Die Stadt Steyr, Nachkriegszeit – Besatzung – Wiederaufbau 1945 - 1955

207 dieses große Werk der österreichischen Fahrzeugindustrie in besonders enger Weise mit dem Schicksal des Staates und seiner Arbeiterschaft zu verbinden. Der Wunsch nach Verstaatlichung sei auch der Wille der Bevölkerung von Steyr.“364 Kein Strom und wenig Rohstoffe Was den Steyr-Werken in den Folgemonaten oft schwer zu schaffen macht, war die schwankende Versorgung mit elektrischer Energie. So titelte die „Steyrer Zeitung“ am 12. Jänner 1947: „Steyr-Werke vollkommen stillgelegt.“365 Der Grund war, dass generell zu wenig Strom erzeugt werden konnte und zuerst jene Betriebe versorgt wurden, „die der unmittelbaren Versorgung der Bevölkerung dienen“.366 Dabei wurden natürlich Betriebe der Lebensmittelerzeugung, aber auch der Kohleproduktion bevorzugt, weil diese wiederum für die Stromerzeugung vonnöten waren. Kurze Zeit später konnte man aber schon wieder lesen: „Produktion in Steyr gesichert.“367 Der Umschwung sei bedingt durch das Wetter, durch das Eintreffen von weiteren Kohlenmengen und das Entgegenkommen der Bayern, die mit zusätzlichen Stromlieferung aushalfen. Was ebenfalls zu Schwankungen der Mitarbeiterzahl führte, war das oft unvorhersehbare Ausbleiben von Rohstoffen. So mussten Ende März 1947 900 Mitarbeiter entlassen werden, weil der Hochofen in Donawitz stillgelegt wurde. Der Betriebsrat war aber damals überzeugt davon, dass „mit den nunmehr 5.000 beschäftigten Arbeitern unter Voraussetzung sämtlicher materieller, physischer (Kalorien!) und seelischer Produktionshemmnisse eine Leistungssteigerung bis zum dreifachen der bis jetzt möglichen Ausbringung des Betriebes zu erzielen ist“.368 Diesem Wunschdenken des Betriebsrates kamen sicher auch die Gelder zugute, die in der zweiten Jahreshälfte 1947 dank des Marshallplans in das Unternehmen gespült wurden: Dank eines 2,7 Millionen Dollar Kredits der Import-Export-Bank konnte das Kugellagerwerk stark ausgebaut werden. „Zurzeit werden rund 120.000 Kugellager monatlich erzeugt. Es ist vorgesehen, die Produktion innerhalb der nächsten zwei Jahre bedeutend zu steigern. Auf einer nach modernsten Gesichtspunkten ausgestatteten Fertigungsstraße erzeugen die Steyr-Werke außerdem 3-Tonnen-Lastwagen und zwar 364 Ebd. S. 1. 365 Steyrer Zeitung 1947. Nr. 2 vom 12.01.1947. S. 1. 366 Ebd. S.1. 367 Steyrer Zeitung 1947. Nr. 3 vom 19.01.1947. S. 2. 368 Steyrer Zeitung 1947. Nr. 13 vom 30.03.1947. S. 1.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2