Die Stadt Steyr, Nachkriegszeit – Besatzung – Wiederaufbau 1945 - 1955

78 Sehr erschwerend für die ganz normalen Abläufe des Stadtlebens war, dass die Stadt in zwei Teile geteilt war und dass jeglicher Kontakt unterbunden war: Alle wichtigen Versorgungsbetriebe und Verwaltungsbehörden befanden sich im von den Amerikanern besetzten Westteil. Dieser Teil war aber wieder total von der Bahnlinie abgeschnitten. Um die Zufuhr aller lebensnotwendigen Güter zu ermöglichen, mussten alle nur irgendwie greifbaren betriebsfähigen Fahrzeuge requiriert werden. Die Kapazität der Lokalbahn Garsten – Klaus reichte für die dringend benötigte Zufuhr der Güter nur in beschränktem Maß aus. Hohe Politik mit einfachen Mitteln Während man in der Stadt Steyr versucht, eine gewisse Normalität in die täglichen Abläufe zu bringen, ringt das Land Österreich um seine Bestandsgarantie: Die Regierung Renner, die nur von den Russen autorisiert wurde, ist mit allen Mittel bestrebt, die Anerkennung der anderen alliierten Besatzungsmächte zu erhalten aber in erster Linie vor allem mit den eigenen Parteifreunden der jeweiligen Landesparteien in den westlichen Bundesländern Kontakt aufzunehmen, um sich ihrer Unterstützung zu versichern, die auf Grund der Tatsache, dass auch Kommunisten der Regierung in Wien an gehörten, nicht selbstverständlich war. Da es für die ÖVP überhaupt keine Kommunikationsmöglichkeit mit den westlichen Bundesländern gab (die SPÖ hingegen verfügte über einen Vertrauensmann bei den Alliierten), musste zu einem abenteuerlichen Plan gegriffen werden, der jedem Spionagefilm zu Ehre gereichen würde: Der damalige Sekretär von Dr. Felix Hurdes, Generalsekretär und Mitbegründer der ÖVP und Unterrichtsminister von 1945 – 1952, Herbert Braunsteiner, begab sich in den Abendstunden des 17. Mai 1945 an die Enns, um sie zu durchschwimmen, und so in die amerikanische Zone zu gelangen, um mit den ÖVP-Verantwortlichen der westlichen Bundesländer Kontakt aufzunehmen. Herbert Braunsteiner (1923 – 2006) war im Widerstand, Mitglied der Gruppe 05, studierte später Medizin und machte als Arzt eine große Karriere in Innsbruck. Er meldete sich freiwillig für diese Aufgabe und sollte versuchen, die sowjetisch-amerikanische Demarkationslinie illegal zu überschreiten, um in Westösterreich nach Parteifreunden der ÖVP zu Herbert Braunsteiner als junger Student.

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