Neue Revue vom 26. April 1956

Die Ce.1c'1id11c von BATSCU. Jrin Sp1laeu, und FJ, Jer Spi lain. (9) BATSCH begleitet FI sogar als galanter Kavalier in die noble Spatzen-Bar und erklärt ihr lächelnd hier, was BATSCHARI-Filter hei.6t: Schon der erste Zug beweist • DIR ZULIEBE: . •. #BATSCH . ·0j:1LTER 40 ist n och nicht m öglich - (wer d rauf w artet, tut' s vergeblich.) Fam ilie nicht mehr warten will - Lösung klar: • 0770-,nabil ' Der Kleinwagen für praktisch und nüchtern d enkende Menschen. N ied ere Haltungskosten •Geringer Anschaffungsp reis . T 250 DM 2940.· HANS GLAS GM BH · I SARIA-MASCHINEN FABRIK . DINGOLFING IST DER WEG AUCH WEIT Por tsetzung von Seite 20 hundert Jahre später wurde seine Asche in das Pantheon übergeführt. Es war •eine ungewöhnliche, einmalige Gefolg– schaft, die hinter seiner Urne schritt: Blinde aus der ganzen Welt waren ge– kommen, um in feierlichem Zuge ihren Wohltäter zu ehren. . Die Punktschrift eroberte die Welt. Noch vor der Jahrhundertwende sagte man bereits nur noch wBraille", wenn von der Blindenschrift die Rede war. Längst werden Bücher und Zeitschriften für Blinde überall in wBrame• gedruckt. Sogar für die chinesische Sprache wurde der Code bearbeitet. Wo auch immer Blinde leben mögen, findet man bei ihnen Bücher und Schriften mit den .gefro– renen Klopfern• des kleinen Louis . . . * Lindas Erzählung hatte ihre Wirkung auf Hans Krüger nicht verfehlt. Mit dop– peltem Eifer mühte er sich nun, die Blindenschrift weiter zu erlemen. Inge nahm nicht immer am Unterricht teil. Nach langem Zögern hatte sie ihrem Vater von dem Unfall ihres Verlobten geschrieben. Die Antwort war voll Mit– gefü}ll. Zum Schluß aber hieß es in dem Brief, es sei gut, daß dieses Unheil noch vor der Eheschließung mit Hans einge– treten sei. •. .. also, Kopf hoch, mein Mädel! Du bist ja noch jung, und hübsch bist du auch. So wird sich noch ein an– derer finden, der dich glücklich machen kann . ..• Wohl hatte Inge etwas Ähnliches er– wartet; aber nun war sie doch völlig verstört. Wußte denn ihr Vater nicht, was Liebe ist? Liebe, die aus dem Her– zen kommt, die innere Harmonie und selige Geborgenheit bedeutet! Vaters Uberlegungen blieben an der Oberfläche. Sicher konnte er es nie verstehen, wenn sie tiotz allem weiter zu ihrem Hans halten würde. Er nahm ja von vornherein und ganz selbs~verständlich an, daß zwi– schen ihnen nun alles aus sein müsse. Und so wie e r würden wohl alle den– ken. Niemand würde sie verstehen .. . Augen wie Christbaumsdun~<k Für Inge war der Weg vorgezeichnet. Ihre Liebe zu Hans hatte sich nur ver– tieft. Sie fühlte mit der Zärtlichkeit einer Mutter, die mit abgöttischer Liebe an einem Kinde hängt, das ein hilfloses Wesen bleiben wird. An einem freien Nachmittag wagte' sie einen schweren Gang, vor dem sie sich schon lange fürch– tete. Hans mußte endlich künstliche Augen bekommen! Natürlich trug er längst eine dunkle Brille, die ihn vor der lästigen Neugierde der Mitmenschen schützte. Aber er litt darunter, mit leeren Augenhöhlen zu leben. Wie ein Mensch, der einen Arm oder einen Fuß verloren hat und diesen Verlust immer spürt, so fühlte auch er seinen furchtbaren Verlust. Ein Optiker hatte Inge die Adresse eines Mannes gegeben, der künstliche Augen her– stellte. Er arbeitete in einer Etagenwoh– nung, in einem einfachen Zimmer. Mit freundlichem, unbefangenem Ernst er– klärte .er Inge bereitwillig alles. Sie hatte angenommen, er sei Arzt. Das aber verneinte er ent-schieden. wich bin nur Techniker", sagte er, .Spe– zialist im Herstellen von Glasaugen.• Gläserne Stielaugen lagen auf dem Tisch. Beinahe jeder Augapfel zeigte eine Iris. In Grau, in Graublau, Braun, Grün– braun und allen möglichen Abstufungen. Der Spezialist hob eines der gläsernen Stielaugen hoch. •so ein Auge soll möglichst genau dem noch gesunden gleichen", erklärte er. wSehen Sie, hier ist ein Augapfel von gelblicher Farbe. Auf <ihn habe ich rote Äderchen aufgemalt. • Inge sah darauf. Wie feines Filigran lief ein geädertes Muster über das schim– mernde runde Glas: .Sie haben gute Augen! " Er nickte : .Sie sind für meine Arbeit Vorbedingung!