Das Handelsbuch des Budweiser Eisenhändlers Nikolaus Bartlme 1560-1568

46 Zdenek S i m e c e k War Nikolaus in seinem Hause nicht anwesend, so zahlte seine Ehefrau Ursula die Forderungen aus, war das Geld nach Freistadt zu bringen, so tat dies der Helfer Sebald öfter als Ursula. Am häufigsten vertraute aber Nikolaus das Geld Geschäftsfreunden an, die am Wege nach Freistadt oder zu einem Jahrmarkt in oberösterreichischen Städten waren, insbesondere den Fuhrleuten. Es waren nicht nur Fuhrleute, die Nikolaus eine Ladung Eisen brachten oder mit denen er in reger Geschäftsbeziehung stand, sondern auch Spediteure, die sich gerade in Budweis aufhielten und Beziehungen zu Nikolaus' Freistädter Geschäftsfreunden hatten. Die Zahlungen waren an keine festen Termine gebunden, Nikolaus schickte Geld so, wie es ihm zur Verfügung stand. Die Frequenz der in Freistadt getätigten Zahlungen stieg zur Zeit der Freistädter Jahrmärkte und der Linzer Messen deutlich an.52 Auch während der Zeit der beiden Jahrmärkte in Budweis waren die Geschäftsaktivitäten intensiver. Das Handelsbuch war ein reines Privatbuch und Nikolaus Bartlme war sich dessen voll bewußt, daß zur Bereinigung aller geschäftlichen Fragen mündliche Verhandlungen und das Erzielen eines Einvernehmens nötig waren. Diese Gelegenheit bot die gemeinsame Abrechnung zwischen den Partnern, zu der es zu jeweils vereinbarten Terminen kam. Durch die Führung des Handelsbuches, durch andere geschäftliche Vermerke und durch ein gutes Erinnerungsvermögen wurden die Abrechnungen erleichtert. Strittige Zahlungen waren demnach etwas Außergewöhnliches. Diese Tatsache spricht dafür, daß die damaligen Zahlungsmodalitäten verläßlich funktioniert haben und die handelnden Parteien keine Gelegenheit hatten, den Empfang von Geldern etwa zu leugnen. In keinem einzigen Fall stellten die Freistädter Partner des Nikolaus Barzahlungen in Frage, wenn er das Geld Fuhrleuten aus den untertänigen Dörfern und Märkten anvertraute oder Mitbürgern, am häufigsten sicherlich Kaufleuten. Die Gefahr, daß eine Zahlung nicht anerkannt werde, drohte nur dann, wenn ein Kaufmann (bei Fuhrleuten kam eine solche Situation nicht in Betracht) mit der Zahlung betraut wurde, weil er selbst Schulden bei Nikolaus hatte oder aber wenn er von Nikolaus beauftragt wurde, die nötigen Geldbeträge vorher von Dritten einzufordern. Bartlme zweifelte nicht daran, daß in solchen Fällen die Eintragung im Geschäftsbuch aus der Sicht des Handelsrechtes irrevelant war. Eine solcherart "angewiesene" Post reihte er weiterhin unter die Schuldenposten ein. 52 Siehe die Angaben der Tafel G. Für Freistadt war der zweiwöchige St. Pauli Markt (am 25 . Jänner), für Linz der vierwöchige St. Bartholomäi Markt (am 24. August) und zweiwöchige Ostennarkt (das bewegliche Datum vom 24./25. März bis zum 6.17. Mai) entscheidend.

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