42 weitergegangenen sei, könne er nicht sagen. Alle wussten, dass es Juden waren, die so elend daherkamen und so brutal behandelt wurden. In der Leopold-Werndl-Straße beobachtete ein damals 24-jähriger Garstner den Transport: ‚Leute haben aus den Häusern Brot hinausgeworfen. Die Wachleute haben mit den Gewehrkolben auf die Leute eingeschlagen [….] Die Juden sind dabei oft umgefallen und trotzdem haben sie noch hingeschlagen. Die Leute in Garsten haben sich aufgeregt darüber. Das war das Schlimmste, das ich nie vergessen kann.“46 Steyr war der Knotenpunkt der verschiedenen Evakuierungsrouten. Hier kamen die fünf Transporte ungarisch-jüdischer ZwangsarbeiterInnen aus dem Ennstal und der Transport aus dem Kremstal durch. Aber auch verschiedene Evakuierungsmärsche von den Außenlagern des KZ Mauthausen in das KZ Steyr führten z. T. durch die Stadt; manche Kolonen mit KZ – Häftlingen wurden nachts durchgeschleust, aber auch bei Tag zogen die Elendskolonnen durch die Straßen von Steyr. Die Bevölkerung nahm diese „Gespensterzüge“ auch bewusst wahr und sie flößten ihnen Angst ein. Aber zu helfen wagten nur wenige. Man kann es nur schwer verkraften, dass zum Beispiel für den sogenannten „Ersten Transport“, der am 13. April 29145 aus dem Ennstal kommend in Steyr eintraf, vormittags 42 Volkssturmleute von einem Schulwart zusammengerufen wurden, die sich dann alle um 14 Uhr im SA-Lokal, Mittere Gasse 19, trafen und dann ihrer „Arbeit“ oder ihrem Auftrag nachgingen. Unter diesen Männern waren: ein Landesgerichtsdirektor des LG Steyr, ein Obermagistratsrat, ein Schuldirektor, Obersekretäre der Stadtgemeinde, ein Landrat, angesehene Kaufleute der Stadt Steyr, ein Professor der Oberschule, ein Schulwart, ein Straßenaufseher, Mitglieder des Werkschutzes, ein Schneider……..Sie begleiteten dann zusammen mit 16 Volkssturmleuten aus Laussa die rund 1500 bis 1800 Menschen, die vorher die Nacht bei Ternberg verbringen mussten nach Gleink/Dornach. Man fragt sich ja unwillkürlich: Waren die wirklich noch alle überzeugt von dem, was sie da vollbringen mussten, konnte man sich gegen diese Befehle nicht wehren, war keine Zivilcourage möglich, war die Angst um das eigene Leben größer als das Mitleid mit den Geschundenen, war vielleicht das Gefühl des Mitleids gar nicht ausgeprägt – wie weit war eigentlich die Verrohung der betroffenen Menschen schon fortgeschritten. Sonst ist es ja 46 Bernt-Koppensteiner, Ines: nirgendwo, S. 115
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