60 Regierungsbildung in Wien – und im Westen wird noch gekämpft Dieser unmenschliche und unverständliche Befehl von Gauleiter August Eigruber erging am gleichen Tag, an dem Dr. Karl Renner in Wien die „Provisorische Staatsregierung“ proklamierte, die in dieser Zusammensetzung bis zum 20. Dezember 1945 amtierte. Die Bundeshauptstadt war von den Sowjets eingenommen – und es begann bereits die Nachkriegszeit. Bei dieser Regierung handelte es sich um eine Konzentrationsregierung der Parteien ÖVP, SPÖ und KPÖ, die ihre Befugnisse aus der proklamierten „Unabhängigkeitserklärung“ ableitete, mit der die Republik Österreich wiedererrichtet wurde. „Die eigene Lebenslage bewirkte, dass man sich um die große Politik nicht kümmerte. Doch im fernen Wien waren Politiker am Werke, [……] die man achtete, ja sie genossen wegen ihrer an den menschlichen Bedürfnissen orientierten Handlungen hohes Ansehen. Es dauerte aber bis zum Herbst 1945, bis eine Verwaltungsstruktur und Parteiorganisation [….] eingerichtet waren.“67 Während in Wien schon regiert wurde und die ersten Schritte zur Normalität gesetzt wurden, wurde in der Mitte und im Westen des Landes noch gekämpft und verübten die Nazis noch ihre letzten abscheulichen Gräueltaten. Es waren Tage, in denen das zusammenbrechende Großdeutsche Reich nochmals zu grausamen Repressalien griff, um die Eroberung durch die alliierten Truppen hinauszuzögern. Historiker schätzen, dass in diesen wenigen Tagen 87.000 Menschen auf österreichischem Boden zu Tode kamen, dazu kamen noch 23.000 KZ-Häftlinge, die man auf die berüchtigten Todesmärsche schickte (Siehe S. 39 ff.); 7.000 Menschen wurden in diesem Zeitraum im KZ-Mauthausen und den Nebenlagern umgebracht.68 67 Jagschitz, Gerhard u.a.: Menschen nach dem Krieg 1945 – 1955, St. Pölten 1995. S. 11 68 April 1945: Grauenvolle 41 Tage in Österreich. [online]. URL: http://diepresse.com/home/zeotgeschichte/4710235/April-1945_Grauenvolle-41-Tage-inOesterreich [letzter Zugriff: 30.07.2019]. S. 1.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2