Die Stadt Steyr, Nachkriegszeit – Besatzung – Wiederaufbau 1945 - 1955

170 Wenn auch die Zahlen der Kriegsgefangenen in der Sowjetunion stark variieren, so geben sie doch einen gewissen Anhaltspunkt, wie viele davon betroffen waren und welches Leid dahinter stand: In den Moskauer Archiven, die erst sehr spät freigegeben wurden, sind 132.000 Datensätze von Österreichern in sowjetischer Gefangenschaft erfasst, davon wiederum 14.832 Personen aus Oberösterreich registriert. Jeder neunte Oberösterreicher überlebte die Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion nicht. Bei der Bewertung dieser Zahl muss man aber bedenken, dass die Registrierung der Gefangenen erst in den Lagern erfolgte und daher die Zahl jener, die bereits bei den schwierigen Transporten ums Leben kamen, nicht erfasst ist.268 Einer anderen Datenquelle zufolge „waren zwischen 1941 und 1956 rund 150.000 Österreicher – Kriegsgefangene und Zivilisten (davon viele Verschleppte) in der Sowjetunion gefangen: in Lagern, Gefängnissen und Arbeitsbataillonen. Fast doppelt so viele waren gar nicht in den Lagern des Archipels der Kriegsgefangenen (GUPVI) registriert worden“.269 Die Kriegsgefangenen und Internierten wurden vor allem in der sowjetischen Wirtschaft und bei Wiederaufbau des Landes eingesetzt: In Industrie und Landwirtschaft, im Wohnungsbau, für Waldarbeiten und im Bergbau, wobei man bedenken muss, dass die Zustände in den sibirischen Lagern kaum vorstellbar sind. „Die Gefangenen waren durch Hungerödeme und körperliche Belastungen gezeichnet und es fehlte an Lebensmitteln, Kleidung und medizinischer Versorgung. [….] Das häufigste Krankheitsbild und die häufigste Todesursache sowjetischer Kriegsgefangener war die durch schwere Unterernährung hervorgerufene Dystrophie.“270 Der erste größere Heimkehrer-Zug kam am 12. September 1947 mit 1.200 Mann am Bahnhof Wiener Neustadt an. Bis zum 22. Februar 1948 langten auf diese Weise 54.000 Österreicher in 39 Transporten in ihrer Heimat ein.271 Über große Entlassungslager in Rumänien kommen die ehemaligen Kriegsgefangenen per Bahn nach Österreich und können im Bahnhof Wiener Neustadt nach Jahren erstmals wieder österreichischen Boden betreten. 268 Kreuzwieser, Elisabeth: Österreicher in sowjetischer Gefangenschaft. [online 2005]. URL: http://www.ooegeschichte.at/epochen/1945–2005/berfreiung-und-kiegsende. [letzter Zugriff: 12.06.2019]. S. 1. 269 Karner, Stefan (Hg,): Gefangen in Russland. Selbstverlag des Ludwig-Boltzmann-Instituts für KriegsfolgenForschung, Graz-Wien, 1995. S. 14. 270 Ebd. S. 1. 271 In der Heimat angekommen: [online]. URL: http://www.ooegeschichte.at/epochen/1945-2005/heimkehrer1947. [letzter Zugriff: 12.06.2019]. S. 1.

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