Die Stadt Steyr, Nachkriegszeit – Besatzung – Wiederaufbau 1945 - 1955

300 Einmal Moskau und zurück Österreich hat bereits 1947 mit Verhandlungen über einen Staatsvertrag begonnen, aber im Jahr 1953, acht Jahre nach Kriegsende, ist immer noch keine Einigung abzusehen, obwohl die lästigen Kontrollen zwischen der amerikanischen und der russischen Zone bereits gefallen sind. Zwischen 1947 und 1953 kamen die Verhandlungen zwischen den Besatzungsmächten und Österreich ins Stocken. „Das Verhältnis zwischen den USA und der Sowjetunion war sehr angespannt (‚Kalter Krieg‘). Beiden Ländern erschien ein Abzug ihrer Truppen aus Österreich zu unsicher.“ 590 Erst nach dem Tod des sowjetischen Diktators Josef Stalin 1953 kam wieder Bewegung in die Gespräche über einen möglichen Staatsvertrag. Der soeben neu ernannte Bundeskanzler Julius Raab (2. April 1953), ein erfahrener Taktiker und sehr geschickter Verhandler, erkannte, dass man nur mit der Regierung in Moskau zu einem Ergebnis kommen könne. „Es nützt nichts, wenn man den russischen Bären, der mitten im österreichischen Garten drinnen steht, immer wieder durch laut tönende Sonntagsreden in den Schwanzstummel zwickt.“591 Deshalb gibt Julius Raab ab sofort die Devise aus, den direkten Weg mit Moskau zu suchen und den Russen die Sorge von der Zeit nach dem Staatsvertrag zu nehmen. Raab setzt solche Maßnahmen und erreicht sein Ziel: Molotow lädt die Regierungsspitze nach Moskau zu Verhandlungen ein. Österreich ergreift die Chance und Mitte April 1955 fliegt eine hochranginge Regierungsdelegation mit Bundeskanzler Raab, Vizekanzler Adolf Schärf, Außenminister Leopold Figl und Staatssekretär Bruno Kreisky nach Moskau. „Die Herren sind überrascht von dem Empfang, der ihnen bereitet wird. Nach drei Tagen erfolgt der Durchbruch zu einem Staatsvertrag: Österreich wird sich für neutral erklären, allerdings freiwillig und erst nach Abzug der fremden Truppen“592 Sehr zur Legenden-Bildung der Verhandlungen in Moskau hat eine Karikatur beigetragen, die damals in der Münchner Zeitschrift „Simplizissimus“593 erschienen ist: Raab spielt Zither, Wodka steht am Tisch, die russische 590 Was lange währt wird ewig gut – Österreichs Weg zum Staatsvertrag. [online]. URL: http://www.demokratiewerkstatt.at/thema/thema-60-jahre-staatsvertrag/was-lange-währt-wird-wird-gut.S.2. 591 Julius Raab 1953, Quelle: Rohrhofer, Franz X.: Oberösterreich 1945 – 1955, S. 183. 592 Siehe: Rohrhofer, Franz X.: Oberösterreich 1945 – 1955, S. 186. 593 Karikatur von E. H. Köhler im „Simplizissimus“, Jg. 1955, Nr. 17, S. 3.

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