Die Stadt Steyr, Nachkriegszeit – Besatzung – Wiederaufbau 1945 - 1955

307 Um die Aufarbeitung wirklich gründlich abzuschließen, setzt die Republik Österreich 1998 eine Historikerkommission ein, die den Komplex Vermögensentzug, Rückstellungen bzw. Entschädigungen prüfen soll. Am 24. Februar 2003 präsentiert die Kommission ihren 14.000 Seiten umfassenden Bericht, wobei sie zu dem Ergebnis kommt, „dass die Republik Österreich – basierend auf einem Missbrauch der Opferthese – nach 1945 nur halbherzig und teilweise recht zögerlich bei der Entschädigung der Nazi-Opfer agiert hat“608. Das „Demokratiezentrum Wien“ vermutet, dass der „Opfermythos“ bis heute noch in den Köpfen mancher Menschen weiterlebt. Dass es aber durchaus ernstzunehmende Bemühungen gibt, „die Verantwortlichkeit und die Beteiligung Österreichs am Nazi-Regime aufzudecken“609. Was scheinbar immer wieder manche Menschen aufregt und auch zu unangenehmen Konsequenzen führt, sind Darstellungen oder Hinweise auf Nazi-Verbrechen im öffentlichen Raum: Zerstörung, Verschmutzung oder Devastierung sind leider immer noch Ausprägungen dieser Geisteshaltung. So sind im Zentrum von Wien im Mai 2019 bereits zum dritten Mal Bilder einer Ausstellung beschädigt worden: Sie zeigen Porträts von Opfern des NSRegimes. „Gegen das Vergessen“ war das Motto der Ausstellung; die Porträts zeigten Juden, Sinti und Roma. 80 Bilder säumten gleichsam den Heldenplatz, den wahrscheinlich geschichtsträchtigsten Platz unseres Landes ein. Viele Tafeln wurden zerschnitten oder mit Hakenkreuzen beschmiert. Die 608 Ebd. S. 4. 609 Ebd. S. 5.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2