Neue Revue vom 26. April 1956

Ich habe Mull • •Bravo! Nur nicht den Kopf hängen la;senl Ich weiß jai wie _sehr du an Krü– ger hingst, und . bin mir klar darüber, daß es schwer ist, so etwas zu über– winden! Ich bin gekommen, um dir zu helfen, und vor allem, damit du keine Dullllllheiten machst! Man kann den ar– men Kerl natürlich nicht ohne weiteres fallenlassen. Aber, weißt du - hm .. .• Inge sagte nichts. . Das Abendessen verlief einsilbig. Schließlich fing der alte Radloff wie-. der an, von dem Unglück zu sprechen. Inge mußte .sich damit abfinden, da half nun einmal nichts. .Meinst du das wirklich, Vati?" .selbstverständlich! Deshalb bin ich ja gekommen, um dir das auch münd– lich zu sagen! Du brauchst dir auch nicht die geringsten Vorwürfe zu machen!" •Warum soll ich mir Vorwürfe ma– chen? Mein Hans . . .• . Dein Hans? Dein Hans .. .? Was soll das? ·Mach dich endlich frei davon! Der Mann ist erledigt!• Inge holte tief Atem. Es war wohl am besten, dem Vater gleich zu sagen, p,aß sie anders entschieden hatte, daß es für sie gar keine andere L9sung gab: •Vati, ich werde Hans nie verlassen. Ich liebe ihn!" Dem pensionierten Amtsrat stieg Zor– nesröte ins Gesicht. . Nie verlassen!" höhnte er.•Das hat er dir wohl beigebracht. Was? Sicher hat er von ewiger Treue geschwätzf1 Haha! Nur gut, daß ich gekommen bin. Du tust das, was ich sage .. .• . Ich bin längst volljährig, Vati. Und völlig selbständig", sagte Inge ruhig. •Egal! Heiraten wirst du ihn nicht!" Seine Faust fiel schwer auf den Tisch. .Ich will dein Bestes, Kind! Nur dein Bestes! Laß dir doch nichts von ihm vor– machen! Es hat ja keinen Sinn!" Inge sah ihren Vater an, er_staun_te A~– wehr im Blick: .Hans hat mich mit kei– nem Wort zu beeinflussen versucht. Er hat ganz im Gegenteil gesagt, .er ~önne niemals dieses große Opfer von nur for– dern.• - Ach? Donnerwetter! Famoser Kerl!" D;r Vater griff nach dem Rotweinglas. .Sehr anständig von ihm. Aber was bleibt ihm anderes übrig! Dieses Opfer kann er nicht verlangen! " . Für mich i s t es kein Opfer! • Der alte Amtsrat trank sein Glas mit einem Zuge aus und stellte es hart auf den Tisch zurück: .Jetzt hör' mal genau zu! Dieser Mann ist blind! Du hast dir offenbar nicht ganz klargemacht, was das bedeutet! Blind! Er braucht auf Schritt und Tritt Pflege. Er kann nie mehr einen Pfennig Geld verdienen _- _. er ist eine Angelegenheit für die Fürsorge . . ." .Eine Angelegenheit? Du sagst, mein Hans ist eine, Angelegenheit - für die Fürsorge? Mein Hans!?" •Was denn sonst?" Sie lächelte. Vor den Augen des Vaters blühte das vertraute Gesicht seines Kindes zu der Innigkeit eines Madonnenantlitzes auf. Er sah sie einen Augenblick lang betrof– fen an, aber dann kam seine Reaktion: .steigere dich nicht in Hirngespinste hinein! Inge, das Leben liegt yor dir! Du hast ein Anrecht darauf, auf Glück, auf Kinder ... • .Natürlich will ich Kinder haben! Aber nur von ihm!• .Ich verbiete d-ir ...• .Ich bin großjährig! Was willst qu mir verbieten? Niemand kann mir etwas verbieten!" .Du bist großjährig, sagst du? Ich will dir sagen, was du bist: du bist verrückt! Vollkommen verrückt! Und niemals - merk' dir das! - niemals werde ich mit dieser Heirat einverstanden sein! " Lähmende Stille folgte. Plötzlich rollten Tränen über Inges Gesicht. Bestürzt neigte er sich zu ihr: .Ich will doch nur dein Bestes . ..• Sie blieb reglos, sah ihn nicht an, saß wie aus Stein. Eine Träne berührte ihren Mund, und sie trank den bittersalzigen Geschmack. Ihr Vater wandte sich ab. Er klirrte mit seinem Siegelring gegen das Rot– weinglas und rief ein lautes : .Ober! Zahlen!" In dieser Nacht fand Inge keinen Schlaf. Ihre Sicherheit war dahin. Ruhe- Nach langem Überlegen habe ich mich für den los starrte sie in die Dunkefheit. Unwill– kürlich tastete sie mit der Hand nach dem Glas Wasser, das auf dem Nacht– tisch stand. Sie fand es nicht gleich, tastete nervös weiter, stieß dagegen, und das Glas zerklirrte auf dem Boden. Blind! dachte sie. Hilflos! Wie hatte ihr Vater