Die Stadt Steyr, Nachkriegszeit – Besatzung – Wiederaufbau 1945 - 1955

40 Die Tatsache dieser Todesmärsche, die Mitte April 1945 auch durch Steyr geführt wurden, war lange Zeit verschwiegen und verdrängt worden, bis sich Ines Bernt-Koppensteiner mit einem Autorenteam dieses Themas annahm und 2015 ein Buch mit dem Titel „nirgendwohin – Todesmärsche durch Oberösterreich 1945“43 herausbrachte. „Die Menschen wurden einen Monat lang zu Fuß wie Viehherden von brutalen Bewachern durch unbekannte Gegenden, Dörfer und Kleinstädte quer durch Österreich getrieben, ohne ihr Ziel zu kennen. […….] Die BewohnerInnen entlang der Routen sahen nun die ganze Bestialität des Regimes mit eigenen Augen, und nicht wenige wurden als Dorfgendarmen oder Volkssturmmänner, die man im Ort kannte, zu Handlangern gemacht. Mitglieder der Zivilbevölkerung führten Misshandlungen und Morde widerspruchslos aus.“44 Eines der ganz seltenen Bilder eines Todesmarsches; vielleicht auch das einzige, das Einblick in die Tragödie gibt, unter welchen Strapazen die ungarischen Juden durch das Ennstal nach Mauthausen und viele davon noch nach Gunskirchen getrieben wurden. (Das Bild wurde heimlich von einer Dachluke aus am 8. Oder 9. April 1945 in Hieflau aufgenommen). Man fragt sich unwillkürlich, wie so ein Verhalten von Menschen möglich wird, die ganz normal in die Gesellschaft integriert sind. Scheinbar hatten diejenigen, die unbeugsam an das Regime glaubten, auf Grund der Entwicklungen und der Lebensumstände der letzten Wochen und Monate die ganz normalen 43 Bernt-Koppensteiner, Ines (Hg), Schinko, Alexander, Käferböck-Steler, Fritz, Neuhauser-Pfeiffer, Waltraud, Dorn, Erwin: nirgendwohin – Todesmärsche durch Oberösterreich 1945. Eine Spurensuche in die Zukunft, Steyr 2015, Ennsthaler Verlag 44 Benrt-Koppensteiner, Ines: nirgendwo, S. 8

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