Die Stadt Steyr, Nachkriegszeit – Besatzung – Wiederaufbau 1945 - 1955

24 Während die anfliegenden Bombengeschwader bereits in den ersten stürmischen Luftkämpfen verwickelt sind, bereitet sich Steyr gerade auf den neuen Tag vor. Diese Stadt hat in ihrer langen Geschichte bis jetzt nie wirklich einen Krieg erlebt: Außer einigen blutigen Scharmützeln während der Bauernkriege und den Wirren der Reformation und Gegenreformation, den Bedrohungen durch die Türken, die zwar da waren, aber nie angegriffen haben, und einigen ungebetenen Einquartierungen durch französische Soldaten, verursachten in dieser Stadt nur die Hämmer und Maschinen in den diversen Werkshallen Lärm; seit 1939 allerdings fast ausschließlich für den ungebetenen Krieg – und deshalb erfolgen jetzt auch die Luftangriffe. Der Rundfunk stellte seine Ausstrahlung ein, stattdessen ertönte im Radio der „Kuckucksruf“: das war das Signal für die Bevölkerung, dass Feindeinflüge zu erwarten sind – diesmal aus Kärnten und der Steiermark! Die Bewohner der Stadt sind noch vom vortägigen Luftangriff schockiert und zutiefst betroffen. „Seit 1939 hat man Luftschutz geübt, hat man Dachböden entrümpelt. Sandsäcke und Betonklötze vor den Kellerfenstern aufgerichtet, um für den Ernstfall gerüstet zu sein, ohne jedoch an diesen Ernstfall zu glauben. [……] Der Krieg war für die alte Eisenstadt nie viel mehr gewesen wie eine aus der Ferne vernommene, schaurige Bilderbuch-Geschichte, […..] erst seit gestern weiß man, dass der Krieg eine harte, entsetzliche, existenzbedrohende Realität ist.“19 Um 11.00 Uhr hat der Linzer Rundfunksender sein Vormittagskonzert unterbrochen, spätestens jetzt weiß man, es wird ernst und man stellt das „Luftschutzgebäck“ bereit: Dokumente, Decken, Nahrungsmittel. Knapp vor Mittag heulen die Sirenen: „Ein schauerlicher ab- und anschwellender Heulton. Jeder kennt das Zeichen: Es bedeutet ‚Luftgefahr 15‘, es bedeutet, dass die ‚Fliegenden Festungen‘ in 15 Minuten da sein können, um ihre tödliche Last abzuwerfen.“20 Um Steyr waren zahlreiche Fliegerabwehrbatterien (Flak) positioniert. 19 Ebd. S. 5. 20 Obergottsberger, Heinrich: Bomben auf Steyr 2. Steyrer Zeitung 1964. Nr. 8 vom 20. Febnruar 1964, S. 4.

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