Die Stadt Steyr, Nachkriegszeit – Besatzung – Wiederaufbau 1945 - 1955

62 Das Kriegsende in Steyr und Oberösterreich Wenn man von den Bombardements der Amerikaner absieht, war Steyr bis Anfang Mai 1945 in keinerlei kriegerische Handlungen des Zweiten Weltkrieges einbezogen gewesen. Ganz Oberdonau wurde erst in den allerletzten Kriegstagen in das Kampfgeschehen mit Bodentruppen involviert – und das zu einem Zeitpunkt, als Adolf Hitler bereits tot war. Dass die Besetzung Oberösterreichs auf diese Weise durch die Amerikaner vorgenommen worden ist, ist ausschließlich dem Weitblick General Dwight D. Eisenhowers zu verdanken gewesen. „Zuletzt kommt es zu einem Wettlauf der siegreichen Alliierten um Österreich.“70 Bis Mitte April 1945 war nämlich nicht eindeutig klar, welche der alliierten Streitkräfte Österreich zuerst besetzen würden: Die amerikanischen Armeen von Deutschland aus, die anglo-amerikanischen Armeen von Italien aus oder die sowjetischen aus östlicher Richtung.71 Eisenhowers oberstes Ziel war es, so rasch als möglich die deutsche Wehrmacht zu zerschlagen oder einzugrenzen und nicht die Verfolgung von Prestigezielen, wie die Eroberung von Prag und Berlin! Er wollte es den deutschen Truppen auch unmöglich machen, sich in die sogenannte „Alpenfestung“72 abzusetzen, die es ja in der kolportierten Form ohnehin nicht gab. Er befahl daher seinen Truppen, dass sie rasch nach Süden vorrücken sollten; im oberösterreichischen Raum bedeutete diese Strategie einen direkten Vorstoß nach Linz und darüber hinaus die Kontaktaufnahme mit den sowjetischen Truppen an der Enns.73 Die Amerikaner bevorzugten geographisch eindeutige Demarkationslinien. „Diese Vorliebe ist wahrscheinlich auch 70 Rohrhofer, Franz X.: Oberösterreich 1945 – 1955. Wiederaufbau und Neubeginn. Linz 2005, S. 10. 71 Tweraser, Kurt: US-Militärregierung Oberösterreich 1945 – 1950. Band 1. Sicherheitspolitische Aspekte der amerikanischen Besatzung in Oberösterreich-Süd 1945 – 1950. Beiträge zur Zeitgeschichte Oberösterreichs, Band 14. Herausgegeben vom Oberösterreichischen Landesarchiv, Linz 1995. S. 35 72 Die ersten Hinweise auf das Bestehen einer „Alpenfestung“ kamen vom Schweizer Geheimdienst und der Propaganda von Joseph Goebbels. Für den Aufbau einer wirkungsvollen Verteidigungsanlage im inneralpinen Bereich hätte es allerdings einer Vorbereitungszeit von mindestens zwei Jahren bedurft. Das NS-Regime scheute sich jedoch aus Angst vor der defätistischen Wirkung auf die Bevölkerung, Verteidigungsmaßnahmen auf dem Reichsgebiet vorzunehmen. So wurden erst im Jänner 1945 erstmals ernsthafte Maßnahmen für den Ausbau einer „Alpenfestung“ getroffen. Federführend war dabei der Gauleiter von Tirol, Franz Hofer, der allerdings erst am 12. April 1945 Adolf Hitler im Führerbunker in Berlin seinen Plan von der „Alpenfestung“ vorstellte. Hitler – immer noch vom Endsieg überzeugt - billigte Hofers Vorschlag und ernannte ihn am 29. April – einen Tag vor seinem Suizid - zum „Reichsverteidigungskommissar der Alpenfestung“. 73 Ebd. S. 39.

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