es war unser Gen. Dr. Karl Renner, der mit seinem bedeutenden Namen im Reiche der Wissenschaft diese Ansgabe auf sich nahm. Wohl kein bürgerlicher Unterhändler hätte es wagen können, diesen fürchterlichen Frieden zu unter­ zeichnen. Jeder -wäre wohl hinweggefegt worden, nur einer durfte es wagen: Ein Vertreter einer Partei, die am Kriege unschuldig war; ein Sozialdemokrat. Ob man wollte oder nicht: Die harte Aufgabe des Friedens­ schlusses mußte übernommen werden; also hat sie ein Sozialdemokrat unternommen. Wenn nicht einmal ein Sozialdemokrat bessere Friedensbedingungen durchsetzen konnte, so konnte sie ein -Bürgerlicher erst recht nicht durch­ setzen. Daß die Friedensbedingungen so unmenschlich hart waren, daran trugen nicht die Sozialdemokraten, sondern jene Kreise, die den Krieg begonnen und sich vor dem Zu­ sammenbruch noch rechtzeitig ins -Ausland geflüchtet hatten, die Schuld. Immerhin haben -die Sozialdemo­ kraten alles getan, um bessere Friedensbedingungen zu erlangen und Volksgenossen nicht ins Joch der Fremd­ herrschaft fallen zu lassen. Es war alles vergebens Das Golgatha in St. Germain blieb uns nicht erspart. Und so wurde Oesterreich, der große weite Kaiserstaat, der sich vom Elbedurchbruch bis zu den Gestaden der blauen Adria und vom schwäbischen Meer bis zu den Trans- sylvanischen Alpen dehnte, der unwahrscheinliche Klein­ staat, in dem wir heute leben müssen, nicht viel größer

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