77 Steyr – eine geteilte Stadt Nachdem die Amerikaner bereits ab dem 5. Mai 1945 in der Stadt waren, trafen am 8. Mai um ca. 16:00 Uhr die ersten Truppen der 3. Ukrainischen Roten Armee vor der Ennsbrücke beim Hotel Minichmayr ein. Als am Tag darauf, am 9. Mai, das Gros der Sowjettruppen eintraf, zogen sich auf Grund einer Vereinbarung der Alliierten die US-Soldaten auf das linke Ennsufer zurück und die Rote Armee besetzte Steyr bis zum rechten Ennsufer. An den Ennsbrücken wurden sofort Sperren errichtet. Die Amerikaner verrammelten das Neutor mit Pflastersteinen und machten auf diese Weise den Durchgang unpassierbar. Beiderseits der Brücke wurden Kanonen postiert; in der Mitte errichtete man „Spanische Reiter“ (Panzersperren). Diese Aktion wurde so unvermittelt durchgeführt, dass Leute, die zum 8:00- Uhr-Gottesdienst noch ungehindert die Brücke benützen konnten, nach Beendigung des Gottesdienstes nicht mehr zurückkonnten. Ähnlich erging es den Frauen, die zum Einkaufen in der Stadt waren. Übergänge gab es nur noch kurze Zeit über die Eisenbahnbrücke in Garsten, später nur noch bei Sand und über die Überfuhr bei Münichholz – aber auch nur mehr wenige Tage und zu bestimmten Zeiten, dann wurde auch dort eine strikte Sperre erlassen: Damit war bis zum 28. Juli 1945 jeglicher Verkehr zwischen den beiden Stadtteilen unterbunden. Steyr war in dieser Zeit eine geteilte Stadt! Was jetzt für die Bevölkerung in der West- und Ostzone begann, war zumindest in den ersten Wochen der nackte Kampf um das Überleben. Mit viel Geschick und Organisationsaufwand – und immer wieder auch Mut gelang es, die Herausforderungen zu überwinden. Die Sperre über die Ennsbrücke beim Hotel Minichmayr.
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