gesagt? .Eine Angelegenheit für die Fürsorge!" So wie es ihr gerade mit dem Glas ergangen war, würde es Hans sein Leben lang ergehen. Sie hatte sich halb aufgerichtet_ und knipste die kleine Lampe neben sich an. Die Helligkeit überwältigte sie. Ihr Hans würde nie mehr Licht auf sich zukom– men sehen. Er saß für immer im Dunkel - und mit ihren Augen würde sie für ihn sehen müssen! Immerzu, inuner– zu, ein Leben lang. Für ihn würde es auch gleichgültig sein, wie sie aussah. Er konnte sie ja nicht sehen. Und wenn sie Kinder haben würden, konnte er auch die nicht sehen! Nie! Kinder . .. Von was sollte man eigent– lich leben? Konnte man das mit einem blinden Mann überhaupt verantworten? Plötzlich wurden ihr all diese Gedan– ken voll bewußt . . . und sie schämte sich. Aber der quälende Druck lastete weiter auf ihr wie ein Alp. Was würden andere an ihrer Stelle tun? Die blonde Lissy zum Beispiel? Die hätte sich sicher längst entschieden! G e g e n Hans! h,ber ich bin doch nicht Lissy! Frei\ich, solche Menschen bringen es weiter. Aber was wissen die von . Liebe! Liebe? Davon kann man doch nicht leben. •... eine Angelegenheit für die Fürsorge!• In den Morgen,stunden schlief sie vor Erschöpfung schließlich ein. Im Traum trat ihr Vater an das Bett. Er setzte sich zu ihr und strich ihr übers Haar: . Ich habe ja gewußt, daß du ver– nünftig bist, mein Kind!" Entscheide dich, Ingel Hans Krüger saß verzweifelt über der Punktschrift. Nur allmählich wurde das Gefühl seiner Fingerspitzen besser. Doch wenn er über das Papier tastete, hatte Linde-Tisch- Kühlschrank 100 1 entschlossen. Gerade dieser Schrank mit sein~m geringen Platzbedarf, seiner praktischen Arbeitsfläche und seiner Spezialtürkonstruktion für das Anstellen an die Wand oder direkt neben einen Schrank ist der ideale Kühlschrank für meine kleine, moderne Küche. Mit vielen zufriedenen Hausfrauen sage auch ich: ., ABER EIN~ ~Mus_s ES SEIN.! er immer wieder den Eindruck, als fühle er eine grobe Feile. Die verwirrend vie– len Erhebungen auf dem Papier schieqen es nur darauf abgesehen zu haben, ihn zu narren. .Sie müss~ sich jedes Fu.nktbild, (j.As Sie ertasten,· sofort im l<;opf plastisch vorstellen!" malmte Frau''Lin<la.•Wen!} Ihnen das gelii\gt, dann ,sehen' Ihre Fingernerven! Immer denken, denken! - Dann ,sieht' jeder Finger. Denken Sie doch an Ihre Empfindungen beim Spa– zierengehen! Da übernimmt Ihr Stock das ,Sehen· - einfach deshalb, weil man den Tasteindruck in seine Spitze verlegt.• .Alles gut und schön, aber meine Fin– ger ...• .Ihre Finger! Mit den Fingerspitzen kann man nicht nur tasten, man kann auch etwas Besonderes mit ihnen schaf– fen! Ich habe Ihnen doch schon einmal gesagt, daß es blinde Bildhauer gibt, blinde Künstler. Der Tastsinn ist für uns Blinde ein Wunder.• Ist Frau Linda auch blind? Krüger seufzte nur. Inge saß neben ihm, vor Müdigkeit fielen ihr beinahe die Augen zu. Sie sah natürlich das Gewirr der Punkte. Jeder einzelne war ein kleiner Berg mit I;..icht und Schatten, und alle zusammen kreisten flimmernd vor ihr. Hans hob plötzlich den Kopf. Er tastete nach ihrer Hand.•Du bist müde!u Ja!" Sie schrak zusammen. Ihre sonst so•weiche Stimme klang gepreßt, als sie sagte: .Es ist sehr anstrengend ... u Er lauschte der Tonfärbung ihrer Worte nach und mußte daran denken , wie schwer es geworden war, einander immer ganz nahe zu sein. Früher konn!e er es in ihren Augen lesen, wenn sie etwas bedrückte . . . Der erste Elan, mit dem Krüger daran– gegangen war, sich zurechtzufinden, war vorüber. Nicht, daß seine Energie nach– gelassen hätte, er betrachtete nur das Ganze bedeutend nüchterner. Einmal hatte er Inge gesagt, daß es nun aus sein müsse zwischen ihnen bei– den. Er wollte sie freigeben. Sie aber Linde-Kühlschränke - eine vielseitige Serie moderner Kühlmöbel aller Größen und Preisklassen. Bitte lassen Sie sich ein– mal einen Linde-Kühlschrank mit seinen vielen Feinheiten vom Fach– handel vorführen• • 41

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2