Handelsbuch des Nikolaus Bartlme 49 In der Edition mache ich daher auf diese Durchstreichungen im allgemeinen nicht aufmerksam. Eine Interpretation in Ausnahmsfällen, wo Eintragungen nicht deshalb durchgestrichen wurden, weil mit den dort enthaltenen Angaben etwas nicht in Ordnung war, ist von meinen Ausführungen über das Durchstreichen nicht abhängig. Umgekehrt führe ich in der Edition Durchstreichungen in einzelnen Posten an, wenn sie etwa Abänderungen innerhalb eines Postens verursachten oder einen ganzen Posten stornierten. Nach dem Eintragen der letzten Einnahmsposten zu Jahresbeginn 1568 blieb das Geschäftsbuch des Nikolaus Bartlme nur mehr als Gedächtnisstütze für das Eintreiben von vorausbezahlten Lieferungen bestehen. Vielleicht blieb es gerade deshalb erhalten, obwohl seine Weiterführung keinen Sinn mehr hatte . Die einheitliche Einteilung des Buches und seine solide Führung erlaubt die Annahme, daß Nikolaus Bartlme schon vor dem Jahre 1560 eine schriftliche Buchführung hatte . Wir sind sogar geneigt, die Führung eines regelrechten Geschäftsbuches anzunehmen. Mit einem Verweis auf die Existenz eines solchen Vorgänger-Geschäftsbuches könnte nämlich am leichtesten erklärt werden, warum in dem 1560 angelegten Buch keine Zahlungen für die vor dem 1. Jänner 1560 getätigten Lieferungen aufscheinen. Es ist anzunehmen, daß diese Zahlungen noch in das alte Geschäftsbuch eingetragen wurden. Durch den Verweis aufdieses vorhergehende Buch wäre auch die Frage beantwortet, warum Nikolaus imstande war, im neuen Buch bei jedem Geschäftspartner die Höhe der Schulden für Waren, die er vor der Anlage des neuen Buches empfangen hatte, genau anzuführen. III. Analyse der im Geschäftsbuch enthaltenen Angaben Das über einen Zeitraum von mehr als acht Jahren geführte Buch bietet eine gute Basis zur Analyse der Geschäftstransaktionen, der Transportbedingungen und des finanziellen Ausgleiches. Die Geschäftsbilanz läßt sich in statistischen Tabellen ausdrücken. Die einzelnenAngaben erlauben aber auch, Erscheinungen zu verfolgen und zu werten, die in ihrer Gehäuftheit die Fragestellung ermöglichen, welche Rolle der aufgeblühte Handel mit den österreichischen Ländern für die südböhmische Region und insbesondere für die südböhmischen Städte spielte. Wiewohl das Geschäftsbuch in erster Linie Angaben über Lieferungen von Eisen und Eisenwaren von Freistadt nach Budweis enthält - und zwar aus der Sicht des Bestellers und Warenempfängers - so ist dessen Aussagewert im Hinblick auf die Stellung Freistadts im Handel mit steirischem Eisen in die böhmischen Länder und weiter nach Schlesien und in die Lausitz, auch dank der Stellung von Budweis im Handel mit österreichischen Städtenwesentlich umfassender. Die geschäftlichenAktivitäten des Budweiser Bürgers Nikolaus Bartlme bieten reichlichen Stoff zu Überlegungen über die Rolle des Eisens im Fernhandel, der, von den Donauländern kommend, die böh-
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