37 Behelfsbauten im Steyrtal Die Stadtverwaltung von Steyr und auch die umliegenden Gemeinden standen nach den amerikanischen Luftangriffen vor einem gravierenden Problem: Sollten die Luftangriffe weitergehen, dann wäre davon auszugehen, dass viele Häuser und Barackensiedlungen getroffen würden und dadurch zahlreiche Menschen keinen Wohnraum mehr zur Verfügung hätten. Die Entscheidungsträger haben Lösungen für dieses Problem lange hinausgeschoben. „Allerdings kam den Verantwortlichen im ‚Fall Steyr‘ unerwartet die Haltung der amerikanischen Luftstreitkräfte zugute, die sich offensichtlich mit der Zerstörung des Wälzlagerwerkes und der teilweisen Demolierung der Steyerwerke zufrieden gaben und ihre Angriffsprioritäten anderen Zielen zuwandten.“39 Nach den drei Luftangriffen auf Steyr, die innerhalb von sechs Wochen stattfanden, waren in Steyr 3.200 Menschen obdachlos; überraschend für die Stadtverwaltung war, dass davon mehr als die Hälfte privat eine Unterkunft fand. Eine ganz andere Größenordnung an Obdachlosen hätte es gegeben, wenn die Bomben auch die rund um die Industrieanlagen gelegenen Zwangsarbeiter- und Gefangenenlager getroffen hätten. „In ihnen lebten zum Stichtag 23. Februar 1944 etwas mehr als die 6.000 ausländische Zwangsarbeiter und Häftlinge, insgesamt beherbergten die Lager im Großraum Steyr die kaum vorstellbare Anzahl von knapp 13.000 Personen.“40 Ganz besonders gefährdet war natürlich die Großsiedlung Münichholz durch ihre unmittelbare Nähe zum Kugellagerwerk. Eine Lösung für diese Probleme sollten die sogenannten „Behelfsheime für Luftkriegsbetroffene“ bringen, die vom „Deutschen Wohnungshilfswerk“ entwickelt wurden. Robert Ley, der Reichswohnungskommissar des Deutschen Reiches, der vom „allen Völkerrecht hohnsprechenden Luftterror der Anglobarbaren und der USamerikanischen Negerpiloten“ sprach, kündigte an, dass „in weiser Voraussicht für alle Möglichkeiten des Luftterrors Vorsorge getroffen wird. Das Kernstück 39 Locicinik, Raimund: Wohnraum für den Endsieg. Die Behelfsheimbauten im Steyrtal und der Luftkrieg über Steyr. Hrsg.: Verein „Freunde der Geschichte der Stadt Steyr und der Eisenwurzen“ Steyr 2016. S. 69 40 Ebd. S. 70 f.
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