Die Stadt Steyr, Nachkriegszeit – Besatzung – Wiederaufbau 1945 - 1955

259 „Nun gilt ausnahmslos für alle: Wer nicht katholisch werden will, muss auswandern. In dieser Zeit verließen mehr als 2.500 Bürger die Stadt. Es folgte ein wirtschaftlicher Absturz. 228 Häuser blieben leer.“501 Verschiedene Ordensgemeinschaften wurden zurückgeholt und hatten den Auftrag, der Bevölkerung wieder den katholischen Glauben und die katholischen Riten beizubringen. Der Rat der Stadt hat damals vom Kaiser den Befehl erhalten, am Zusammenfluss von Enns und Steyr 11 Häuser zu erwerben, sie abreißen zu lassen und das freie Grundstück dem Jesuitenorden zu übergeben. Diese wurden wiederum gebeten, die „Kirche der Gegenreformation“ – die heutige Michaelerkiche und ein Gymnasium zu errichten: der Erzengel Michael besiegt den Drachen der Reformation! Über dem Eingangsportal stehen die Worte: „Hic Deum adora“ (Hier bete Gott an und nicht in der Spitalskirche, heute Vorstadtpfarrhof, wo die Protestanten gebetet haben). „Steyr war nun – nach 100 Jahren – wieder eine katholische Stadt. Lange Zeit gab es keine Protestanten in Steyr.“502 Toleranzpatent 1781 und Neubeginn Die große Wende erfolgte im Jahr 1781: Kaiser Josef II. erließ das sogenannte „Toleranzpatent“, das den Evangelischen des Augsburger Bekenntnisses (A. B.) und den Evangelischen des Helvetischen Bekenntnisses (H. B.) die freie Religionsausübung gestattete. Auf Grund dieses Toleranzedikts war es wieder möglich geworden, in Österreich evangelische Pfarrgemeinden zu gründen und evangelische Gottesdienste abzuhalten. Die kleine evangelische Gemeinde traf sich zuerst in einem Bethaus in der Gleinkergasse ehe es 1898 zum Kirchenbau und 1899 zum Bau des Pfarrhauses beim Bahnhof in Steyr kam. „Die mit ihrem weithin sichtbaren Turm neu gebaute evangelische Kirche beim Bahnhof erinnerte die Stadtbevölkerung daran, dass die vor 270 Jahren durch die Gegenreformation zerstörte evangelische Gemeinde wieder zu neuem Leben entstanden war.“503 Segensreiches Wirken in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise, die 1929 mit dem Börsenkrach in New York begann (24. Oktober 1929), machten natürlich auch nicht vor 501 Ebd. S. 6. 502 Ebd. S. 6. 503 Ebd. S. 7.

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