Die Stadt Steyr, Nachkriegszeit – Besatzung – Wiederaufbau 1945 - 1955

166 Amnestie-Gesetze Ab 1948 kam es durch mehrere Amnestiegesetze zu wesentlichen Entschärfungen der Entnazifizierung: So waren die noch vom Wahlrecht ausgeschlossenen „Minderbelasteten“ bei den Wahlen 1949 wieder stimmberechtigt. Zur weiteren Entschärfung trugen die ersten Folgen des Kalten Krieges bei, sowie die Etablierung der sozialpartnerschaftlichen Konsensdemokratie und das Buhlen von SPÖ und ÖVP um die Stimmen der sogenannten „Ehemaligen“. „Das alles führte dazu, dass die Auseinandersetzung mit Österreichs NSVergangenheit mehr und mehr aus dem gesellschaftlichen Diskurs verschwand.“257 Eine Folge von all dessen war schlussendlich, dass 1949 erstmal der Verband der Unabhängigen (VdU)258 kandidierte, der vehement gegen die Entnazifizierung auftrat und in der Folge zum politischen Sammelbecken des sogenannten „nationalen Lagers“ wurde. In den Folgejahren wurden auch viele „Belastete“ durch den Bundespräsidenten begnadigt. 1957 folgte dann eine generelle Amnestie, die rechtsgültige Verurteilungen nach dem Verbotsgesetz und dem Kriegsverbrechergesetz tilgte. Schlussfolgerung Insgesamt – da sich die Fachleute einig – ist die Entnazifizierung in Österreich nur teilweise gelungen. „Von den österreichischen Stellen wurde die Entnazifizierung nicht immer konsequent und den Gesetzen entsprechend durchgeführt – die Vertreter einer strengen Entnazifizierung lagen in ständigem Widerstreit mit den für den Wiederaufbau zuständigen Abteilungen der USBesatzungsmacht.“259 257 Siehe: Goldberger/Sulzbacher: Oberdonau. S. 256. 258 Der „Verband der Unabhängigen“ wurde im März 1949 von Herbert Alois Kraus und Viktor Reimann gegründet. Die Vereinigung war ein Sammelbecken für ehemalige NSDAP-Mitglieder, Heimatvertriebene und Heimkehrer. Bei der zweiten freien Nationalratswahl 1949 erreichte der VdU 11,7 Prozent der Stimmen, die allesamt aus den traditionellen Hochburgen des „Dritten Lagers“ kamen: Die höchsten Stimmanteile kamen aus dem Inn- und Hausruckviertel (Wels 30%), Kärnten und Vorarlberg. 1956 wurde der VdU von der neugegründeten Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) absorbiert. 259 Siehe: Kreuzwieser, Elisabeth: Entnazifizierung in Österreich. S. 3.

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