260 Österreich und insbesondere vor Steyr halt. Viele Steyrer suchten deshalb ihr Glück in anderen Ländern: Vom 1. September 1929 bis 28. Februar 1930 wanderten 206 Personen aus: nach Deutschland, Frankreich, USA, Kanada und Brasilien. Die Stadt Steyr schlitterte bei fallenden Einnahmen und steigenden Ausgaben – vor allem im Sozialbereich – in eine schwere Krise: Am 29. September 1931 erklärte Steyr den Bankrott. „1932 sind bei 22.000 Einwohnern 11.750 (53,4%) auf die öffentliche Fürsorge angewiesen, davon sind 900 ‚ausgesteuert‘ und 2.028 beziehen eine Notstandshilfe, 90% der Schulkinder sind schwer unterernährt.“504 „Der Mitarbeiter-Abbau bei den Steyr-Werken war dramatisch: von 6.648 im Jahr 1929 auf 969 im Jahr 1934. [….] Ein großer Schock war die vollständige Verlagerung der Reifenwerke Reithoffer, die in den 1920iger Jahre von mehr als 1.000 Leute beschäftigten, nach Traiskirchen und Wien. [….] Die Lage der Sensen- und Messerindustrie war verzweifelt, ebenso wie die der gesamten Eisen- und Metallindustrie.“505 In dieser großen Notsituation setzt der damalige evangelische Pfarrer Fleischmann Initiativen, um Abhilfe zu schaffen: er fährt ins Ausland (Deutschland, Holland, Schweiz), sammelt unermüdlich Spenden, um die ärgste Not lindern zu helfen; er vermittelt Kindern Auslandaufenthalte, gründet einen Kindergarten und setzt schlussendlich eine besondere Idee um: er kauft mit Unterstützung aus Deutschland ein großes Stück Land am Damberg, teilt es in 504 Lehner, Gerold, Raimund Locicnik (Hg): Steyr – Stadt der Reformation. Das evangelische Jahrhundert von 1517 – 1627. Linz 2018, S. 488. 505 Sandgruber, Roman: Die Weltwirtschaftskrise in Oberösterreich. [online: 10.01.2009]. URL: http://www.oegeschichte.at/themen/wir-oberoesterreicher/wir-oberoesterreicher/weltwirtschftskrise. [letzter Zugriff: 04.07.2019]. S. 1. Der evangelische Kirchenbau in der Bahnhofstraße wurde 1898 errichtet.
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