81 Verhaltensregeln im Alltag In weiteren Aufrufen, die über Plakate kommuniziert wurden, ging es z. B. um die Bewältigung der großen Hungersnot oder konkrete Verhaltensregeln im Alltag. Diese „Aufrufe“ geben einen interessanten Einblick, vor welchen Problemen die Stadt in den ersten Wochen und Monaten nach Kriegende stand und welche Vorschläge, Richtlinien und Verhaltensregeln der Bevölkerung gegeben wurden, die letztlich eine Erleichterung bewirken sollten. Am 28. Mai 1945 wurde vom Magistrat Steyr ein weiteres Plakat veröffentlicht, auf dem die latenten Probleme der Versorgungslage angesprochen wurden: Die nicht zu übersehende Überschrift lautete: HUNGERSNOT! Der folgende Text ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „Aufruf! In meiner ersten Kundmachung habe ich die gesamte Bevölkerung auf die ernste Versorgunglage aufmerksam gemacht. Die bedauerlichen Ereignisse der ersten Tage nach dem Umbruch (Plünderungen aller Orts) haben die Verhältnisse wesentlich verschlechtert. Es bedarf daher der angestrengten Arbeit, um die Bevölkerung von der Hungersnot zu bewahren, ich will aufrichtig und ungeschminkt die Wahrheit schon jetzt sagen: Entbehrungen größten Ausmaßes stehen vor der Tür, was ja nicht anders zu erwarten war nach diesem 6jährigen verbrecherischen Wahnsinn. Das völlige Aussetzen der Fabrik hat Tausende brotlos gemacht. Über Mitteilung der amerikanischen Militärregierung ist in absehbarer Zeit nicht mit der Arbeit in der Fabrik zu rechnen. Über Auftrag der amerikanischen Militärregierung wird daher angeordnet: 1. Jedes Stückchen Bodens in und in der Umgebung der Stadt ist in irgendeiner Weise dem Anbau von Gemüse zuzuführen. In einem ausgebombten Haus wird Gemüse gepflanzt. Jeder Stück Erde wird zur Nahrundbeschaffung herangezogen. Die Hungersnot war überall deutlich spürbar.
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