Die Stadt Steyr, Nachkriegszeit – Besatzung – Wiederaufbau 1945 - 1955

79 suchen, sie darüber zu informieren, was in Wien so vor sich gehe und sie auch zur Unterstützung der Renner-Regierung zu bewegen. Vor allem sollte er den Westen darüber aufklären, dass die Renner-Regierung keine Marionette der Sowjets sei und dass die Kommunisten in der Regierung trotz ihres hohen Anteils nicht das entscheidende Sagen hätten. Herbert Braunsteiner zieht sich ein „Schlossergewand“ an und macht sich auf den Weg nach Waidhofen an der Ybbs. Er schildert seine Enns-Überquerung folgendermaßen: „Ganz zeitig ging ich von Waidhofen nach Weyer. Da lagen die Trümmer der deutschen Armee in der Enns. Nun versuchte ich, in Weyer über die Enns zu kommen. […….] Ich ging ein Stück flussabwärts und kam zu einer Stelle, die mir zur Überquerung des Flusses günstig erschien. Ich habe meine Oberkleidung und die Schuhe ausgezogen, ein Paket gemacht und bin damit in die Enns gestiegen. Und das war ein schwerer Schock, denn der Fluss war irrsinnig kalt. Aber ich habe es doch riskiert und bin geschwommen. Aber ich habe nicht mehr geglaubt, dass ich es bis drüben schaffe. Doch dann war die Strömung günstig und hat mich an das andere Ufer mehr hinübergetragen, als ich geschwommen bin.“97 Braunsteiner zieht wieder sein Schlossergewand an geht nach Linz. Dort fragt er sich zum früheren (und auch wieder späteren) Landeshauptmann Dr. Heinrich Gleißner durch; es dauert eine Weile, bis ihm dieser glaubt. Dann kontaktiert Braunsteiner alle wichtigen Funktionäre der westlichen Länder, um nach 14 Tagen wieder nach Wien zurückzukehren, wo er berichten kann: Sein Bemühen war richtig, denn man misstraute der Regierung Renner, „ja man misstraut allen Politikern in Wien, die dort gemeinsame Sache mit den Kommunisten machen“.98 97 Siehe Portisch/Riff: Österreich II. S. 381f. 98 Ebd. S. 382. Dr. Herbert Braunsteiner an jener Stelle in der Enns, an der er schwimmend die Demarkationslinie überwand, um in den Westen zu gelangen.

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