Die Stadt Steyr, Nachkriegszeit – Besatzung – Wiederaufbau 1945 - 1955

68 Stadt Steyr verteidigen. Bei Grünburg war aber Endstation: Dort „löste“ sich das „Entsatzheer“ auf.85 Ähnlich erging es einer Steyrer Volkssturmeinheit, die zu Verteidigungszwecken in Richtung Waldneukirchen (Hörmühl) und Aschach/Steyr losgeschickt wurde: Die zusammengewürfelte Truppe wurde bereits bei Pichlern an der Steyr von den anrückenden Amerikanern „in Empfang genommen, entwaffnet und nach Hause geschickt“.86 Bei Waldneukirchen kapitulierte in den Mittagstunden desselben Tages auch der Stab der 487. Ersatz- und Ausbildungsdivision der deutschen Heeresgruppe Ostmark. Damit hatte westlich der Enns der letzte geschlossene deutsche Verband kapituliert.87 In der Zwischenzeit war auch der Kampfkommandant der Stadt Steyr abgerückt und der Wehrbezirkskommandant, Oberst Lechner, übernahm das Kommando über die Stadt. Als neuer Befehlshaber verfügte er sofort, dass alle Sprengladungen an den Brücken entfernt werden müssen und verbot jeglichen militärischen Widerstand. 88 Am 4. Mai erschien jedoch plötzlich der Gauleiter von Oberdonau, August Eigruber, in Steyr und hielt in der Bibliothek im Schloss Lamberg in Gegenwart der politischen Leiter und der Kommandanten der Einheiten des Volkssturms eine Ansprache an die oberösterreichische Bevölkerung, die über den Rundfunk ausgestrahlt wurde. Während er in dieser Ansprache alle Einheiten zum Ausharren aufforderte, setzte er sich selbst unmittelbar danach fluchtartig ins Ennstal ab. Er nahm sich gerade noch Zeit, den Steyrer Oberbürgermeister Hans Ransmayr einzuladen, mit ihm zu kommen. Dieser erklärte jedoch, „er sei alt und krank und habe auch niemand ein Leid zugefügt, er wolle deshalb in Steyr bleiben“. 89 85 Bernt-Koppensteiner, Ines: Steyr im Jahr 1945. Geschichte einer geteilten Stadt. Begleittext zu einer von einer Gruppe von elf Schülerinnen und Schüler veranstalteten Ausstellung des Wahlpflichtfaches Geschichte der 7. Klassen des BRG Steyr im Juli 1995. S. 4. 86 Erlefried Krobath, Steyr nach dem Zweiten Weltkrieg, Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 28, S. 1, Dezember 1967 87 Bernt-Koppensteiner, Ines: Steyr im Jahr 1945. Geschichte einer geteilten Stadt. S. 4. 88 Sh. Erlefried Krobath, Steyr nach dem Zweiten Weltkrieg: „Am 4. Mai machten Anrainer der gefährdeten Brücken die angebrachten Minen auf sachkundige Art unschädlich. An der Steyrbrücke war es der Tischlermeister namens Schweiger, der die Minen entschärfte.“; S. 5 89 Ebd. S. 5.

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