Die Stadt Steyr, Nachkriegszeit – Besatzung – Wiederaufbau 1945 - 1955

254 Bundesvorstand des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) am 27. Februar 1973 gesprochen hat: „Ich bin kein Bischof der ÖVP und der SPÖ, kein Bischof der Unternehmer und keiner der Gewerkschafter, nicht ein Bischof der Bauern und nicht einer der Städter: Ich bin der Bischof aller Katholiken.“491 Kardinal König wurde dieser Worte und seiner Einstellung wegen oft als „roter Kardinal“ gescholten, aber diese klare Haltung hat die Stellung der katholischen Kirche in der Gesellschaft sehr gefestigt. Hier soll vielleicht auch kurz jenes Mannes gedacht werde, der diese so einprägsamen Formulierungen geschaffen hat: Dr. Richard Barta, zu Zeiten des Katholikentages 1952 Pressechef des kirchlichen Vorganges und später Chefredakteur der Kathpress (Katholische Presseagentur) und Sprecher der Österreichischen Bischofskonferenz. In dieser Funktion wurde er auch der ganz persönliche Vertraute von Kardinal König und beriet ihn vor allem in den damals sensiblen Fragen der Öffentlichkeitsarbeit. Über viele Jahre hindurch schrieb er für den Kardinal die immer mit großer Aufmerksamkeit gehörten „Silvesteransprachen“, die der Wiener Erzbischof zum Jahreswechsel im Fernsehen sprach.492 491 Leitenberger, Erich: Kirche in bewegten Zeiten: “Ich bin der Bischof aller Katholiken“. [online]. URL: http://www.erzdioezese-wien.at/site/nachrichtenmagazin/schwerpunkt/schwerpunktarchiv/kardinalkoenig. [letzter Zugriff: 24.06.2019]. S. 1. 492 Dazu eine ganz persönliche Bemerkung: Dr. Richard Barta war mein erster Chef und ich habe als blutjunger Journalist – nebenbei noch studierend – viel von ihm gelernt; nicht nur in beruflicher, vor allem auch in menschlicher Hinsicht. Er hat mich gelehrt, andere Menschen, andere Rassen, andere Völker, andere Sprachen, andere Sitten, andere Religionen……zu respektieren, anzunehmen, schätzen zu lernen – und in das eigene Leben einzubauen. Eine Journalisten-Reise mit ihm hat mir z. B. die Augen für das Thema der Kärntner Slowenen geöffnet, die intensiven Kontakte mit Repräsentanten der damals noch kommunistischen Ostländer (z.B. mit dem späteren polnischen Außenminister Wladyslaw Bartoszewski) haben bei mir viel Verständnis für Menschen in diesen Ländern gebracht. Richard Barta war ein feiner Formulierer, gleichsam eine „Edelfeder“: Er war – für einen Journalisten ungewöhnlich – ein sehr uneitler Mensch, nur wenn er den Eindruck hatte, dass ihm ein Beitrag, eine Glosse, oder zum Beispiel der Text einer „Silvesteransprache“ ganz besonders gelungen war, dann mussten (durften) wir den Text lesen, den er uns immer mit den gleichen Worten überreichte: „Ich glaube, heute habe ich meinen zweitbesten Text geschrieben.“ Richard Bartas Werk wurde Gott sei Dank nicht verkannt, er hat einen großen Anteil an der Entwicklung von Kirche und Gesellschaft in diesem Land bewirkt. Kardinal Dr. Franz König: „Ich bin der Bischof aller Katholiken“. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Der Wiener Erzbischof schaffte die Aussöhnung mit der Sozialdemokratie.

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