Die Stadt Steyr, Nachkriegszeit – Besatzung – Wiederaufbau 1945 - 1955

257 Als die Waldenser in Frankreich blutig verfolgt wurden, mussten sie fliehen und kamen so auch nach Österreich. Vor allem im Großraum Steyr hatten sie damals großen Zulauf. Trotz einer großen Inquisition im Jahr 1311 blieb Steyr das ganze 14. Jahrhundert ein Mittelpunkt des österreichischen Waldensertums. Das „Bummerlhaus“ am Stadtplatz von Steyr kann als das älteste Denkmal evangelischen Geistes in Steyr bezeichnet werden: es beherbergte die „Waldenserschule“. „Hier trafen sich Waldenser zu ihren geheimen Gottesdiensten und lernten, da die meisten nicht lesen konnten, wichtige Bibelstellen auswendig.“497 1397 veranlasste der Passauer Bischof Georg I. abermals eine Inquisition: Über 1.000 Waldenser aus Steyr und Umgebung mussten sich vor dem Inquisitionstribunal, das im Benediktinerstift Garsten einquartiert war, verantworten. Viele von ihnen wurden verurteilt, davon 100 zum Tode durch Verbrennen. Diese große Exekution fand 1397 im Pyrach, oberhalb des Kraxentales, statt. Der leider viel zu früh verstorbene Steyrer Künstler Gerald Brandstötter (1959 – 2004) hat dieses Ereignis in einem sehr anschaulichen Denkmal, das er 1997 gestaltet hat, festgehalten. Anfänge der Reformation in Steyr Am 31. Oktober 1517 hat Martin Luther seine 95 Thesen bekanntgemacht und 1525 hatten die evangelischen Überzeugungen bereits Steyr erreicht. 1530 stellten sich adelige Herrscher bereits Prediger an, die das neue religiöse Gedankengut verbreiteten: dies geschah z. B. in Losensteinleiten und in Stadlkirchen. 1544 starb der letzte Pfarrer, der sich als katholischer Pfarrer verstand. Der Abt des Klosters Garsten, der für die Besetzung der Pfarren zuständig war, setzte den Reformen nichts entgegen. Die Situation hatte sich im Kloster Garsten bereits stark verändert: 14 von 18 Mönchen (inklusive des Abtes) waren verheiratet, 19 Kinder wohnten im Kloster. Ab 1556 wurden in Abstimmung mit dem Rat der Stadt Steyr zahlreiche Reformen eingeführt, die den evangelischen Glauben in der Bevölkerung von Steyr tief verwurzelt haben: Gottesdienst in deutscher Sprache; Predigt über Texte aus der Bibel in einer glaubensstärkenden Verkündigung; Abendmahl mit Brot und Wein; Abschaffung des Fronleichnamsfestes; keine Beichtpflicht; kein Ablass; keine Spenden an Rom und die Institution der Kirche, sondern für die 497 Ebd. S. 2.

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