• Er war jung, trug einen weißen Kittel. Durch das Fenster drang von einer grauen Straße das Tageslicht herein. In einer Ecke stand ein Schreibtisch mit einem Zettelkasten und einer alten klapp– rigen Schreibmaschine darauf. Es war alles sehr nüchtern, sehr alltäglich und wirkte gerade deshalb doppelt gespen– stisch. Wenn dieser Glasbläser alt und bucklig gewesen wäre oder geheimnis– voll in seinem Auftreten, hätte er viel– leicht auf lnge beruhigend gewirkt; so aber stand ein Dutzendmensch vor ihr, und deshalb war alles von unheimlicher Grausamkeit. Inge fühlte Angst. Mühsam brachte sie hervor: .Ich komme wegen eines Blin– den. Er braucht zwei Augen! " .Ja. Er muß natürlich selber kommen.• Die Stimme klang unbewegt, war nur höflich. .Die Augen müssen schließlich in Größe und Form stimmen. Und welche Farbe wünscht er sich? Will er vielleicht blaue Augen haben?" •Was sagen Sie? Wie meinen Sie das? Wieso blaue .. .?" .Hm - das ist so eine Sache! Beinahe die Hälfte aller Blinden, die zu mir kom– men, behaupten, sie hätten blaue Augen gehabt. Obwohl ich sehr häufig an ihrem ganzen Typ, an ihren .dunklen Haaren und anderen Merkmalen erkenne, daß sie eine andere Augenfarbe hatten.• .Das ist doch nicht möglich!" .Doch, doch! Es ist schon so. Und das ist nicht einmal das Merkwürdigste. Ich muß immer wieder erleben, daß sehr viele Menschen einfach nicht wissen, welche Farbe ihre Augen nun tatsächlich hatten. Und immer sind es die Männer, die das nicht sagen können. Wenn sie dann plötzlich angeben sollen, wie ihre Augen waren, werden sie unsicher. Auch die Angehörigen zögern. Außerdem: sehen Sie nur, wieviel Farbabstufungen ich habe. Hier spielt Grau in Blau hinein, da Blau in Grün, und dies sind Bernstein– Töne . . .• Inge sah auf den Arbeitstisch und ent– deckte hinter ihm auf einem Regal einen Karton, wie er zum Versand v on C hrist– baumschmuck gebraucht wird. D.er Glas– augen-Spezialist war ihrem Blick gefolgt und stellte die Schachtel vor sie hin. Aus winzigen Fächern, in weißes Seidenpa– pier gebettet, starrten sie ein Dutzend lebloser Augen an. Sie erwiderte die Blicke der Glasku– geln und erschauerte, weil sie an Weih– nachten denken mußte. Mein Gott! Hans würde nie mehr einen geschmückten Baum sehen können! Warum lagen diese Augen in einer Schachtel, arrangiert wie auf dl!Ill Weihnachtsmarkt die bunten Kugeln! Ihr schwindelte. Jetzt zeigte er ihr muschelähnliche Glasgebilde: .Das erst sind fertige Augen! Runde könnte man nicht tragen. Sie würden gar nicht halten! Diese For– men aber sind dem jeweiligen Träger genau angepaßt. Sie sind hohl . .. • Inge nahm eine Muschel nach der an– deren in die Hand. Wie bestechend natür– lich Augen darauf gemalt waren! Beim Betrachten des vierten Glasgehäuses wurde sie kreidebleich. . Solche Augen - genau diese Farbe . . . diese Augen hat Hans gehabt", flüsterte .sie .. . "Du wirst ihn nidlt heiraten!'" Schwach uhd elend ging sie nach Hause. Noch immer war ihre Hand ganz feucht. Verstört sah sie plötzlich diese Handfläche an. Sie war leer. Doch . .. lnge schrie auf. Sekundenlang hatte sie wieder zwei Augen gesehen, zwei ge– liebte, verlorene Augen ... Schneller ging sie W#!iter. Sie war jetzt auf alles vorbereitet. Wenn sie in zwei Tagen mit Hans hinging, würde sie stark bleiben können. Abends kam ihr Vater. Völlig über– raschend. Er sah ihr Ers taunen, zwin– kerte ihr zufrieden zu: •Wundere dich nicht! Ich bin deinetwegen gek ommen. Wenn Mutti noch leben würde, hätte sie genauso gehandelt. Weißt du was? Wir wollen zunächst mal gründlich zu Abend essen, und dann wird dir dein Vati Mut machen!"

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2