Die Stadt Steyr, Nachkriegszeit – Besatzung – Wiederaufbau 1945 - 1955

152 unbescholtenen Angeklagten und der fehlende Abgleich mit den Strafregisterkarten (der Überfall geschah nur fünf Tage vor der Verhandlung) wurde als strafmildernd anerkannt. Das Urteil lautete auf drei Monate strengen Arrest. „Mit Rücksicht auf ihre drei unversorgten Kleinkinder erhielt die Ehefrau eine bedingte Strafe mit dreijähriger Bewährungsstrafe zuerkannt.“221 Wie ernst man die Verfolgung von Schleichhändlern nahm, bekam ein junger Steyrer sehr schmerzvoll am eigenen Leib spüren: „Wilde Jagd nach Schleichhändler. In der Nacht zum 20. Mai spielte sich in Steyr ein krimineller Vorfall ab, der unserer Polizei in Bezug auf Einsatzbereitschaft und als Hüterin der Ordnung und Sicherheit das schönste Zeugnis ausstellt. [….] Eine Polizeistreife hielt in der Blumauerstraße einen verdächtigen Mann an, der einen schweren Sack trug. Er gehorchte der Aufforderung nicht, warf den Sack nicht weg und ergriff die Flucht. Kurz entschlossen setzte der Polizeibeamte dem Flüchtigen nach und nun begann eine wilde Jagd durch mehrere Gassen bis an den Steyrfluß. Als der Verfolgte gewahr wurde, daß der Beamte nicht abzuschütteln sei, sprang er in den Fluß, um sich auf diese Weise den Händen der Obrigkeit zu entziehen“. Nachdem allerdings der Polizist ebenfalls die Steyr durchschwamm, erwischte er den Flüchtenden am anderen Ufer und es kam zu einem Gerangel der beiden, aus dem sich der Polizist nur durch einen Schuss aus seiner Dienstwaffe befreien konnte, „um den weit kräftigeren Gegner zu überwältigen. Der Flüchtige wurde durch einen Schuß ins Bein getroffen, überwältigt und schließlich dingfest gemacht.“222 Schlußendlich konnte die Polizei feststellen, dass es sich bei dem Festgenommenen um einen 20jährigen Steyrer handelte, der schon amtsbekannt war; er hatte 45 Kilogramm Zucker bei sich! Am 10. Februar 1947 kam es ebenfalls zu einem Schnellgerichtsverfahren: Diesmal wurden zwei Druckereigehilfen verurteilt, die auf Grund ihrer beruflichen Möglichkeiten Lebensmittelkarten gefälscht hatten. „Beide Angeklagten hatten gestanden, daß sie verleitet durch ihre berufliche Tätigkeit [……] insgesamt Fettabschnitte im Werte von etwa 150 Kilogramm und Fleischabschnitte im Werte von 50 Kilogramm gefälscht und in Umlauf gebracht hatten. [……] Der Gesamterlös aus diesen Geschäften betrug nach dem Geständnis der Angeklagten 10.000 S. Von diesem Geld hatten beide Gebrauchs- und Luxusgegenstände zu erheblichen Überpreisen angekauft. Die Gegenstände waren im Gerichtssaal vor den neidischen Blicken der Anwesenden ausgebreitet.“223 221 Steyrer Zeitung 1946. Jg. 1 vom 26.05.1946, S. 3. 222 Ebd. S. 3. 223 Steyrer Zeitung 1947. Nr.7 vom 16.02.1947, S. 3.

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