25 Nachdem man seit den Ereignissen des Vortages den Kellern als Schutzräumen nicht mehr so richtig traut, wird plötzlich das Gedränge bei den Luftschutzstollen beängstigend. Dann hört man bereits das unheimliche Brummen, das mehr und mehr anschwillt, dann beginnt die Flak auf der Christkindlleite zu schießen, dann alle übrigen Gefechtsstände, die wie ein Kranz die Stadt umgeben und auch von Schülern des Realgymnasiums besetzt sind. „Ein fürchterlicher Lärm bricht los. In den Luftschutzkellern zittern die Wände. Und da …. ein Sausen und Pfeifen: die Bomben…. Wer in diesen Sekunden von einer Anhöhe über Steyr blickt, erlebt einen Anblick, den er nie in seinem Leben vergessen wird. Quer durch die engverbaute Stadt läuft eine Art riesige, brennende ‚Zündschnur‘ in Richtung Fabrik. In kurzen Abständen leuchten hintereinander die Sprengbomben auf: im Eisensfeld, beim Schloß, in der Enge, in Zwischenbrücken. Dann Ennsdorf, Steyr-Werke und Ramingsteg. Man kann deutlich erkennen, daß die Bombenwalze breiter und dichter wird. Dort geht ein wahrer Stahlregen nieder und einen Moment lang scheint es, als hätte jetzt die ‚Zündschnur‘ ein Pulverfaß erreicht, das in die Luft fliegt.“21 Der Schlag, den die amerikanischen Bomber ausführen, ist furchtbar: Innerhalb weniger Minuten fallen 1.200 Sprengbomben auf die Stadt Steyr. „Jede dieser Bomben reißt eine tiefe Wunde, bringt Mauern zum Einsturz, läßt Häuser in sich zusammensinken, tötet Menschen.“22 Eine der schlimmsten Vorgänge spielt sich im „Objekt 13“ der Steyr-Werke in der Schaftstraße ab. Dort waren 110 kriegsgefangene Italiener beschäftigt. Damit sie, während die Bomben fallen, nicht entlaufen, wurde die Halle, in der sie sich aufhielten, versperrt. Die Halle wurde getroffen, der Werkschutzmann, der den Schlüssel verwahrte, wurde tödlich verletzt und die Italiener waren in der inzwischen brennenden Halle gefangen: „Blitzschnelle greift der Brand um sich, verzweifelt trommeln die Eingeschlossenen an das schwere Eisentor. Ohnmächtig rütteln sie an den massiven Fenstergittern, rufen um Hilfe. [….] an den ausgeglühten Fenstergittern findet man sie, noch im Tod wie um Hilfe flehend die Hände ausgestreckt.“23 Rund sechzig Menschen verbrannten hilflos. 21 Ebd. S. 4. 22 Ebd. S. 4. 23 Ebd. S. 4.
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