Die Stadt Steyr, Nachkriegszeit – Besatzung – Wiederaufbau 1945 - 1955

290 aus der näheren und weiteren Umgebung geholt werden. In Steyr arbeiteten nun 9.300 Arbeitskräfte vorwiegend für die Rüstung.“570 Die Autoproduktion der Steyr-Werke wurde während des Krieges vorwiegend auf Militärfahrzeuge wie Lastkraftwagen, Geländewagen und Raupenschlepper umgestellt. „Neben der Auto- und Handfeuerwaffenproduktion kristallisierten sich in Steyr zwei weitere Schwerpunkt heraus: die Erzeugung von Kabinen und Fahrgestellen für Flugzeuge sowie schließlich die Produktion von Flugzeugmotoren.“571 1939 wurde der Grundstein für das Wälzlagerwerk gelegt; bereits im September 1941 erreichte Steyr die 50.000-Einwohner-Grenze. „Das ‚neue‘ Steyr, wie es von den Machthabern propagandistisch genannt wurde, sollte Wohnraum für 20.000 bis 30.000 Menschen bieten und den ‚fremden‘ deutschen Arbeitskräften, die sich in Steyr mehr oder weniger freiwillig ansiedeln mussten, eine neue Heimstätte werden.“572 Mit der Planung und Durchführung wurde die WAG – die „Wohnungs- und Aktiengesellschaft“ der Reichswerke Hermann Göring betraut. Mit dem Siedlungsbau in Münichholz wurden völlig neue Maßstäbe gesetzt: Nicht einmal die größten sozialen Wohnhausanlagen der Gemeinde Wien in der Ersten Republik erreichten mit ihren rund 1.000 Wohnungen die Dimension von Münichholz. Der Modellcharakter der Siedlung wurde auch noch dadurch herausgestrichen, indem die Reichsregierung Expertenteams nach Münichholz einlud, um die „imposanten Pracht- und Zweckbauten des Neuen Deutschland“573 vorzuführen. Die Planungsstäbe haben alle Register ihrer städtebaulichen Möglichkeiten angewendet: von der städtisch-dichten Wohnblockverbauung bis zur aufgelockerten Reihenhaus- und Einfamiliensiedlung. Mit den 2.400 Wohnungen stellt Münichholz die größte geschlossene Siedlung dar, die in der NS-Zeit in Österreich entstanden ist. Um die gigantischen Bauvorhaben zu realisieren, war es zunächst notwendig geworden, die Bahnanlagen nach Münichholz zu verlegen. „Die Anlage des Bahnhofs Ramindorf-Haidershofen erwies sich dem gewaltigen Güterverkehr, der Baustoffe in langen Güterzügen herbeibrachte, nicht mehr gewachsen. Auf Vollbahn-Schleppgleisen förderte die Feldbahn die Baugüter an die 570 Ebd. S. 23. 571 Ebd. S. 23. 572 Ebd. S. 24. 573 Jahrbuch des Kreises Steyr, Anschriftenbuch von Partei, Staats- und Gemeindebehörden, Industrie, Handel und Gewerbe, 1942, 55. Jahrgang, S. 279.

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