Handelsbuch des Nikolaus Bartlme 113 tiation, durch welche sowohl das unbewegliche als auch das Barvermögen in die Hände weniger Einzelner gelangte? Oder wirkten sich die Münzverhältnisse zuungunsten des Budweiser Handels aus, nachdem die Kaufleute bei Einkäufen auf österreichischen Märkten mit vollwertiger heimischer Münze zahlen mußten? Zur Erklärung der Prosperität des Handels mit steirischem Eisen kann die Erkenntnis dienen, daß das Jahr 1564 in der Entwicklung des steirischen Eisenwesens eine langjährige Krise einleitet, die von den Zeitgenossen mit dem Ausdruck "Unwürde" bezeichnet wurde.140 Die Folgen der Schwierigkeiten bei der Eisenerzeugung in der Steiermark haben zweifellos von Anfang an den Budweiser Eisenhandel ungünstig beeinflußt. Dies belegen die Angaben des Geschäftsbuches von Nikolaus Bartlme, denn sie sagen aus, daß sich der Umfang des Geschäftes verringerte und gleichzeitig die Eisenpreise stiegen. In der Konsequenz kann an ein Zurückgehen der Nachfrage nach landwirtschaftlichen Erzeugnissen, Lebensmitteln und Textilien in den übervölkerten Bergbauregionen der Alpenländer gedacht werden. Diese Aussage bleibt jedoch nur eine These, deren Berechtigung ich mit keiner Analyse beweisen kann. In dieser Hinsicht muß die Analyse des Geschäftsbuches als ein Teilbeitrag betrachtet werden. Den wirtschaftlichen Verhältnissen in Budweis im letzten Drittel des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts ist bisher keine komplexe Aufmerksamkeit gewidmet worden. Zum Abschluß möchte ich auf die Tatsache aufmerksam machen, daß bei der Untersuchung der Frage der wirtschaftlichen Prosperität und der gesellschaftlichen Stabilität in der Stadt in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts keinesfalls die Entwicklung auf dem ideellen und kulturellen Gebiet außer acht gelassen werden kann. Im Vergleich zu den vornehmsten königlichen Städten im Königreich Böhmen wurden die Verhältnisse in Budweis durch unmittelbare persönliche Kontakte mit den Bürgern von Freistadt, Linz und weiterer österreichischer Städte beeinflußt. Es war dies eine Folge einer langdauernden Entwicklung mit breiten Dimensionen. In der Hussitenzeit ist Budweis zu einem Bindeglied zwischen dem katholischen Landesteil und den österreichischen Ländern geworden. Die protestantische Lehre kam im 16. Jahrhundert nicht aus den Städten des tschechischen Binnenlandes nach Budweis, sondern aus österreichischen Städten. Die feindselige Einstellung gegenüber den Bergleuten in Rudolfstadt141 und Spannungen zwischen den Bürgern und den aus dem Flußgebiet der Traun in die Stadt kommenden Schiffleuten bildeten kein Hindernis zur Aufnahme von Bürgern aus österreichischen Städten in den städtischen Verband. Es ist interessant, daß wir unter diesen in erster Linie Kaufleute, eisenverarbeitende Handwerker und Schiffer finden. Durch die engere Ver140 Siehe Reinhold Huyer, Die religiösen Verhältnisse von Rudolfstadt und Budweis im XVI. und XVII. Jahrhundert. In: Mitteilungen des Vereins f. Geschichte der Deutschen in Böhmen 60 (1922) 220276. Über Spannungen zwischen den Budweiser Bürgern und den Bergleuten populäre Schilderung bei Bediich Böhnel, Dejiny mesta Rudolfova, l. Teil (1385-1619) 141 Siehe Zdenek Simecek, Der Salztransport auf der Moldau von Budweis nach Moldautein, 234
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